Was ist an glänzenden Gummistiefel so besonderes ?

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Phönixer
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Was ist an glänzenden Gummistiefel so besonderes ?

Beitrag von Phönixer »

Gehen wir mal ein halbes Jahrhundert in der Zeit zurück.

Es war einmal ein kleiner Junge, der lief am liebsten mit Gummistiefeln und einer alten Hose herum. Wenn er von der Schule kam war fast keine Zeit zum essen, denn er wollte raus, zum spielen. Am schönsten waren die Spiele, wo alle dreckig wurden. Aber das machte nichts, Jungs durften sich beim spielen dreckig machen. Manchmal spielten auch Mädchen mit. Doch Mädchen waren doof. Sie hatten Kleider an, die durften nicht dreckig werden, und Söckchen, die durften nicht dreckig werden, und Schuhe, ihr ahnt es schon, die auch nicht dreckig werden durften. Wenn doch mal was dreckig wurde, fingen sie an zu weinen. Auch wenn sie zu fest angefasst wurden oder wenn sie eine Schnecke auf die nackten Beine gesetzt bekamen. Zum Indianer spielen taugten sie nicht, weil sie sich nie an einen Baum binden lassen wollten. Wegen dem Harz oder das Seil war zu fest, dabei war das doch nur ein Spiel. Manche Mädchen hatten auch Gummistiefel an und lange Hosen. Die waren prima in Ordnung, fast so wie Jungs. Wenn ihre Hosen nasse, dreckige Knie bekamen fanden sie das normal und wenn sie mit dem Po in einer Pfütze landeten, dann lachten sie, standen auf und wehe dem Jungen, der dafür verantwortlich war. Er fand sich bestimmt in gleicher Pfütze wieder. Aber solche Mädchen, mit denen man spielen konnte waren selten.

Ganz blöd waren damals die Sonntage. Da wurden Jungs in Matrosenanzüge gesteckt, eigentlich nicht schlimm, aber die durften nicht dreckig werden. Also war an spielen nicht zu denken. Selbst beim jagen wurde ja mal irgendwo mit der nicht ganz sauberen Hand die Jacke angefasst oder gar festgehalten und bekam dann einen Riss. Das war sehr schlimm, weil es der gute Anzug war.
Allseitiges aufatmen, wenn der deshalb eher langweilige Sonntag vorbei war und wieder gespielt werden konnte. Auch mit Mädchen, aber am besten nur mit den in langen Hosen und Gummistiefeln.

Der kleine Junge wurde älter. Langsam änderte sich seine Einstellung zu Mädchen. Die waren nicht mehr fast alle doof. Manche zogen „Nietenhosen“ ( Blue Jeans ) an, möglichst eng und die Beine ganz weit ausgestellt. Ihr Po wurde in den engen Hosen regelrecht abgemalt, das sah schön aus. Jedenfalls fand der Junge das schön. Auch Pullis, die deutlich machten, da steckt ein Mädchen drin gefielen ihm zusehends. Er schaute inzwischen auf die Gesichter und die Haare. Und kam zu dem Ergebnis, Mädchen in Hosen waren schöner und in Nietenhosen am schönsten. Im Fernsehen lief die Serie Tammy, das Mädchen vom Hausboot. Die hatte immer Jeans an und sah immer richtig nett aus.

Eines Tages begegnete dem Jungen ein nettes Mädchen. Sie hatte Nietenhosen an und einen Parka, war damals gerade modern. Und unter ihren weit ausgestellten Hosenbeinen schauten 2 rote, glänzende Gummistiefel hervor. Ohne das er es recht verstand erhöhte sich sein Puls, er war einfach hin und weggerissen. Abends stellte er sie sich immer wieder vor und auch am nächsten Morgen war das Bild der roten Gummistiefel unter der blauen Jeanshose noch lebhaft in seinem Gedächtnis. Die wäre als Freundin schon richtig gewesen. Leider war sie einige Jahre jünger.

