Anna

Geile Erlebnisse und Kurzgeschichten.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Sarah war etwas kräftiger Natur, verglichen mit den anderen Mädchen in der Klasse, die man fast schon in die Kategorie Magersüchtig einordnen konnte, aber durchaus mit einem gesunden Größengewichtsverhältnis. Sie war etwas größer als Anna, etwa genau so groß wie er und ihm bislang gar nicht großartig aufgefallen. Verglichen mit Emma war sie stets vergleichsweise sportlich gekleidet, ein lockeres Shirt zur Jeans war bei ihr nichts Außergewöhnliches. Doch diesem gelben Nike Shirt sah Kevin schon von weitem an, dass es etwas Besonderes sein müsste. Es sah getragen aus, der vermutlich einst kräftige Gelbton war stark verblasst, das Shirt saß aber dennoch sehr schlabberig und weit – es muss also zuvor schon mal von jemand anderem getragen worden sein. Neu war es jedenfalls nicht, wobei neue Shirts hätten auf Kevin auch nie einen besonderen Reiz ausüben können. Reizvoll war es für ihn immer nur dann, wenn entweder eines der Mädels ihr Lieblingsshirt oder Hose bis zum nahenden Ende trugen oder wenn eines von ihnen sichtbar mit etwas gebrauchtem an kam. Dann war seine Neugierde geweckt, so wie heute, bei Sarah.

„Schaust gut aus, Kevin“ fasste sich Emma ein Herz, die, die sonst eher durch Schweigen und wenig Worte auffiel. „Dass Du noch Latzhosen trägst, find‘ ich cool – sieht man ja kaum noch, traut sich ja keiner mehr!“ fügte Emma hinzu und war dabei gesprächig wie lange nicht mehr. Das sie im Unterricht zu erzählen begann, war schon sehr merkwürdig und selbst ein „Ruhe dahinten“ der Lehrerin hielt sie nicht davon ab, weiter zu bohren. Kevin fühlte sich geschmeichelt: „Echt, Du findest die klasse?“ fragte er neugierig. Er war hin und hergerissen – jetzt, wo er total neugierig auf Sarah war, find Emma an, sich für ihn zu interessieren. Und dass ihr seine Latzjeans gefiel brachte ihr durchaus Bonuspunkte ein, wobei er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie Emma in Latzhosen aussehen würde. Nein, im Gegenteil, er war überzeugt, dass das gar nicht schön aussehen würde – warum, das konnte er jedoch selber nicht wirklich beschreiben. Ein Gefühl halt, eines worin er sich auch täuschen konnte, aber eines – wo er zumindest bei Emma nicht nachfragen brauchte. Sarah hingegen konnte er sich gut vorstellen in einer coolen alten Latzjeans, eine Pioneer vielleicht – so in der Art wie er sie letztens beim Durchblättern des Familienalbums an seiner Tante gesehen hatte, als die noch jünger war. Es brannte ihm auf der Zunge nach der Hose zu fragen, jedoch wollte er zu Hause Ärger vermeiden und bohrte deswegen nicht nach.

In der großen Pause stürmten alle sofort nach draußen, Sarah ging sofort auf ihre Mädelsclique zu, so dass Kevin nur ein kurzes „Cooles Nike Shirt“ blieb – was Sarah zu erstaunten Blicken und einem stammeligen „Danke!“ brachte. „Cool also“ dachte sie sich und hatte mit allem gerechnet, nur nicht dass jemand das aus der Klasse das olle Shirt cool finden würde. Ein Shirt von dem sie gar nicht so recht wusste, warum sie es überhaupt zur Schule angezogen hatte. Normalerweise zieht sie schon seit Jahren nur noch die Sachen an, die sie sich selber ausgesucht hat und wo sie schon beim Kauf mitreden durfte. Doch dieses Shirt war ihr zufällig in die Hände gefallen, als sie auf dem Dachboden nach einem alten Norwegerpulli gesucht hatte, den sie dort vermutete, weil er nicht mehr im Schrank lag. Sie hatte Anna immer wieder bewundert und war fasziniert, wenn sie ihren Norwegerpulli über der Lederlatzhose angezogen hatte. Da kamen bei ihr Erinnerungen hoch, und sie fand auf dem Dachboden im Kleiderschrank mit ausrangierten, aber dennoch vielleicht normal tragbaren Anziehsachen alles, nur nicht den gesuchten Pulli.

Natürlich hatte ihre Mama das gemerkt, wusste aber auch nicht, welchen Pulli sie genau suchte und meinte „Dann nimm‘ doch den hier, der ist doch auch cool. Den hab ich früher immer zum Sport angezogen und wenn ich mich nicht täusche, hattest Du den vor Jahren auch schon mal an, da war der nur noch viel zu groß, dass wir den wieder weggepackt hatten!“ – „Stimmt, ich erinnere mich!“ –„Probiere ihn mal an und wenn er passt, kannst Du ihn ja mit zur Schule anziehen und wenn nicht, dann auch nicht schlimm.“ Nicht schlimm, na klar war es ja auch nicht, schließlich stand wieder mal die nächste Altkleidersammlung vor der Tür. Sarah war sich unsicher: „Meinst Du wirklich, ich kann den noch anziehen?“ – „Warum denn nicht?“ – „Na gut, dann kannst Du danach alles damit machen, nur nicht Altkleider – da weiß man nie, was die damit machen. Und ob sich Flohmarkt noch lohnt?“ – „Keine Ahnung, zieh ihn erst mal an und dann schauen wir weiter!“

Kevin hätte sich mehr als nur ein kurzes „Danke“ gewünscht, aber schon war Sarah nicht mehr zu sehen. Bei Sarah hatte er eh das Gefühl, es wäre nicht ihr Ding großartig über Klamotten zu sprechen. So wie die meisten, denen es einfach nur peinlich war, wenn sie auf die ältesten und getragensten Klamotten aus dem Schrank angesprochen würden. Somit hakte Kevin auch erst mal nicht weiter bei ihr nach, bei Gelegenheit würde er sie bestimmt noch einmal auf den Pulli ansprechen – so viel war jedenfalls sicher. Von Emma war er jedoch schwer beeindruckt: „Die kann ja doch sprechen“ dachte er, wo er sie bislang stets als immer noch sehr ruhig und introvertiert wahrgenommen hatte. Aber in einer Latzhose oder gar in einer Lederjeans konnte er sich sie nicht vorstellen, nein – auch der wiederholte Gedanke daran ließ den Film im Kopfkino nicht mal anlaufen. Stattdessen sah er auf der Leinwand ein „Filmriss – Vorstellung fällt aus!“

Emma hatte sich bislang nie groß interessiert wenn Altkleidersammlungen in Haus standen. Ihre Mama managte das Klamottenthema für sie und ihre beiden Geschwister recht gut. Natürlich erbte sie viel von der großen Schwester und da sie alle sehr viele Klamotten hatten, blieb auch noch genug für die Kleine übrig, die allerdings nicht sofort in die Sachen hineinpasste. Da lagen immer gut und gerne ein paar Jahre zwischen, während das, was der großen Schwester nicht mehr passte (oder gefiel – was immer öfters vorkam) ohne großen Zeitverzug von Emma getragen werden konnte. Vieles passte auch beiden gleichzeitig, was regelmäßig zum Zickenkrieg führte, wenn die große Schwester sich ungefragt an Emmas Klamotten bediente, nur weil sie die größere Schwester war. Und manchmal kam sie sich vor wie die Müllkippe, wo die große Schwester ihre Klamotten hinschmeißen konnte, die ihr nicht mehr gefielen und sie dann von ihr gezwungen wurde, diese anzuziehen. Die Eltern bekamen jedenfalls von all dem nichts mit, und so war der Müllsack, der regelmäßig alle paar Monate zur Altkleidersammlung herausgestellt wurde für sie nichts, was sie jetzt hätte neugierig machen müssen.

Ihre Mama war da sowieso sehr liberal, alles, was noch im Schrank lag – egal wo es her kam und wer es geschenkt hatte – durfte von den Mädchen angezogen werden. Vieles war aber auch dabei, was bislang nie groß beachtet wurde, die ökologische Grundtendenz der Klamotten zog sich aber durch die ganze Familie. Emma mochte Latzhosen nie groß leiden, ihre Mama trug immer eine alte verwaschene Latzjeans zur Gartenarbeit. Dazu ein altes, Schlabbershirt – drunter natürlich, und alte gelbe Gummistiefel. Als Emma kleiner war bekam sie zur Gartenarbeit auch immer eine Latzhose angezogen, eine die zuvor schon ihre größere Schwester an hatte. Aber seit sie auf der weiterführenden Schule war, hatte sie weder bei sich noch bei ihrer großen Schwester welche gesehen. Auch die Kleine trug seit dem Kindergarten keine mehr, nur Mama trug ihre aber auch nur noch sporadisch. In letzter Zeit trug sie meist auch nur noch eine normale, alte Jeans.

Neulich als Emmas Mama mal wieder ihre Latzjeans und die Gummistiefel im Garten an hatte, fasste sie sich ein Herz und fragte: „Du Mama, hast Du noch irgendwo ‘ne Latzi für mich? Ich will auch mal wieder eine anziehen! Du siehst so cool in Deiner aus!“ – „Wie kommst Du denn jetzt da drauf? Du hast doch schon seit Jahren keine mehr anziehen wollen und jetzt auf einmal? Aber wenn Du mir im Garten mithelfen möchtest, kannst Du das auch gerne in normaler Hose – zieh Deine braune Cordhose an, die liegt schon auf dem Altkleiderpäckchen, die ist für den Garten noch gut genug!“ Emma steckte in der Falle – ihre Mama empfand die Frage als Angebot im Garten mithelfen zu wollen. Doch so gerne Emma auch mit dem Hund spazieren ging und sich um die zwei Katzen kümmerte, umso weniger interessierte sie sich für Gartenarbeit. Rasenmähen machte die Große, sie besserte sich damit ihr Taschengeld auf aber Unkraut zupfen und Beete umgraben war anstrengend und definitiv nichts für Emma.

