ungeliebte Stiefel ...
Verfasst: Mo 16. Jan 2017, 20:49
... die schönsten Geschichten schreibt das Leben!
Am Samstag, den 14. Jänner war´s kalt, es schneite und ich musste noch in den Supermarkt um den lästigen Wochenendeinkauf hinter mich zu bringen. Ich schob den Einkaufswagen von Regal zu Regal und suchte nur noch die richtige Packung Haferflocken, als ich plötzlich hinter der Regalwand (im nächsten Gang) ein Geräusch von hohen Absätzen vernahm. Die Absätze, so schien es, kratzten bei jedem Schritt über den glatten Steinboden und ich mutmaßte, dass da Jemand seine Füße nicht heben wollte und diesem Jemand die Schuhe nichts mehr bedeuteten. Ich konnte die Geräuschverursacherin nicht sehen und so steuerte ich, als ich endlich die Haferflocken gefunden hatte, sofort den nächsten Regalgang an, um der Herkunft des Geräusches auf den Grund zu gehen und ich hatte bald gefunden, wonach ich suchte. Aus einiger Entfernung erblickte ich eine, unscheinbare, zierliche Dame mittleren Alters mit schwarzen, kurzen Haaren. Sie trug einen langen grauen Stoffmantel, eine Schwarze große, beutelartige Ledertasche und schwarze, elegante Lederstiefel, mit - für ihr Alter - ungewöhnlich hohen Absätzen. Sie wirkte auf mich beinahe wie ein "Mauerblümchen", hätte sie nicht derart scharfe Stiefel in dieser beschriebenen Art und Weise getragen. Aus der Entfernung sahen die Stiefel gepflegt aus und jeder Stiefelliebhaber hätte diese Exemplare als Sammlerobjekt begehrt, doch die Dame liebte diese Stiefel - gelinde gesagt - nicht mehr. Mich beschäftigte sofort eine Frage, nämlich, warum diese Frau ihre Stiefel so stiefmütterlich behandelte, möglicherweise wollte sie einfach Aufsehen erregen, oder standen schon trendigere, bequemere Stiefel im Schuhschrank und die alten wurden bei Schnee und Matsch noch einmal so richtig fertig gemacht, ehe sie in der Tonne oder im Ofen enden sollten. Oder sie war Schuhfetischistin (Damen mit einer solchen Vorliebe interessieren mich schon sehr lange Zeit) und es erregte sie, in der Öffentlichkeit, ihre Stiefel zu ruinieren.
Als die Stiefelträgerin ihre wenigen Artikel beisammen hatte, kratzte sie in kurzen Schritten zur Kassa, ehe sie sich am Ende der Warteschlange einreihte. Ich eilte ebenfalls an das Stauende und parkte den Einkaufswagen hinter der geheimnisvollen Dame ein.
Nun stand die Frau wenige Meter vor mir, ich wollte keinesfalls ihre Aufmerksamkeit erregen und so konnte ich vorerst nur ihren linken Stiefel von meiner Position aus betrachten, er war noch gut in Schuss lediglich die Absatzkappe des schlanken Absatzes fehlte, was mich nicht wunderte. An der Ferse sowie am Schaft klebte bereits eingetrockneter Schmutz, wahrscheinlich streifte der Stiefel beim Aussteigen gegen die nasse Türschwelle ihres Wagens. Sie wartete geduldig und spielte ein wenig mit dem linken Stiefel, indem sie das Bein anhob und mit dem hinteren Teil des Absatzes auf den nassen, schmutzigen Boden aufschlug und die Schuhspitze in der Luft kreisen lies. Im nächsten Moment drehte sich die Dame in meine Richtung um, vermutlich um zu sehen, ob eine weitere Marktangestellte die Nebenkassa besetzen würde. So konnte ich kurz den rechten Stiefel erblicken. An dessen Zehenbereich war eine hässliche Schramme sichtbar, an der das helle Leder durchblitzte. Vermutlich kickte die Besitzerin - vielleicht sogar absichtlich - gegen eine Stufe. Ich konnte meinen Blick nicht rasch genug abwenden und so bemerkte sie mein Interesse an ihren alten Stiefeln. Ich sah ihr ein wenig betreten ins Gesicht, als ob ich bei etwas Verbotenem ertappt worden wäre, sie lächelte, als wäre nichts geschehen und ich erwiderte das Lächeln, etwas besseres viel mir in dieser Situation nicht ein.
Sie setzte ihre "Gangart" bis zur Kassa fort, bezahlte und ging zum dortigen Packtisch, wo sie ihren Einkauf in der Ledertasche verstaute. Anschließend kramte sie in ihrer Tasche und - ob Zufall oder nicht - als ich bezahlt hatte und langsam den Ausgang ansteuern wollte, huschte sie vor meinen Einkaufswagen und verließ, vor mir gehend, die Markthalle. Auch oder speziell am rauen Betonpflaster hatte sie kein Mitleid mit den Stiefeln, die Absätze kratzten ausnahmslos bei jedem Schritt über den Kunststein, bis die erbarmungslose Dame bei ihrem Auto ankam, die Tasche am Rücksitz deponierte, einstieg und wegfuhr.
