Erinnerungen

Geile Erlebnisse und Kurzgeschichten.
Antworten
Phönixer
Beiträge: 347
Registriert: Sa 4. Sep 2010, 13:29
Wohnort: NRW

Erinnerungen

Beitrag von Phönixer »

Gestern habe ich den Keller aufgeräumt. Das war sehr nötig. In einer dunklen Ecke fand ich meine roten Gummistiefel. Die hatte ich von Oma und Opa bekommen, als ich einen Sommer lang bei ihnen auf der Hallig meine Ferien verbrachte. Ich war früher schon bei ihnen zu Besuch, aber noch nie so lange wie in jenem Sommer, als ich gerade 17 geworden war. Davor war ich schonmal zum Biikebrennen da, Ende Februar vor Petritag. Dann wird das gesammelte Holz von Büschen verbrannt, aber auch alte Bretter von Zäunen und angeschwemmtes Treibgut, welches nicht für die Öfen taugte. Natürlich halfen alle Kinder mit, das Holz zusammenzutragen. Die Eltern brachten das Holz mit dem Traktor und wir holten kleine Mengen mit dem Handkarren. Dann wurde alles möglichst hoch aufgestapelt.

Meine roten Gummistiefel in der Hand betrachtend mußte ich lachen. Genau solche Gummistiefel hatten wir dem Petermännchen angezogen, einer Strohpuppe, die oben auf das Holz gebunden wurde und dann im Feuer verbrannte. Meine Tante wäre bald zu spät gekommen, gerade wurde der Holzstoß angezündet. Sie könnte ihre Gummistiefel nicht finden. Mein Neffe Lars zeigte auf das Petermännchen und rief mit seiner piepsigen Stimme: Aber Mamma, da sind sie doch und zeigte auf die rote Fußbekleidung des Petermännchens. Tags zuvor war er mit den Gummistiefeln angekommen und hatte uns mit ernstem Gesicht erklärt, das seine Mamma die nicht mehr brauchte weil sie zu klein geworden wären. Wir hatten nicht so genau auf seine Worte geachtet, aber jetzt wurde uns klar, so sehr konnten die Füße seiner Mamma nicht gewachsen sein. Zu Ändern war aber jetzt nichts mehr, die Flammen hatten sich schon bis ans Petermännchen heran gefressen. Sie umzüngelten die schwarzen Sohlen, dann fingen die Stiefel Feuer und bald brannte das Stroh mitsamt den darüber gezwängten alten Kleidungsstücken. So kam es, das sich meine Tante neue Gummistiefel kaufen mußte und Opa sagte, bring gleich welche für Heike mit, wenn sie im Sommer hier Ferien macht braucht sie vernünftiges Schuhwerk.

Als ich dann im Sommer ankam standen diese roten Gummistiefel in der Waschküche. Sofort probierte ich sie an. Ausgezogen habe ich sie wohl erst, als meine Ferien vorbei waren. Es war eine sehr schöne Zeit. Wir Kinder durften alles, was wir wollten. Über die Gefahren, die mit dem Meer und den Prielen, dem Watt und dem Nebel, Wind und Stürmen und besonders Ebbe und Flut verbunden sind wurden wir von Kind auf unterrichtet. Wir kletterten in den wenigen knorrigen Bäumen rum, buddelten im Watt nach Muscheln, suchten nach Strandgut. Manchmal machten wir ein Feuerchen. Einmal kamen wir ans Ufer und sahen bunte Gummistiefel, soweit wir sehen konnten. Wir suchten, ob wir zusammenpassende Paare fänden, aber es waren alles Linke. Also türmten wir sie aufeinander und zündeten sie an. Eine gewaltige Rauchsäule stieg auf und bald kamen ein paar Eltern, um nachzusehen, was da wohl ungewöhnliches passierte. Wir hatten unseren Spaß.

Und wie ich mir so meine Gummistiefel betrachtete kam der Wunsch auf, so etwas nochmal zu machen. Wir haben einen sogenannten Allesbrenner als Heizung, der verbrennt auch feste Brennstoffe. Ich öffnete die Ofenklappe und stellte meine Gummistiefel auf den Rost, zündete ein Streichholz an und hielt es an die Sohle. Bald war das Streichholz aus und die Gummistiefel taten völlig unbeeindruckt. Na wartet, euch werde ich helfen. Ideen hatte ich schon immer. So kam die Gaslötlampe zum Einsatz. Deren Flamme ging nicht unbeachtet an den Stiefeln vorüber. Zunächst waren die Absätze dran, von unten zwischen den Stiefel züngelte die Flamme empor. Dann habe ich mal dem rechten, mal dem linken Gummistiefel von unten so richtig eingeheizt, bis die Sohlen Feuer fingen. Die Flammen leckten um die schwarzen Sohlen herum nach dem roten Fußteil und griffen dann auf den Schaft über. Es war eigenartig, irgendwie erregend, zu sehen wie da ein Teil meiner Erinnerungen vernichtet wurden. Die Flammen loderten auf und bald knickten die Schäfte ein. Mehr und mehr verloren die Gummistiefel ihre Form und bildeten bald nur noch eine schwarz-rot verkohlte, klumpige Masse. Langsam schloss ich die Tür der Heizung.

Abends fragte mein Mann, sag mal, was riecht denn im Keller so beißend ?
Och, ich habe nur meine alten roten Gummistiefel verbrannt.
Schade, darin hast du mir immer so gut gefallen, hattest du lange nicht mehr an. Jetzt kann ich dich nie mehr darin sehen, dabei hat mich das immer sehr angemacht.

Hätte er ja auch mal früher sagen können, oder ? Ich hab da so eine Idee. Es gibt doch so Internetauktionen, ob ich da nicht …
Antworten