Widerwillig griff sich Emma die braune Cordhose mit den ovalen, braunen Kunstlederflicken auf den Knien und zog die Hose an. Ihr war klar, wenn sie was von Mama wollte, kam sie um Gartenarbeit nicht herum, ein Geben und Nehmen halt. Sie griff einen alten, cremefarbenen Kapuzenpulli mit kindlichem Aufdruck auf der Bauchseite, der ebenfalls auf dem Lumpenpacken lag und zog beides an. Die Hose hatte Hochwasser, was bei Gummistiefeln nichts weiter machte, saß auch am Bauch schon recht straff. Der Pulli saß mehr als knapp und war auch vom Zustand her nichts mehr für die kleine Schwester. Beides lag also zu recht auf dem Lumpenpäckchen, beides wären Kandidaten für den Reißwolf, beides wäre von Emma nicht weiter beachtet worden, wenn sie nicht jetzt bei der Gartenarbeit Mami noch etwas für eine Latzhose bearbeiten konnte. Emma wusste, dass wenn sie fleißig mit macht, dann bekommt sie anschließend auch das Gewünschte. Zwar oftmals nicht neu, und nicht genau was sie sich vorstellt, aber Mama zog in der Regel immer etwas Vergleichbares aus dem Ärmel. Somit war Emma voller Hoffnung, dass ihre Hilfe im Garten nicht ohne Folgen bleiben würde.

„Wie kommst Du denn jetzt auf ‘ne Latzhose?“ wollte ihre Mama wissen. Emma brachte sich ungewöhnlich aktiv in die Gartenarbeit ein, goss die Pflanzen, wo es erforderlich war, hakte das Laub zusammen, was sich im riesen großen Garten angesammelt und machte all das, wo Mama sie sonst drauf stupsen musste von alleine. Emma meinte „Find‘ ich cool – ist mal wieder was anderes!“ „Für’n Garten reicht doch was Altes – dann schmeiß ich die Sachen, die Du heute an hast noch nicht mit weg – aber ich kauf Dir jetzt nicht extra für’n Garten ‘ne Latzhose, die Du dann eh nicht mehr anziehst. Die Latzi, die Du vor ein paar Jahren unbedingt haben wolltest, hast Du doch auch nicht angezogen und ich glaube nicht, dass Deine Schwester die noch anziehen mag! Das war rausgeschmissenes Geld, das mach ich nicht noch einmal!“

Stimmt, da war was – Emma konnte sich gut daran erinnern, aber wenn Mama auch mit ‘ner beigen Cordlatzhose ankommt anstelle der gewünschten blauen Jeans ist das ja auch kein Wunder, dass sie die nicht mochte. Da half auch Mami Ausrede, sie hatten keine Jeanslatzhosen mehr, und ‘ne Cordlatz wäre doch auch eine Latzhose zählte nicht, das konnte Emma weder überreden noch trösten. Und in der Tat, wenn das Teil nicht ungetragen den Weg in die Entsorgung machen gemacht hat, musste es ja noch irgendwo existieren. Aber die würde mit Sicherheit nicht mehr passen, obwohl vielleicht ja doch. Sie müsste sich mal wenn Mami nicht da ist auf die Suche machen. Auf dem Altkleiderpäckchen lag sie zumindest nicht, da hatte sie schon nachgeschaut.
AnnasMama
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Re: Anna

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Kevin hatte sich natürlich auch in der zweiten Pause getraut, Sarah nochmal etwas ausführlicher zum Nike Shirt zu befragen. Vielleicht würde sich ja heute, am Montag was ergeben. Montags war sowieso der spanneste Tag in der Woche für Kevin, der er war immer wieder gespannt darauf, ob er Saskia noch mal in seinem alten Kapuzennicki sehen würde. Und da es der Montag vor der nächsten Altkleidersammlung war, war dieser Tag für Kevin etwas ganz was Besonderes. Er fürchtete halt, der heutige Tag und der Rest der Woche könne für einige seiner Lieblingsteile die letzte Gelegenheit sein, sie zu Gesicht zu bekommen. Vielleicht würde Anna ihm ja sogar unbewusst noch einmal den Gefallen tun.

Saskia hatte er direkt morgens auf dem Schulhof gesehen, sie trug eine alte blaue Jeans, die irgendwann sicherlich auch mal ihm gehört hatte, bei den vielen Klamotten von ihm die an Saskia weitergereicht worden waren, hatte er im Laufe der Zeit auch langsam den Überblick verloren. Es war jedenfalls eine Levis Jeans, eine echte, das konnte er am Schildchen an der hinteren Hosentasche so gerade eben noch erkennen. Zur Jeans trug sie einen ebenso alten Anorak, diesmal rot, glattes Nylon, keine feste Kapuze. An den konnte Kevin sich gar nicht mehr erinnern, kann ja auch durchaus sein, dass Saskia auch Klamotten aus anderen Quelle anzog. Einen solch langweiligen und schlichten Anorak hätte Kevin zu der Zeit bestimmt auch nicht angezogen, doch war es seiner Zeit als langweilig empfand, sah er heute als schlicht und passend an, wobei der getragene Zustand und die Tatsache, dass der Anorak schon recht knapp saß ihn zum typischen Kandidaten für die am Samstag folgende Altkleidersammlung machte.

Die Jeans sah übrigens auch nicht viel besser aus und die kurzen braunen Stiefel, in denen die Hosenbeine der Jeans verschwanden, auch nicht. Kevin hatte den Eindruck, Saskia musste mal wieder in ihren ältesten Klamotten zur Schule – vermutlich weil die ersten beiden Stunden „Kunst“ auf dem Programm stand und dort mit Wasserfarben gemalt wurde. Auch wenn sie von Kevin regelmäßig deutlich bessere, gepflegtere und weniger getragenen Klamotten geschenkt bekam gefiel es Kevin, dass sie zumindest einen Tag in der Woche in alten, abgetragenen Klamotten zur Schule musste, obwohl eigentlich mehr als genug anderes Zeugs vorhanden war. Aber offenbar wollte Saskias Mama nichts riskieren und bei den Klamotten war es egal, ob da Farbe drauf kommt, oder nicht. Wenn ja, wird’s halt nächsten Montag wieder zum Kunstunterricht angezogen, oder das Teil geht in die Entsorgung und das nächst schlechtere Teil rückt ans untere Ende der Kleidungskette. Nur durchgerutschte Hosen und übrig gebliebene No-Name Joggerpullis standen in der Hierarchie noch weiter unterhalb – die waren ausschließlich für zu Hause oder lagen schon auf dem Abfallpäckchen für die nächste Lumpensammlung.

Kevin war unsicher – es war noch genügend Zeit bis zum Unterrichtsbeginn, beide – Saskia und er – waren früh genug, so dass eigentlich noch genügend Zeit für ein kurzes Schwätzchen war. Er fasste sich ein Herz, ging auf sie zu und sagte „Moin Saskia, na wie geht’s? Heute mal wieder Kunst als erstes?“ Er wollte ja auch nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen. Saskia schaute kurz zu Kevin rüber und antwortete kurz „Ja, meinst Du ich würde sonst in den ollen Klamotten zur Schule kommen? Mama will immer, dass ich montags altes Zeugs anziehe, dann wäre es nicht so schlimm wenn ich mich mit Farbe einsaue …“. – „Verstehe …“ erwiderte Kevin zustimmend. „Dabei sieht die Jeans doch noch ganz cool aus – ich meine, keine kaputten Knie, keine Flicken – die ist doch völlig ok!“ – „Findest Du? Nee, die mag ich nicht, die ist bäh! Bin froh, wenn die endlich mit weg geht und Mama mit endlich mal zutraut, dass ich montags auch mal normales Klamotten zur Schule anziehen darf – aber ich darf ja nicht und glaube auch nicht, dass sich da so schnell was dran ändert …“ Und schon klingelte es zur ersten Stunden und Saskia flitzte ab zum Kunstraum und Kevin machte sich – ohne die Gelegenheit zu nutzen nach dem Nicki zu fragen auf in sein Klassenzimmer, wo er fast als letzter kam. Emma war schon da, genauso wie Anna und Alex und all die anderen aus seiner Klasse.

Sarah hatte ihn am meisten überrascht – zur Jeans trug sie heute einen hellen Norwegerpulli mit dem typischen in grün abgesetztem Muster, dazu den passenden Schal, den sie als Accessoire im Unterricht anbehielt – obwohl es in der Klasse durchaus warm genug gewesen wäre. Dazu trug sie einen für ihn nicht minder interessanten orangefarbenen Anorak mit dunkelblauem Innenfutter, deren Ärmel sie einmal umgekrempelt hatte, weil sie sonst zu lang gewesen wären. Kevin war zwiegespalten, auf der einen Seite fand er den verwaschenen Nike Pulli, den sie letzte Woche zur Schule getragen hatte, extrem scharf und hatte insgeheim gehofft, dass sie ihn noch einmal anziehen würde, auf der anderen Seite passte der Norweger auch exakt in sein Beuteschema, zumal Anna ja einen ähnlichen hatte, den sie über der Lederlatzjeans trug – den er bei ihr jedoch nach dem kleinen Zwischenfall im Sportunterricht nicht mehr gesehen hatte.