Später zog sie weg aber ihr Bild blieb im Gedächtnis des Jungen. Irgendwann sah er in der Stadt genau die roten Gummistiefel, wie sie dieses Mädel angehabt hatte. Beim nächsten Besuch in der Stadt hatte er genug Geld dabei und kaufte ein Paar. Sie waren ganz hochglänzend, regelrecht klebrig und die Verkäuferin bekam sie fast nicht in die Plastiktüte, denn mit dem Karton hätten sie nicht in die Tüte gepasst. Die zu dem Kauf führende Überlegung war wohl, wenn er mal wieder einem netten Mädchen begegnen sollte, dann könnte er sie zum spazieren gehen einladen und bitten, die roten Gummistiefel dabei anzuziehen. Er begann auch zu fotografieren und fragte dann irgendwann Mädchen, ob sie mal Zeit und Lust zum Bildermachen hätten. Manche winkten ab, andere machten mit. Manche fragten, andere waren geschmeichelt, fühlten sich fast als Fotomodell. Einige zogen auf seine Bitte hin die roten Gummistiefel an, die natürlich nie genau passten. Vieleicht auch deshalb fühlten sich die Mädchen nicht recht wohl und sagten bald, sie hätten noch was vor oder sie hätten keine Lust mehr. Es mag inzwischen ein viertel Jahrhundert her sein, da klebte er aus Dekofolie eine Lackhose zusammen und machte von Mädchen Bilder, die bereit waren, diese anzuziehen. Das funkeln der Reflektionen und die Betonung aller weiblichen Rundungen sahen für ihn super aus, den Mädchen gefiel das aber nicht immer.

Irgendwann erstand der inzwischen junge Mann dann ein Paar gelbe Gummistiefel und weil sich gerade kein Mädchen fand, das sich ablichten lassen wollte, zog er selbst die Gummistiefel an und machte Bilder mit Selbstauslöser. Enttäuschung pur ! Irgendwann kaufte er trotzdem rote Gummistiefel in der größten Größe und zwängte seine Füße hinein. Blue Jeans über den Gummistiefel, damit die nicht so auffielen, so wanderte er schon mal alleine durch die Wälder. Am liebsten, wenn es regnete. Da kam ihm niemand entgegen und er konnte seinen blauen Lackmantel anziehen. Das war ein Damenmantel aber wenn ihm keiner begegnete, sah es ja niemand. Irgendwann sprang er in Pfützen und ging mit der Kleidung ins Wasser eines Teichs. Spielte er, wie in seiner Jugend ? Irgendwann entdeckte er, wie praktisch ein Latexanzug unter der Jeans war. Der hielt trocken und sauber, es war ja nicht immer ein Bach oder See in der Nähe.

Bald gab es nur noch das Nachfolgemodell der von ihm bevorzugten Gummistiefel zu kaufen. Das war nicht so weich, eher unangenehm. Und auch ein anderes Modell der gleichen Firma mochte nicht so recht gefallen. Es wurde kein Ersatz mehr gekauft und die vorhandenen Gummistiefel wurden eher noch mutwillig zerstört als geschont. So kam der Tag, an dem auf einem kleinen Holzstapel eine dreckige Jeans lag, ein blauer Lackmantel, der schon bessere Tage gesehen hatte und gelbe und rote Gummistiefel. Auch der Latexanzug fand sich dort. Ein Streichholz leitete den Anfang von Ende all dessen ein, was er bis vor kurzem noch gerne angezogen hatte.

Was wird wohl aus ihm geworden sein ? Ob er verheiratet ist ? Kinder hat ?

Ganz gleich, sollte er diese Zeilen lesen und denken, komisch, das war bei mir so ähnlich, dann herzlich willkommen, ich denke, hier ist er richtig !

Viele Jahre später kaufte er etwas bei einem Internet-Auktionshaus. Als er auf andere Artikel des Verkäufers drückte, sprang ihm ein Name ins Blickfeld. Er rief den Artikel auf und fast hätte ihn der Schlag getroffen, wie aus der von ihm seinerzeit erzeugten Asche leuchteten sie ihm entgegen, die Gummistiefel die damals das Jeansmädchen anhatte.

Tatsächlich konnte er sie ersteigern, später kamen weitere hinzu. Und ein Problem: Das Bessere ist der Feind des Guten. So begann ein aussortieren und nicht selten ging ein Paar Gummistiefel in Flammen auf, wie schon vor Jahren einmal. Oder es wurde zerschnitten.
Und manchmal zog er ein Paar an, die Jeans über den Schäften, den Kragen der Regenjacke hochgeschlagen stiefelte er durch regennasse Wälder und dachte am Mädchen in Gummistiefeln, Jeans und Regenjacken ( Friesennerze waren schon wieder aus der Mode )
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