Einerseits ärgerte ich mich, dass ich die Dame nicht ansprach, vielleicht oder ganz bestimmt hätte sich ein anregendes, interessantes Gespräch betreffend ihrer Stiefel ergeben. Aber ich habe mich anders entschieden, fuhr nach Hause zu Frau und Kinder und versorgte die frischen Lebensmittel, wobei ich immer an die Unscheinbare und ihre alten Stiefel denken musste.
l G Stöckel
Am Samstag, den 14. Jänner war´s kalt, es schneite und ich musste noch in den Supermarkt um den lästigen Wochenendeinkauf hinter mich zu bringen. Ich schob den Einkaufswagen von Regal zu Regal und suchte nur noch die richtige Packung Haferflocken, als ich plötzlich hinter der Regalwand (im nächsten Gang) ein Geräusch von hohen Absätzen vernahm. Die Absätze, so schien es, kratzten bei jedem Schritt über den glatten Steinboden und ich mutmaßte, dass da Jemand seine Füße nicht heben wollte und diesem Jemand die Schuhe nichts mehr bedeuteten. Ich konnte die Geräuschverursacherin nicht sehen und so steuerte ich, als ich endlich die Haferflocken gefunden hatte, sofort den nächsten Regalgang an, um der Herkunft des Geräusches auf den Grund zu gehen und ich hatte bald gefunden, wonach ich suchte. Aus einiger Entfernung erblickte ich eine, unscheinbare, zierliche Dame mittleren Alters mit schwarzen, kurzen Haaren. Sie trug einen langen grauen Stoffmantel, eine Schwarze große, beutelartige Ledertasche und schwarze, elegante Lederstiefel, mit - für ihr Alter - ungewöhnlich hohen Absätzen. Sie wirkte auf mich beinahe wie ein "Mauerblümchen", hätte sie nicht derart scharfe Stiefel in dieser beschriebenen Art und Weise getragen. Aus der Entfernung sahen die Stiefel gepflegt aus und jeder Stiefelliebhaber hätte diese Exemplare als Sammlerobjekt begehrt, doch die Dame liebte diese Stiefel - gelinde gesagt - nicht mehr. Mich beschäftigte sofort eine Frage, nämlich, warum diese Frau ihre Stiefel so stiefmütterlich behandelte, möglicherweise wollte sie einfach Aufsehen erregen, oder standen schon trendigere, bequemere Stiefel im Schuhschrank und die alten wurden bei Schnee und Matsch noch einmal so richtig fertig gemacht, ehe sie in der Tonne oder im Ofen enden sollten. Oder sie war Schuhfetischistin (Damen mit einer solchen Vorliebe interessieren mich schon sehr lange Zeit) und es erregte sie, in der Öffentlichkeit, ihre Stiefel zu ruinieren.
Als die Stiefelträgerin ihre wenigen Artikel beisammen hatte, kratzte sie in kurzen Schritten zur Kassa, ehe sie sich am Ende der Warteschlange einreihte. Ich eilte ebenfalls an das Stauende und parkte den Einkaufswagen hinter der geheimnisvollen Dame ein.
Nun stand die Frau wenige Meter vor mir, ich wollte keinesfalls ihre Aufmerksamkeit erregen und so konnte ich vorerst nur ihren linken Stiefel von meiner Position aus betrachten, er war noch gut in Schuss lediglich die Absatzkappe des schlanken Absatzes fehlte, was mich nicht wunderte. An der Ferse sowie am Schaft klebte bereits eingetrockneter Schmutz, wahrscheinlich streifte der Stiefel beim Aussteigen gegen die nasse Türschwelle ihres Wagens. Sie wartete geduldig und spielte ein wenig mit dem linken Stiefel, indem sie das Bein anhob und mit dem hinteren Teil des Absatzes auf den nassen, schmutzigen Boden aufschlug und die Schuhspitze in der Luft kreisen lies. Im nächsten Moment drehte sich die Dame in meine Richtung um, vermutlich um zu sehen, ob eine weitere Marktangestellte die Nebenkassa besetzen würde. So konnte ich kurz den rechten Stiefel erblicken. An dessen Zehenbereich war eine hässliche Schramme sichtbar, an der das helle Leder durchblitzte. Vermutlich kickte die Besitzerin - vielleicht sogar absichtlich - gegen eine Stufe. Ich konnte meinen Blick nicht rasch genug abwenden und so bemerkte sie mein Interesse an ihren alten Stiefeln. Ich sah ihr ein wenig betreten ins Gesicht, als ob ich bei etwas Verbotenem ertappt worden wäre, sie lächelte, als wäre nichts geschehen und ich erwiderte das Lächeln, etwas besseres viel mir in dieser Situation nicht ein.
Sie setzte ihre "Gangart" bis zur Kassa fort, bezahlte und ging zum dortigen Packtisch, wo sie ihren Einkauf in der Ledertasche verstaute. Anschließend kramte sie in ihrer Tasche und - ob Zufall oder nicht - als ich bezahlt hatte und langsam den Ausgang ansteuern wollte, huschte sie vor meinen Einkaufswagen und verließ, vor mir gehend, die Markthalle. Auch oder speziell am rauen Betonpflaster hatte sie kein Mitleid mit den Stiefeln, die Absätze kratzten ausnahmslos bei jedem Schritt über den Kunststein, bis die erbarmungslose Dame bei ihrem Auto ankam, die Tasche am Rücksitz deponierte, einstieg und wegfuhr.
Einerseits ärgerte ich mich, dass ich die Dame nicht ansprach, vielleicht oder ganz bestimmt hätte sich ein anregendes, interessantes Gespräch betreffend ihrer Stiefel ergeben. Aber ich habe mich anders entschieden, fuhr nach Hause zu Frau und Kinder und versorgte die frischen Lebensmittel, wobei ich immer an die Unscheinbare und ihre alten Stiefel denken musste.
l G Stöckel