In den Pausen hatte Kevin immer wieder beobachtet, wie sich Anna und Alex langsam aber sicher näher kamen. Liebe war es nicht, da war Kevin sich sicher – jedoch hatte er den Eindruck, dass beide ein gemeinsames Ziel verfolgen: Sex, wobei man in dem Fall wirklich besser von ficken reden könnte, denn auf mehr würde es definitiv nicht hinauslaufen. Anna schaute im Unterricht immer wieder verheißungsvoll zu Alex rüber, so als wolle sie ihm deutlich signalisieren „Ja – ich will!“. Doch Alex schien diese Blicke geflissentlich zu ignorieren, tat er nur so – oder wollte er Anna damit nur extra wuschig machen. Anna hatte sich fein gemacht, eine nagelneue, hautenge Jeans an – mit der sie viel erwachsener wirkte, als in der ollen Lederlatzi, auf die Kevin so stand. Dazu ein frisches Markensweatshirt, auch neu. Dazu trug sie schwarze Stiefel mit hohen Absätzen – nein, das war nicht mehr Kevins Jugendliebe in alten, verbrauchten Klamotten – nein, das war ein junges, selbstbewusstes Mädchen geworden, das immer noch mehr Grips im Kopf hatte als die anderen in der Klasse, deren Art und Weise wie sie sich verhielt Kevin immer noch begeisterte, deren Wandel im Klamottengeschmack jedoch so gar nicht zu ihr zu passen schien. Jedenfalls hatte Kevin genau diesen Eindruck.

Anna warf Alex immer wieder eindeutige Blicke zu und auch er verstand langsam, was sie von ihm wollte. Sein Strategiewechsel war also erfolgreich, so schien es – manchmal hilft es also, ruhig über die Beute zu kreisen und abzuwarten, als sich im Sturzflug auf sie zu zubewegen. Wobei letzteres ja auch schon mal daneben gehen kann, wenn die Beute es rechtzeitig bemerkt und flüchten kann. Doch Anna machte alles, nur nicht den Eindruck, dass sie flüchten wolle. Schließlich hatte sie ja nachdem sie mit Kevin geschlafen hatte, keine weiteren Erfahrungen mehr sammeln können. Und einfach so auf ihn zugehen und so tun, als ob nichts gewesen wäre, konnte sie nicht – auch wenn sie in letzter Zeit sehr viel über Pubertät und Fetischismus gelernt hatte. Nein, verzeihen konnte sie ihm noch nicht – und die alten Sachen zur Schule anziehen auch nicht. Das ging vorerst nur für zu Hause, ob sie sich damit noch mal nach draußen trauen würde, wusste sie noch nicht.

Auf der einen Seite liebte sie die dunkelbraune Kunstleder-Latzhose immer noch sehr, und es stand überhaupt nicht zur Debatte, ob sie für Samstag noch im Lumpensack verschwinden sollte, oder nicht. Dafür hing Anna zu sehr an ihrer Vergangenheit – dafür war sie manchmal, wenn sie für sich alleine war noch viel zu sehr Kind. Latzhosen sind Kinderkleidung, auch wenn ich gerne meine Latzjeans trug – so viel war Anna klar. Anna betrachtete mich dann immer so, als wenn ich mir noch ein Stückchen Kindheit bewahrt hätte, was bei mir ginge – aber in der Phase wo sie jetzt war, wo der Weg nach vorne nicht schnell genug gehen konnte, wo Mofa, Moped, Führerschein weitaus interessanter waren als Lego, Playmobil und Barbie Puppen. Für Kindheit bewahren war sie definitiv zu jung, das konnte sie sich vorstellen, wenn sie mal in mein Alter käme – dann könnten die liebgewonnenen Relikte der Kindheit – und dazu gehörten dann auch definitiv Klamotten – wieder mehr an Bedeutung gewinnen.

Kevin war in seinen Gedanken verträumt bei Saskia, von der er überhaupt nicht verstehen konnte, dass sein doch bei ihm so geliebter Kapuzennicki bei ihr am untersten Ende der Klamottenkette angekommen war, dass sie – so machte sie jedenfalls den Eindruck – froh wäre, wenn der am Samstag ohne großes Aufhebens im Altkleidersack verschwinden dürfte. Er verstand sie wirklich nicht, warum war sie so dermaßen anders als er. Wenn er nochmal einen Nicki geschenkt bekäme, er würde ihn anziehen – so viel war sicher, aber genauso sicher war, dass er seiner Mami nicht mehr mit diesem Wunsch kommen brauchte. Dass er die Latzhose tragen dürfte und Heike keine Anzeichen machte, sie Samstag in die Altkleidersammlung zu geben oder an Saskia weiterzureichen hatte ihn schon etwas verwundert. Nein, diesmal war es wirklich seine Latzhose und seine Mama ließ ihn gewähren, er durfte sie – auch wenn’s in ihren Augen noch ‘ne Kinderjeans war und altersgemäß eher zu Saskia als zu Kevin gepasst hätte – wann immer er möchte anziehen. Das jedenfalls war ein schwacher Trost für ihn, auch wenn er jetzt natürlich neugierig war, was er am Samstag nicht nur in Annas Altkleidersack vorfinden würde, sondern auch bei Saskia. Wobei er natürlich darauf spekulierte, seinen Kapuzennicki nicht durch den Sack durchschimmern, sondern ihn auch am nächsten Montag wieder bei Saskia zu sehen. Wobei er sich immer noch nicht sicher war, dass sie ihn heute überhaupt an hatte – denn ohne Jacke gesehen hatte er sie immer noch nicht.

In der ersten großen Pause waren Alex und Anna schnurstracks im Gebüsch verschwunden, dort auf dem Schulhof, wo sich auch unerlaubterweise die Raucher trafen. Kevin war neugierig – sah er doch seine „Ex“ mit dem neuen Lover über den Schulhof stolzieren. Er versuchte sie aus der Distanz zu beobachten, konnte jedoch nichts erkennen. Das einzige, was er aus seinem Blickwinkel wahrnehmen konnte, waren die beiden – aber nur sehr schemenhaft und auch nur von hinten. Er sah nur Annas College-Jacke, mehr war beim besten Willen nicht auszumachen. Und er sah Zigarettenqualm aus der Richtung, aber ob jetzt Alex – oder gar Anna, oder nur einer der anderen zahlreichen Raucher, die in der Nähe standen. Obwohl das Rauchen auf dem Schulhof strengstens untersagt war, schauten die Lehrer in der Regel weg. Ab und zu kam es schon mal vor, dass der ältere, schlanke Sportlehrer der sich während des Sportunterrichts gerne mal in sein Sportbüro zurückzog, um sich dort ein paar zu rauchen oder ein Schlückchen zu genehmigen, sich zu den rauchenden Schülern stellte und eine mit rauchte. Er sah das eh alles sehr locker, im Sportunterricht warf er meist den Fußball in die Runde, sagte „Ihr wisst ja wo ich bin!“ und verschwand in seinen Kabuff.

Das eine Auge also auf Anna und Alex gerichtet versuchte Kevin natürlich auch bei Saskia noch etwas weiter zu kommen – mindestens genauso groß war seine Neugierde ob sie, oder ob sie nicht …
AnnasMama
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Re: Anna

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Obwohl Kevin die beiden eine ganze Weile beobachtet hatte und dabei nicht aufgefallen war, konnte er nicht erkennen, was zwischen den beiden passierte. Er dachte sich seinen Teil und zog weiter, vielleicht würde er bei Saskia ja noch etwas erkennen können. Schließlich wünschte er sich nichts so sehr als seinen alten Kapuzennicki noch einmal an Saskia wieder zu sehen. Doch Fehlanzeige – er traf sie zwar kurz auf dem Pausenhof an, sie hatte jedoch ihren Anorak bis oben hin zu und ihre Schultasche auf dem Rücken, so dass Kevin beim besten Willen nicht erkennen konnte, was sie darunter trug. Er versuchte noch einmal mit ihr ins Gespräch zu kommen und fragte neugierig: „Na, hattet Ihr auch schon am Wochenende den Zettel für die Altkleidersammlung im Briefkasten?“ Saskia fühlte sich sichtlich genervt und erwiderte „Keine Ahnung – was willst Du eigentlich immer von mir?“ Kevin fühlte sich ertappt und traute sich nicht, sie direkt auf seinen Nicki anzusprechen. Stattdessen kam nur ein „Ach, nichts – ist ja auch egal …“ – „Du bist montags immer so komisch zu mir, und all die anderen Tage in der Woche grüßt Du mich nicht mal. Meinst Du, ich merke nicht, was mit Dir los ist? Also was möchtest Du von mir?“

„Ich würde gerne noch mal wissen, ob …“ – Kevin druckste herum und brachte kaum ein Wort heraus. – „Ob was?“ fragte Saskia genervt. „ … ob Du meinen Lieblingspulli immer noch montags zum Kunstunterricht anziehst und was da am Samstag draus wird, wenn Altkleidersammlung ist!“ Kevin stand da, wie ein begossener Pudel, hatte sich aber endlich mal getraut, sie offen drauf anzusprechen und war auf eine Antwort gespannt. „Du weißt doch, dass den Deinen Nicki nicht leiden kann, dass ich den am liebsten gar nicht mehr anziehen würde. Von mir aus könnte der gerne am Samstag mit weg …“ Keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte sich Kevin, denn nun war er genauso schlau wie zuvor. „Dass Du immer noch so an dem ollen Ding hängst – dann kauf‘ Dir doch ‘nen neuen – am Geld dürfte es ja wohl nicht scheitern!“ Nee, am Geld natürlich nicht – aber wo noch einen passenden herbekommen? Die Zeiten, dass es Nickis so in den Läden zu kaufen gab, ist lange vorbei. Selbst in dem Laden, wo Oma den Nicki damals her hatte, gab es schon lange keine mehr. Und auch sonst waren die recht selten geworden, in seiner Klasse trug niemand mehr Nickis, selbst Saskia war die einzige in ihrer Klasse, die hin und wieder montags ihren trug – und dafür oft genug belächelt wurde.

Es klingelte und alle machten sich auf zum Unterricht. Kevin zog enttäuscht von dannen, weil er wieder nicht erkennen konnte, was Saskia unter ihrem Anorak an hatte. Er hoffte auf die zweite große Pause, vielleicht würde Saskia – wenn sie ihn den heute an hatte – noch einmal die Gewissheit geben, dass sie ihn wenigstens doch noch trägt. Doch in Gedanken hatte er schon fast mit dem Thema abgeschlossen, überlegte, wie er es Samstag am besten anstellen könnte, dass er bei der Altkleidersammlung sowohl die Tour bei Anna als auch bei Saskia vorbei machen könnte. Dann würde er ja sehen, was an Säcken bei beiden vor der Tür steht, dann könnte er ja nicht nur bei Anna einen Blick in den Sack werfen, um dort nach den Latzhosen zu suchen, sondern auch, ob bei Saskia der Kapuzennicki seine letzte Reise antreten darf. Wundern würde es ihn ja nicht, bei der Einstellung, die Saskia zu dem Pulli hat. Wobei er sich auch sicher war, dass er selbst auf keinen Fall mehr hineinpassen würde, nachdem er doch letztens wieder einen Schuss nach oben gemacht hatte und auch ein paar Kilo zugenommen hatte. Immerhin, seine Latzjeans passte wenigstens inzwischen perfekt und er hatte fast Bedenken, dass Heike sie schon am Samstag mit abgeben wollte.

Zurück im Klassenzimmer fragte Emma ihn neugierig: „Du sag mal, was hältst Du eigentlich von Nickis? Hast Du Deinen roten Kapuzennicki eigentlich noch, den Du vor ein paar Wochen mal zur Schule an hattest? Ich finde, der würde extrem gut zu Deiner Latzhose passen!“ Kevin guckte sie mit großen Augen an. Er hätte bei ihr ja mit allem gerechnet, nur nicht, dass sie ihn irgendwann mal auf seine Klamotten ansprechen würde – und wenn, dann erst recht nicht auf seinen Nicki. „Wie kommst Du denn jetzt da drauf?“ Und schon kam von vorne ein lautes „Ruhe dahinten!“ und schon traute Emma sich – schüchtern wie sie an sich nun mal ist – nichts mehr zu Kevin zu sagen. Sie lächelte nur kurz zu ihm rüber und gab ihm damit ein gutes Gefühl. Ein paar Minuten war in der Tat Ruhe, dann hakte Kevin nochmal nach: „Wie kommst Du denn jetzt auf Nickis?“ – „Ich mag die, ich find die süß – und Deiner sah so cool aus! Den hast Du doch nicht etwa weggeschmissen?“ Kevin wurde verlegen. „Nöö, den hat Mama verschenkt an Saskia, aber die mag den nicht. Trägt den zum Kunstunterricht auf – wenn sie den überhaupt noch anzieht. Vielleicht ist der auch schon längst mit weg – oft und lange zieht die meine Sachen eh meist nicht mehr an …“

Emma schaute traurig zu Kevin rüber, als wenn auch bei ihr gerade ein Traum zerplatzt war – denn sie war sich jetzt sicher, Kevin auch nicht mehr im Nicki anzutreffen, wie denn auch, wenn er längst weiterverschenkt worden war. Aber sie erfreute sich an seiner Latzhose, die er in letzter Zeit doch zwischendurch immer mal wieder an hatte. Auch sie mochte Nickis gut leiden, auch wenn sie sich nicht mehr dran erinnern könnte, mal einen gehabt zu haben. Selbst ihre kleine Schwester hatte keine Nickis, das wusste sie durchaus. Wenn sie zu Hause diesen Wunsch äußern würde, würde sie vermutlich genauso Kopfschütteln bei ihrer Mama verursachen wie bei der Frage nach Latzhosen. Aber zu Hause lag ja schon ein für Samstag vorbereitetes Päckchen, vielleicht ist da ja doch einer zwischen, von dem sie nichts weiß. Oder vielleicht auch noch eine Latzhose, die ihr passen würde – egal, was für eine und egal, wie sie darin aussehen würde. Doch bis dass sie zu Hause nach den Sachen schauen könnte, lagen ja noch drei Schulstunden und eine große Pause dazwischen.

Nach der zweiten großen Pause kam Kevin mal wieder zu spät zum Unterricht, was sowohl Anna als auch Emma aufgefallen war. Sollte Anna etwa doch Recht haben, dass Kevin sich heimlich in die Mädchenumkleidekabine schleichen würde, während Saskia zum Sport war? Sollte er seine Neugierde doch wieder mal nicht unter Kontrolle haben? Anna sah sich in ihrer Vermutung, die sie in den letzten Wochen auch immer mal wieder hatte, bestätigt. Aber Kevin drauf ansprechen, nein, das wollte sie auch nicht – der Fall war für sie durch, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt. Sie verbrachte die letzten Pausen immer gerne mit Alex, sie kamen sich durchaus näher, aber noch nicht nahe genug – nein, für einen kurzen, schnellen Fick war sie noch nicht bereit, auch wenn Alex immer wieder entsprechende Andeutungen machte.

Fünf Minuten zu spät kam Kevin zur vorletzten Stunde – aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Und ja, er war Saskia gefolgt und als sie in Sportzeugs in der Halle war und er niemanden mehr in der Umkleide wähnte, lugste er kurz hinein und sah seinen Kapuzennicki lieblos auf die Bank geknubbelt zusammen mit ihrer alten Jeans. Nein, diesmal probierte er nichts an – diesmal fasste er noch nicht einmal den Nicki an, diesmal freute er sich einfach nur, dass Saskia ihn doch noch anzieht, obwohl sie sich offenbar dafür schämte, in ihrem Alter noch so offensichtlich „Kinderkleidung“ anzuziehen. Doch so sehr er sich auch freute, desto besorgter war es, was Samstag angeht. So wie Saskia drauf war hätte sie keine Skrupel, den Nicki mit zu entsorgen und er hoffe darauf, dass ihre Mami da noch zwischengrätscht. Wobei er gar nicht in die Umkleidekabine hätte eindringen müssen, denn Mittags war es noch einmal so warm geworden, dass Saskia ihre Jeans und den alten Anorak in die Sporttasche verstaut hatte und sich in viel zu engem, roten Sprintershorts – der auch aus Kevins Altbestand war – und Kapuzennicki auf den Nachhauseweg machte. Kevin lief das Wasser im Munde zusammen, gefühlt zum letzten Mal sah er so offensichtlich seinen Nicki – und in der Adidas Hose sah Saskia echt geil aus – wenn sie bloß nicht noch so jung wäre. Nein, Saskia war definitiv noch Kind, auch wenn es sicherlich nicht mehr lange dauern würde, dass auch für sie die Pubertät beginnen würde. Von daher ja, sie sah süß aus – aber nein, lange würde auch ihr den Nicki nicht mehr passen, denn er saß in der Tat schon recht knapp. Auch sie hatte in den letzten Wochen einen starken Schuss nach oben gemacht, so dass sie schon nahe an Anna herankam. Aber auch Anna würde der Nicki definitiv nicht mehr passen.

Zu Hause angekommen machte sich Emma daran, heimlich und unbeobachtet sich durch den vorsortierten Altkleiderpacken zu machen. Aber sie fand und fand nichts Spannendes. Sportshirts, Sweatshirts mit bunten Aufdrucken, alles, was sie bei der großen Schwester schon gesehen hatte und die sie auch schon irgendwo anders her hatte. Dementsprechend verbraucht sahen die Sachen aus, und offenbar wollte Mama ihr diese Sachen nicht mehr zumuten und in der Tat, sie hätte sich – was sie eigentlich recht selten tut – vermutlich auch geweigert, diese Sachen anzuziehen. Nach einigem Suchen fand sie die besagte beige Cordlatzhose, doch ein kurzer Blick auf das Größenschildchen reichte aus um zu erkennen, dass die ihr beim besten Willen nicht mehr passen würde. Sie packte die Hose dennoch auseinander, hielt sie sich vor den Bauch und entschied, dass sie die gar nicht erst anprobieren bräuchte. Sie war kurz, viel zu kurz – und auch vom Bauch her wäre sie definitiv zu eng. Und das sie auf dem Päckchen lag war für sie auch ein klares Zeichen, dass nicht mal ihre kleine Schwester Interesse an dem Teil hatte. Im Nachhinein ärgerte sie sich, dass sie damals die Hose so vehement abgelehnt hatte – weil’s halt ‘ne beige Cord- und keine blaue Jeanslatzhose war.

Auch Nickis waren Fehlanzeige – keine dabei, weder von der großen Schwester, noch von ihr – selbst von der kleinen keine. Aber Mama jetzt auch noch auf einen Nicki anquatschen? Sie würde auch wieder auf Ablehnung stoßen, da war sie sich sicher – genauso wie bei der Latzhose halt. Vielleicht sollte sie sich von Mama einfach mal etwas Geld geben lassen und selber losziehen – wobei sie in den Geschäften, wo sie normalerweise Klamotten kaufen schon lange weder Latzhosen noch Nickis gesehen hatte. Und zu Second-Hand-Shops hatte sie keinen rechten Bezug, sie wusste noch nicht einmal, wo welche in der Nähe sein könnten. Neugierig geworden war sie jedenfalls, auch wenn sie sich nicht sicher war, wie sie in Latzhose und Nicki aussehen würde. Wenn Kevin doch noch mal einen Nicki tragen würde, das wäre toll für sie. Am besten zur Latzhose – aber auch das war für sie illusorisch – Kevin würde genauso wenig einen coolen Nicki für sich finden. Und so sehr er Saskia im Nicki mag, ob er selber noch mal einen tragen würde? Auch da war Emma sich keinesfalls sicher.

Sicher war sie nur, dass sie ihn darin total süß finden würde, aber sie machte sich wenig Hoffnung. Dass jetzt beide nebeneinander saßen war auch lange kein Garant dafür, dass sich zwischen ihnen etwas entwickeln würde, auch wenn Emma gerne mal das Gefühl genießen würde, geliebt zu werden. Ob Kevin jedoch auch so denkt?
AnnasMama
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Re: Anna

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„Wie siehst Du denn aus?“ wurde Saskia als sie in kurzer Hose und Kapuzennicki zu Hause erschien. „Die Hose ist zu eng – die hab‘ ich nicht mehr zu bekommen und am Anorak ist der Reißverschluss kaputt, kannst‘e beides Samstag mit wegschmeißen. Und den Nicki auch – den mag ich nicht mehr!“ „Aber der passt doch noch gut – und für Montags ist der doch genau richtig, also wenn Du mich fragst, kannst’e den ruhig noch ‘ne Weile anziehen. Wenn der mit weg soll, dann geht Dein Lieblings-Adidas-Hoodie auch mit in den Sack, der sieht ja noch viel schlimmer aus …“ – „Nein, Mama, alles – nur den nicht!“ – „Ich kann den Hoodie auch so mit wegschmeißen – dann wird der Nicki trotzdem noch weiter angezogen, und komm bloß nicht auf krumme Gedanken, dann gibt’s ein paar um die Ohren!“ So hatte Saskia sich das nicht vorgestellt, sie war wieder mal zweite, Mama hatte sich eindeutig durchgesetzt. Und die Drohungen nahm sie durchaus ernst, es kam zwar nicht oft vor, dass sie eine geklatscht bekam, aber wenn dann tat es richtig weh. Das wollte sie auf jeden Fall vermeiden.

Sarah war klar, so cool und oldschoolmäßig der gelbe Nike Pulli und die College-Jacke auch aussahen, sie mochte beides nicht so wirklich gut leiden. Die Sachen waren halt alt und was ihr besonders negativ aufgefallen war, Mama hatte sie vorher getragen. Und nein, Mama-Sachen sind für sie ein No-Go, worauf Mama keinen Bock mehr hat, ist auch nichts für Fräulein Tochter. Zumal in Sarah immer wieder Gelüste hoch kamen, so wie bei den anderen Mädels in der Klasse, die ihre Sweatshirts regelmäßig zu Putzlappen zerrissen und dann für’s Auto polieren verwendeten. Nur war sie sich nicht sicher, was sie aus den beiden Sachen machen wollte. Nach der Schule hatte auch sie sich auf Bett gelegt, nur noch Slip und BH an, den sie schon seit einer Weile anzog. Sie spielte an sich herum, hatte den Slip längt ausgezogen, ertastete ihren Körper, fand ihre erogenen Zonen heraus und wurde feucht im Schritt – so richtig schön feucht. Das war ihr etwas unangenehm, zumal sie die gute teure Bettwäsche nicht verschmutzen wollte. Nackig ins Badezimmer rennen um ein Handtuch zu holen kam ihr auch nicht in den Sinn. Also ergriff sie den gelben Nike Pulli, fasste ihn am rechten Ärmel und wischte sich trocken – die Flecken am Pulli waren ihr egal, der roch eh schon nach dem sie ihn getragen hatte nach feuchtem Schweiß.

So putzte sie also mit dem rechten Ärmel des gelben Nike Pullis ihre Muschi trocken – und sie hatte förmlich Spaß dabei, denn sie war sich sicher – ihn so in die Wäsche geben könnte sie nicht mehr, dann würden die Flecken sicherlich auffallen. Abends, so nahm sie sich vor – wenn ihre Eltern schon im Bett sind und schlafen – würde sie sich nochmal heimlich kurz aus der Wohnung schleichen und das entsorgen, was eigentlich schon vor Jahren hätte weg sollen können. Warum ihre Mama das alles aufbewahrt hatte, war ihr eh ein Rätsel. Ja, so für ein zweimal zwischendurch – mal ‘nen Retro- oder Gammeltag machen, ist ja schön und gut, das macht ja sogar irgendwie noch Spaß, aber jetzt dauerhaft wieder in den ollen Klamotten rumlaufen, nö – das war nicht, das brauchte Mama auch erst gar nicht zu denken. Heute war der gelbe dran, und für die anderen würde sie sich auch etwas Besonderes einfallen lassen.

Anna zog nach der Schule hingegen immer noch liebend gerne ihre Latzhosen an – sie genoss die Geilheit darin und dachte an die Zeit zurück, wo sie mit Kevin Spaß hatte. Alex war da ganz anders als er, Alex stand auf enge Jeans und auf schwarze Unterwäsche. Bislang konnte sie seinen Verführungen widerstehen, obwohl sie durchaus Erregung in sich spürte, wenn sie sich sahen oder wenn er sie umarmte. Sie war sich sicher, lange würde es nicht mehr dauern, vielleicht am Wochenende, wenn sie bei seiner Party mit dabei sein darf. Aber dazu müsste ich ja erst noch meine Erlaubnis geben, bislang war mir nicht sehr wohl bei dem Gedanken, dass ich ihr es erlauben sollte. Wobei – so wie Anna sagte, war die ganze Klasse eingeladen – aber manchmal übertreibt Anna halt auch ein wenig. Letztlich freute ich mich, dass Anna wieder etwas unproblematischer war, fast schon pflegeleicht – was halt auch daran lag, dass sie für zu Hause freiwillig ihre alten Klamotten anzog und somit nicht die Gefahr bestand, dass sie eine ihrer guten Hosen oder Shirts zu Hause kaputt machen würde. Sie hatte mir sogar versprochen, Sonntag wenn wir mit Frankie und Peter Mittag essen wollen, ihre Cordlatzhose und den Cashmere-Pulli anzuziehen. Immerhin war die Cordlatz von allen dreien immer noch die im besten Zustand. Und ehrlich gesagt, die Lederhose ist für draußen vom Zustand her schon fast zu grenzwertig. Wobei, wenn sie die natürlich lieber anziehen würde, hätte ich wohl auch nichts dagegen.

Anna sah in meinen Augen immer noch richtig gut darin aus – auch wenn sie jetzt langsam aber sicher doch knapp wurde. Sie saß straff, die dunkelbraune Kunstleder-Latzhose, was sicherlich auch daran lag, dass sie sich die Trägerchen entsprechend eng eingestellt hatte. Aber auch an den Oberschenkeln und am Po saß sie knackig – Anna hatte aber auch genau die richtige Figur dafür, um darin gut auszuschauen. Wobei eines auch fest stand: Beim nächsten Wachstumsschub wird’s richtig fies – dann geht sie für draußen nur noch mit Stiefeln – Sneakers oder Chucks kann sie dann nicht mehr dazu anziehen, dann würde das „Hochwasser“ doch zu sehr auffallen. Für zu Hause war mir das eh egal, ob die Länge bei den Hosen noch passte. Tendenziell wurden bei ihr Hosen eher zu kurz als zu eng, was dazu führte, dass sie die dann wenigstens noch eine Zeit lang für zu Hause anziehen konnte, oder dass es Kandidaten waren, die man im nächsten Sommer noch mit abgeschnittenen Beinen als Sommershorts aufbrauchen konnte. Wobei Latzis als Shorts mochte sie nie – von daher wäre das wahrscheinlich auch keine Option mehr, zumal ich durchaus damit rechnete, dass das Polyurethan der Lederhose eh irgendwann mal aufplatzen könne, wenn die Hose dann doch zu eng ist. So richtig stabil und reißfest ist ja Kunstleder dann doch nicht. Aber bislang ließ Anna auch immer noch Vorsicht walten und sah zu, dass die Latzhosen nicht beim Spielen und Herumtoben – zu denen sie besonders gerne die Latzjeans trug – kaputt gingen.

Kevin Latzjeans war inzwischen auch schon ein paar Mal in der Wäsche gelandet und sah nicht mehr wie neu aus. Die meisten Sachen, die Saskia von ihm erbte waren fast neu, höchstens ein- oder zweimal gewaschen. „Die hast Du diesmal wohl richtig in Dein Herz eingeschlossen, was?“ fragte Heike ihn neugierig – zumal er die an den Tagen, wo er sie nicht schon von vorn herein zur Schule angezogen hatte, für zu Hause anzog. Kevin nickte zustimmend und war voller Hoffnung, dass Mama diesmal nichts für die kommende Altkleidersammlung vorgesehen hatte. So viel hatte sich ja in den letzten Wochen auch nicht angesammelt. „Hast Du irgendwas, was Samstag mit weg soll? Wenn ja, dann leg’s auf die Treppe – viel hab‘ ich diesmal nicht!“ Kevin wunderte sich nur, dass sein alter Adidas Jogger, den er sonst schon mal anstelle der Latzjeans für zu Hause angezogen hatte, bereits auf der Treppe lag. Da er vermutete, er wäre von Mama nach dem Waschen noch nicht wieder im Kleiderschrank einsortiert worden, sagte er nichts. Außerdem war auch in der kurzen Zeit nichts dabei, was er nicht mehr anziehen würde oder was ihm nicht mehr passte.

Emma hingegen versuchte nach der Schule vergeblich, ihre Mami zum Kauf einer richtig coolen Latzhose hin bewegen. Immerhin wollte sie somit bei Kevin Eindruck erwecken, Punkte sammeln. Und ja, sie konnte sich durchaus vorstellen, noch mal in Latzjeans in die Schule zu gehen, auch wenn Kevin durchaus der Meinung war, dass ihr Latzhosen nicht stehen würden. Nun denn, nicht jeder sieht darin gut aus und die Geschmäcker können ja durchaus auch verschieden sein. Jedenfalls lehnte ihre Mami ab mit der Begründung, sie hätte ja schließlich mal eine haben wollen und dann doch nicht angezogen. Ja, sie hatte Recht und Emma hatte das auch eingesehen, wobei sie heute sogar diese dumme, hässliche Cordlatzhose akzeptiert hätte, das wäre immerhin besser als nichts.

Es war Abend geworden, Anna saß in ihrer engen Lederlatzhose am Küchentisch und sah mich mit traurigen Augen an. „Was ist denn los?“ wollte ich wissen. „Weißt Du, was ich echt schade finde?“ – „Nö, was denn?“ erwiderte ich. „Dass meine Latzis irgendwann mal im Schredder enden …“ Bei dem Gedanken daran kullerten ihr die Tränen die Wange hinunter. „… wobei ich auch wirklich nicht wüsste, wem ich damit noch ‘ne Freude machen könnte.“ ergänzte sie. Nun ja, mir fiel auch nicht wirklich jemand ein, dem man die abgegriffenen Dinger noch hätte anbieten können. Bei der Lederhose hatte sich stellenweise das Obermaterial von der Trägerschicht abgelöst, was für hässliche Stellen insbesondere an den Knöcheln und am Po gesorgt hatte – die Knie hatten auch schon ein paar Macken abbekommen und die Hosenbeinenden waren auch von Mal zu Mal verkratzter.

Die Latzjeans war vom regelmäßigen Waschen und von der Sonne von den Oberschenkeln bis zu den Knien und am Po völlig ausgeblichen, am Po zeigten sich zudem erste dünne Stellen vom Sitzen. Es würde also eh nicht mehr allzu lange dauern, bis sie dort endgültig durch wäre. Und die Cordlatz sah noch am brauchbarsten aus, wobei man auch ihr ansah, dass sie längst nicht mehr neu, sondern bereits durch einige, wenn auch pflegende Kinderhände gegangen war. Wenn sie also von den Hosen noch eine zur Drittverwertung geeignet hätte, dann die – wobei ich natürlich auch fürchtete, dass wenn die Jeans demnächst am Ende ist, dass sie dann von Anna entsprechend schnell aufgebraucht wäre. Normalerweise geht das bei Anna auch recht schnell, dass die Latzhosen noch nicht völlig fertig waren, grenzte nahezu an ein kleines Wunder. Sie waren wohl doch qualitativ noch etwas hochwertiger, als die Hosen, die man inzwischen nur noch zu kaufen bekam.

Als Sarahs Eltern endlich im Bett und eingeschlafen waren, schlich sie sich langsam aus dem Haus, um ihren Nike Pulli und die College-Jacke in der Mülltonne verschwinden zu lassen. Also im Nachthemd die Treppen runter, in den Innenhof und die erste Tonne auf – scheiße, zu voll – da geht nichts mehr rein. Dann eben die daneben – hmm, die ist auch schon fast voll, aber da geht noch was. Erst die Jacke reingestopft, dabei hörte sie schon das Knacken und Platzen der Müllsäcke in der Tonne, in dem die Nachbarn hauptsächlich ihren Küchen- und Haushaltsabfall entsorgten. Kleidung oder Schuhe hatte Sarah bislang immer vergeblich in den Tonnen gesucht, wobei gesucht eigentlich auch nicht der richtige Ausdruck ist – vorgefunden wäre passender. Ab und zu lagen beim morgendlichen Müll rausbringen mal die zu klein gewordenen Winterstiefel der Nachbarstochter in der Tonne, aber auch nur dann, wenn die nach ein, zwei Winter tragen an der Sohle durch oder vom Leder her so abgenutzt waren, dass man sie niemandem mehr hätte anbieten können. Dafür standen bei Altkleidersammlungen regelmäßig recht viele prall gefüllte Müllsäcke oder Tüten vor der Tür.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Altkleidersammlungen mochte Sarah nicht mehr, jedenfalls seit dem Zeitpunkt wo sie letztens im Fernsehen einen Bericht darüber gelesen hatte. Nein, das sich noch jemand Fremdes an ihren alten Klamotten bereichern würde, passte ihr überhaupt nicht. Wenn dann für Bedürftige, kostenlos weitergegeben, aber dann auch alles was sie abgibt, und nicht nur das, was eine Sortiererin noch für gut empfindet. Also stopfte sich auch noch ihren Nike Pulli in die Tonne, drückte dabei den Tonneninhalt weiter zusammen, dass wenigstens der Deckel noch so einigermaßen zu ging, wobei sie durch den Pulli hinweg die Feuchtigkeit der nassen und fettigen Küchenabfälle spürte. „Echt ekelhaft“ dachte sie, ließ den Deckel leise fallen, wobei ein Ärmel des Pullis noch aus der Tonne rausschaute. „Auch egal, dann ist das halt so – jetzt nicht noch groß Krach machen, nachher bemerkt noch jemand etwas.“ murmelte sie leise vor sich hin, während sie ins Haus zurückging und dabei immer wieder zurück schaute.

Die Nacht über konnte sie kaum schlafen, immer wieder dachte Sarah an ihre vom Küchenabfall vollgesifften Sachen, die nun unten in der Tonne bei nasskaltem Wetter nächtigen durften. Das erste Mal, dass sie eigenmächtig ihre Klamotten in die Mülltonne geworfen hatte. Morgen früh würde ihre Mami sie bitten, den Küchenabfall runterzubringen, bevor sie dann weiter zur Schule geht. Dann würde sie die zugeknotete Plastiktüte so feste auf das gelbe Nike Shirt pressen, dass auch die aufplatzt und sich der Inhalt über den Pulli verteilen würde. In freudiger Erwartung auf den nächsten Morgen schlief sie dann doch letztlich irgendwann ein, wachte aber immer wieder zwischendurch mal auf – wobei sie dann doch auch längere Zeit wach lag.

Dann endlich klingelte Sarahs Wecker. Rasch zog sie sich an, Jeans, Norwegerpulli (der von Anna hatte sie immer wieder so sehr fasziniert, dass sie ihren auch wieder öfters trug) und den orangenen Anorak – ja, das war das Outfit, was sie sich vorgestellt hatte. Doch als sie mit dem Frühstücken fertig war, kam die böse Überraschung: „Brauchst den Müll nicht mehr mit runter zu nehmen, hab‘ ich heute schon für Dich gemacht – weil Du so spät dran warst …“ Sarah wurde knallrot im Gesicht und war mucksmäuschen still – sollte ihre Mama etwa was gemerkt haben? Oder waren die Tonnen inzwischen so voll, dass die College-Jacke und der gelbe Nike Sweaty nicht mehr zu erkennen waren? Hatte sich etwa heute Nacht jemand an den Klamotten vergriffen? Fragen über Fragen, auf die Sarah keine Antworten wusste. Ihr war nur eines klar, sie musste so schnell wie möglich nach unten.

Bei Emma hingegen drehte sich am Frühstückstisch alles nur um das Thema Latzhosen. „Du Mami, ich will auch so ‘ne coole blaue Latzjeans, so wie Du die hast!“ – „Das heißt nicht will – das heißt „Ich möchte!“ fauchte ihre Mami sie an. „Außerdem hattest Du doch eine, die Du nie anziehen mochtest. Also ich kauf Dir keine, die am Ende doch nur wieder nicht angezogen wird und irgendwann weggeschmissen wird, weil Du da keinen Bock drauf hattest ...“ – „Was willst Du denn mit ‘ner Latzhose?“ fragte die ältere Schwester lästernd – wohlwissend, dass sie in der Schule und der Freizeit kaum noch jemanden sah, der im dem Alter Latzhosen trug. Selbst die kleine Schwester zickte „Nee, iiiihhh, Latzhosen – die sind was für Babies. Also ich zieh keine mehr an, nein, nein, nein …“ Die Stimmung am Frühstückstisch war also eindeutig gegen Emma. Sie war sich auch nicht sicher, ob sie wirklich sagen sollte, warum sie sich jetzt auf einmal für ‘ne Latzhose interessierte.

„Übrigens, wo willst Du die denn gesehen haben? Ich hab‘ schon seit Jahren keine mehr in den Geschäften gesehen, meine ist doch auch schon viele Jahre alt …“ Emma wurde nachdenklich und in der Tat, bei den letzten Klamottenkäufen hatte auch sie in den Geschäften keine Latzhosen mehr in ihrer Größe gesehen. „Dann müssen wir halt nochmal durch die Geschäfte!“ Emma ließ nicht locker und machte weiterhin Druck. „Aber ich möchte halt …“ Ok, spätestens jetzt hatte Mama verstanden, dass Emma es durchaus ernst meinte, auch wenn die anderen am Küchentisch ihren Wunsch beim besten Willen nicht nachvollziehen konnten.

Bei Kevin war die Latzjeans inzwischen zur Lieblingsjeans geworden, die in der kurzen Zeit die er sie jetzt hatte schon deutlich in Mitleidenschaft gezogen war. Was ja auch kein Wunder war, wenn er sie fast jede Woche an hatte und sie entsprechend oft in der Wäsche war. Immerhin beeilte Heike sich stets, so dass Sohnemann nie besonders lange darauf warten brauchte, bis sie wieder im Schrank lag. Als er zum Frühstück erschien, lag der Adidas Jogger übrigens immer noch auf der Treppe – wobei sich Kevin immer noch nichts dabei dachte. Er fragte jedoch auch nicht, weil er sich genau im Klaren darüber war, von Mama sowieso wieder keine gescheite Antwort zu bekommen. „Sag mal, hast Du eigentlich keine anderen Jeans mehr?“ fragte Heike ihn am Frühstückstisch. „Wieso?“ – „Na, weil Du nur noch die Latzhose trägst! Wenn Du nicht auch mal wieder die anderen Hosen zur Schule anziehst, schmeiß‘ ich die weg! Das geht schneller als Du denkst …“

Ups, das war mal wieder eine ganz klare Ansage – Mama mochte also jetzt schon seine Latzhose nicht mehr leiden, und es ging ihr auf den Keks, dass er sie zur Schule trug. Aber was dachte sie sich dabei? Dass er diese coole Hose ignoriert hätte? Dass sie im neuwertigen Zustand nach ein- zweimal tragen unauffällig zu Saskia rüber gewandert wäre? Nein, das war halt seine Lieblingsjeans geworden, ein würdiger Nachfolger für seine kurze Glattlederhose, die er im Sommer ja noch anziehen durfte und die beim letzten Mal in der Altkleidersammlung ihr Ende fand. Und jetzt drohte seine Mutter ihm schon wieder, ihm wieder das wegnehmen zu wollen, was er mochte, was er gerne trug und in der das nachmittägliche Onanieren so richtig viel Spaß machte. Zumal sie doch so perfekt saß, nicht zu schlabberig – aber auch nicht zu eng, wobei er sich natürlich auch die Trägerchen stramm eingestellt hatte. All das schien Heike mal wieder zu nerven, aber das war ihm egal – die Latzhose kriegt sie nicht, jedenfalls noch nicht – und ganz bestimmt nicht für Samstag, für die nächste Altkleidersammlung – denn das ist ja für ihn wieder eine coole Gelegenheit, sie selbst zu tragen.

„Und wenn Du sie schon zur Schule anziehen musst, dann zieh wenigstens den Pulli drüber! Dann fällt die nicht so auf …“ Kevin merkte mehr als deutlich, dass die Latzhose wohl gar nicht für ihn sein sollte, sondern für Saskia – und Heike nun sauer war, dass sie die so wie sie jetzt schon aussah nicht mehr weitergeben konnte. Gut, die Farbe war verblasst, der Jeansstoff gut ausgewaschen aber zumindest war sie noch nicht kaputt. Wobei Heike da insgeheim mit rechnete, dass irgendwann die Knie durch sind, oder der Popo, oder der Knopf am Latz abreißt. Dann hätte sich die Sache ganz schnell erledigt, dann wäre sie ein Kandidat für den Lumpensack, für den Reißwolf, denn aussortiert und weitergetragen würde sie in dem Zustand dann sicherlich nicht mehr. Aber Kevin zog demonstrativ sein weißes Sweatshirt was er zur Latzhose trug unter dem Latz an, nein er war bekennender Latzhosen-Fan, was ihm in der Klasse nicht nur Freunde machte. So sehr wie er sich danach sehnte, Anna mal wieder in Latzhosen zur Schule zu sehen umso mehr wurde er von den anderen Jungs in der Klasse dafür schief angeguckt und gehänselt. Für die meisten jedenfalls waren Latzhosen Mädchensachen, auch wenn seine eine „echte“ Jungshose war mit allem, was dazu gehört. Klar konnte die auch von Mädchen getragen werden, was viele sogar gemacht hatten (denen ist es offenbar egal, dass sie Jungshosen tragen – während das Umgekehrte durchaus problematischer war), aber letztlich war Kevin inzwischen der einzige in der ganzen Klasse, wenn nicht sogar in der ganzen Schule, der noch Latzhosen trug.

Anna hingegen war die letzten Tage wieder deutlich unausgeglichener, vor allem morgens, was sich aber meint im Laufe des Tages besserte. Ich spürte, dass sie seit sie nicht mehr mit Kevin zusammen war, anders geworden ist – vor allem, was halt Klamotten anging. Ich wusste und das zeigte sie mir auch immer wieder nachmittags, dass die Lederlatzhose immer noch das größte für sie war und sie froh und glücklich darüber war, dass sie die hatte und sie ihr noch passte. Doch Kevins „Ausrutscher“ – der Versuch, die Hose während des Sportunterrichts heimlich anzuziehen – hatte sie ihm immer noch nicht verziehen. Und klar, auch sie befriedigte sich hin und wieder selbst, wenn sie die Lederhose an hatte und mit der Hand über das wunderbar weiche Kunstleder streichelte und sich daran erinnerte, wie schön es doch mit Kevin war. Und ja, auch bei ihr kribbelte es bei dem Gedanken wie es denn wäre, wenn die Lederhose bei der Altkleidersammlung im Reißwolf enden würde oder wie sie von den Müllmännern unbeachtet in der Schüttung des Pressmüllwagens verschwinden würde. Und immer wieder war sie bei dem Gedanken daran froh und glücklich darüber, dass ich dieses Ereignis halt noch einmal etwas hinausgezögert hatte, denn ihr war – auch wenn sie nicht die ganze Geschichte kannte – klar, dass die Latzhosen gebraucht waren und sich dafür sicherlich niemand anders mehr interessiert hätte, denn die Zeiten, das Latzhosen richtig in waren, war halt durchaus lange vorbei. Einige übrig gebliebene Restexemplare wurden zwar noch im Familien- bzw. Freundeskreis weitergereicht – viele fanden dann aber auch ohne weiter getragen worden zu sein ihr schnelles Ende.

Sie war jedenfalls sicher ihre Latzhosen noch eine Weile tragen zu wollen, wenn auch nicht zur Schule – nein, das war zur Zeit nicht drin, wobei vielleicht sollte sie doch einfach mal wieder? Aber was würde Alex dann sagen? Alex mag Latzhosen überhaupt nicht und somit traute sie sich noch weniger sie in seinem Beisein anzuziehen. Sie wurde früher von ihm schon übel angemacht, zum Glück nur verbal – aber da hatte er ihr klipp und klar gesagt, was er davon hält: Kleinkinderkleidung und nichts für „junge Damen“ so wie Alex sie wahrnahm. Und nein, für ihn wollte sie nicht das „Kleinkind“ sein, was sie zu Hause gerne ab und zu noch mal war, wenn sie mit Vorliebe ihre Latzhosen trug. Für ihn wollte sie schon die junge Dame sein, denn sie war sich sicher, dass er sich nicht ohne tieferen Grund neben sie gesetzt hatte. Und schließlich war sie ja auch neugierig auf ihn, auf den, der so viele Mädchen in der Klasse schon flach gelegt hatte, er der eigentlich jede habe konnte und auch bekam. Bei ihm war halt die Frage was so besonders an ihm ist. Auch wenn sie sich in den Pausen definitiv näher gekommen waren so war bislang noch nichts passiert. Auf dem Schulhof vögeln war für Alex nichts neues, Anna jedoch schüttelte sich bei dem Gedanken daran – diese Art des schnellen Sex war definitiv nichts für sie.

So versammelten sich alle wieder wie gewohnt gegen kurz nach 8 zum Unterricht. Sarah hatte noch die Gelegenheit genutzt, die kleine Abfalltüte aus dem Mülleimer in ihrem Zimmer nach unten zu bringen – doch als sie den Deckel von der Tonne in der sie gestern Abend ihren Nike Pulli und die College Jacke entsorgt hatte, hochklappte erschrak sie sehr …
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Da war der große Beutel mit Küchenabfällen, den Mama morgens heruntergebracht hatte, deutlich zu sehen. Auch die anderen Nachbarn hatten wohl die Gunst der Stunde genutzt und noch schnell ihren Müll in die schon durchaus vollgefüllten Tonnen geworfen. Doch was sie beim besten Willen nicht mehr erkennen konnte, waren ihre College-Jacke und den gelbe Nike Sweaty. Ihr Herz pochte und pochte immer stärker. Sie hob‘ Mamas Küchentüte hoch, denn darunter müssten sie doch noch zu sehen sein, doch Fehlanzeige. Ihr Herz raste – der Zeitdruck wurde größer und schon stand die nächste Nachbarin mit ‘ner Mülltüte in der Hand schon neben ihr. „Na, Schätzcken, watt suchse?“ sprach sie Sarah an. „Och – eigentlich nichts …“ antwortete Sarah verlegen, weil zugeben dass sie es sich nach ihrer Jacke und dem Pulli suchte, wollte sie jedenfalls nicht. Aber so sehr sie auch schaute, von beidem keine Spur. Sie bekam es mit der Angst zu tun: Sollte Mama etwa beides entdeckt haben? Sicherheitshalber auch noch der Blick in die anderen Tonnen aber auch dort nichts zu sehen. Die Nachbarin warf ihren Müll in eine der übervollen Tonnen, drückte den Deckel fest herunter, so dass man die in der Tonne befindlichen Müllsäcke aufplatzen hörte und ging dann kopfschüttelnd ins Haus zurück. „Die Jugend von heute …“ murmelte sie verständnislos und wunderte sich über Sarah, die immer noch mit dem Kopf über den Tonnen offenbar nach etwas suchte.

Ohne ihre Sachen noch einmal in Augenschein nehmen zu können machte sich Sarah auf in Richtung Bushaltestelle, wo sie jedoch von dem Bus den sie eigentlich nehmen wollte nur noch die Rücklichter sah. Sie hatte ihn also knapp verpasst und das auch nur, weil sie nach ihren Klamotten suchte und sie nicht mehr finden konnte. Sarah bekam panische Angst, denn ihr war klar, dass ihr Verhalten möglicherweise eine Kettenreaktion auslösen würde. Für’s zu spät kommen würde es einen Anschiss geben, das war klar, vielleicht auch einen Klassenbucheintrag – nur hoffentlich keine Benachrichtigung an die Eltern – denn dann müsste sie sich erklären, sagen, warum sie zu spät zur Schule kam obwohl sie doch pünktlich die Wohnung verlassen hatte. Dann würde sie zugeben müssen, dass sie im Müll gekramt hatte – und vor allem, wer sagt denn, dass nicht vielleicht doch Mama? Nein, der Gedanke war zu abwegig – sie war zwar noch an der Tonne, aber sie hätte doch bestimmt nicht? Oder vielleicht doch? Ihr wurde flau, sie hatte Angst, das erste Mal im Leben wieder richtige Angst, so wie damals, als sie schon einmal etwas ohne Mamas Wissen weggeschmissen hatte und dafür extremen Ärger kassiert hatte. Sie steigerte sich förmlich in etwas hinein.

Der Tag in der Schule verlief wie befürchtet: „Sarah, das war jetzt schon das dritte Mal in einem Monat, dass Du morgens zu spät warst. Ich werde das beim nächsten Elternsprechtag mal mit Deiner Mama besprechen müssen. Bitte sorge dafür, dass Deine Mama zu mir kommt – so geht das nicht jedenfalls nicht weiter!“ Ein fetter Anschiss vor versammelter Klasse, doch wenigstens nicht ein Brief an die Eltern, den sie unterschreiben lassen sollte. Von daher brauchte sie sich jedenfalls nicht schon heute zu rechtfertigen und bis zum nächsten Elternsprechtag ist es ja noch eine Weile hin. Trotzdem hatte sie immer noch panische Angst davor, doch noch ertappt zu werden – denn sie hatte ja schließlich ganz genau hingeschaut: Jacke und Pulli waren weg, wie vom Erdboden verschluckt – irgendwer muss die Sache wohl zumindest noch mal rausgeholt haben aus der Tonne, aber so voll wie die anderen Tonnen waren hätte es ihr auffallen müssen, wenn beides danach in einer anderen Tonne gelandet wäre. Schließlich standen die Tonnen ja noch auf dem Hof und waren noch nicht zur Leerung hervorgeholt worden. Sarah hatte Angst und war verzweifelt – konnte aber auch mit niemandem drüber reden.

Emma hatte nach der Schule ihre Mami endlich überreden können mit ihr zusammen in der Stadt nach einer Latzhose zu schauen, was in dreierlei Hinsicht zu einer Herausforderung werden sollte: Zunächst hieß es, überhaupt noch irgendwo Latzhosen zu finden, dann welche, die ihr gefielen und last but not least auch noch in der passenden Größe. In den Kaufhäusern und großen Modegeschäften Fehlanzeige, nichts zu machen – selbst für die kleine Schwester wären keine mehr im Angebot gewesen. Im Baumarkt gab’s zwar Arbeitslatzhosen in knallrot und entsprechendem blau – aber zum einen viel zu groß und zum anderen hätte Emma die nicht mal zur Gartenarbeit angezogen, geschweige denn zur Schule – wo sie bei Kevin Eindruck schinden wollte – oder in der Freizeit. Von daher kam diese Art Latzhosen nicht ernsthaft in Betracht.

Also weiter durch die Jeansläden – jedes Mal fragte sie nach Latzhosen und jedes Mal kam nur ein müdes Lächeln von der Verkäuferin: „Haben wir nicht …“ – „Die sind sowas von Out, die leg ich mir doch nicht mehr ins Regal …“ – „Bin froh, dass ich vor Jahren die Dinger noch zum halben Preis losgeworden bin …“ überall nur negative Nachrichten. Emma war genervt und Mama umso mehr – so schwer hatte sie sich die Suche nach ‘ner Latzhose dann doch nicht vorgestellt. Zumal: Irgendwo muss es doch welche geben, schließlich hatte Kevin ja seit einigen Wochen seine neue regelmäßig zur Schule an – vielleicht sollte sie ihn doch einfach drauf ansprechen, aber dann würde sie ja ihr Interesse bekunden, dann würde sie ja vielleicht zu sehr zeigen, dass sie auch eine haben möchte und dann wäre ja die Überraschung kaputt – denn schließlich wollte sie ja Kevin eines Morgens darin überraschen und schauen, was er sagen würde, wenn sie auch eine Latzhose tragen würde.

„Was hältst Du denn von ‘ner gebrauchten? Dann lass uns doch mal bei Kids&Teens schauen?“ Ne gebrauchte hatte Emma jetzt überhaupt nicht auf dem Radar, obwohl sie durchaus auch schon mal Sachen von der älteren Schwester zum Auftragen bekommen hatte. Aber die Sachen kannte sie halt, da wusste sie, von wem sie zuvor getragen wurden. Von anderen Kindern hatte sie nur ganz selten was bekommen und von Fremden eigentlich noch nie – jedenfalls nicht wissentlich, vielleicht hatte ihr Mama mal das ein oder andere Teil von Flohmarkt untergejubelt, aber das war wenn meist nicht groß aufgefallen. Aber Emma nickte zustimmend, zu groß war der Wunsch nach einer Latzhose und wenn’s nur eine gebrauchte ist – dann ist die wenigstens nicht so teuer, dass es nachher noch am Preis scheitern würde.

Doch auch bei Kids&Teens Fehlanzeige. „Latzhosen in Deiner Größe? Nee, haben wir nicht – hatten wir auch schon lange nicht mehr. Die gehen bei uns einfach nicht – keine Nachfrage. Und wenn mal eine dazwischen gewesen sein sollte, geht die direkt weiter ins Recycling …“ – „Ins was?“ fragte Emma neugierig. „Nach UsedTex – Altkleidersortierung und Recycling, da gehen alle Klamotten hin, die sich nicht mehr verkaufen lassen. Die sortieren dann noch mal und was nichts mehr ist, kommt dort in den Reißwolf …“ Emma schluckte und stellte sich in Gedanken vor, wie Latzhosen die sie jetzt suchte eine nach der anderen im Schredder verschwunden sind. „Mama, dann lass uns dort mal hinfahren!“ – „In einen Altkleiderladen? Das muss doch nun wirklich nicht sein, dass Du Sachen anziehst, die andere entsorgt haben!“ – „Och bitte, bitte, wenigstens mal schauen …“

„Na gut“ und so zogen die beiden weiter doch auch bei UsedTex direkt die nächste Enttäuschung.- „Latzhosen?“ – die Kassiererin schaute ungläubig daher. „Für Dich? Sag bloß, Du trägst sowas noch?“ Emma nickte und die Kassiererin lächelte „Also hier vorne bestimmt nicht – die will doch keiner mehr haben – wenn dann ganz hinten durch, wo geschreddert wird. Aber selbst da macht Euch mal keine Hoffnung, Latzhosen habe ich hier schon lange keine mehr in den Fingern gehabt – die gehen meist sofort in den Reißwolf – alles andere lohnt da nicht mehr …“ Emma schaute traurig drein – insgeheim hatte sie das ja schon fast befürchtet – zumal sie bei den anderen Mädchen und Jungen in der Schule (von Kevin und Anna mal abgesehen) schon lange keine Latzhosen mehr gesehen hatte. Aber sie versuchten es trotzdem, gingen nach hinten durch, wo man wegen des Lärms vom Reißwolf der gerade in Betrieb war kaum ein Wort sprechen geschweige denn verstehen konnte.

Emma war überwältigt, ihre Mama auch – denn beide hatten einen solchen Betrieb noch nicht von innen gesehen. „Normalerweise kommt hier hinten auch niemand Fremdes mehr hin. Die meisten suchen ja sowas exotisches erst gar nicht. Aber Latzhosen? Und dann noch in Deiner Größe? Keine Chance – hatte ich echt lange keine mehr dabei und wenn, dann geht’s schnell. Ein paar Sekunden und dann ist die vielleicht mal Lieblingsteil gewesene Stück endgültig Geschichte, da bin ich emotionslos – selbst bei noch guten Exemplaren!“ grinste die Frau, die mit ihren Händen die angelieferten Sachen aufs Förderband warf und damit der Vernichtung im Reißwolf zuführte. Emma war wie schockiert, aber auch geradezu fasziniert von dem Schredder und von dem, was da alles auf dem Förderband lag und in Nullkommanix in kleinen Fetzen wieder unten auf dem Reißwolf heraus fiel.

„Mach Dir keine Sorgen, das was hier hin kommt trägt doch eh niemand mehr – wenn wir es noch verkaufen könnten, dann würden wir das sicherlich tun. Jetzt wird da Dämmmaterial draus, für Lärmschutzwände an der Autobahn – die haben eine Wahnsinnsnachfrage in letzter Zeit und der Vorteil ist, da kann alles bunt gemischt in den Schredder.“ Und schon waren die nächsten Klamotten auf dem Förderband, alles, Jacken, Hosen, Anoraks, Pullis, Sweatshirts – wirklich alles, nur eben keine einzige Latzhose. Keine – komplette Fehlanzeige. Emma war traurig, denn was sie auf dem Förderband sah war für sie keinesfalls unverkäuflich, da wäre schon das ein oder andere spannende Teil dabei gewesen, aber sie traute sich auch nicht, danach zu fragen. Es ging eh alles so wahnsinnig schnell, so achtlos, so unaufmerksam. Emma glaubte, selbst wenn ‘ne coole Latzi dazwischen gewesen wäre, sie wäre von der Frau am Schredder nicht mal bemerkt worden, so abgestumpft wie sie reagiert hatte. „Dann frag doch Kevin, wo er seine her hat!“ meinte Emmas Mama, während sie enttäuscht nach Hause führen.

Es war Freitagmorgen geworden, der Freitag vor der Altkleidersammlung. „Anna – Du musst heute ausnahmsweise mal Deine alte Edwin-Jeans zur Schule anziehen, die Du sonst nachmittags zur Gruppenstunde anziehst …“ – Anna erschrak und mit leicht rotem Kopf meinte sie „Warum? Das wird schwierig …“ – „Hä, wieso denn das?“ fragte ich. „… ähm, weil, tja, hmm …“ druckste Anna herum. – „Was denn?“ – „Die ist am Montag beim Rumtoben bei drauf gegangen – als ich zu Hause war, hab ich mich umgezogen und das Ding dann in die Tonne geworfen. Die ist längst weg. Und jetzt fang bitte nicht an zu meckern …“ Machte ich auch nicht – war zwar schade um das Teil, weil die an und für sich noch ganz brauchbar war und entsprechend gut passte, aber schließlich kann so was ja auch mal passieren. Hatte mich eh gestern gewundert, dass die nicht bei den anderen Hosen von ihr dabei war.

„Dann haben wir aber jetzt ein ganz kleines Problem!“ – „Und welches? Jetzt sag bloß nicht …“ – „Doch, eigentlich nichts Schlimmes – aber ich hab‘ gestern Abend noch alle Deine Hosen in die Waschmaschine gepackt und die angeschmissen, ich wusste ja nicht, dass die Edwin im Müll ist. Du müsstest dann heute …“ Ich konnte den Satz nicht mal fertig aussprechen, da sah ich, wie sich Annas Gesichtsausdruck veränderte. „Alle Hosen? Und was soll ich dann heute anziehen?“
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

„Also im Jogginganzug gehst Du mir nicht in die Schule – für kurze Hose ist es auch schon viel zu kalt, da wirst Du wohl oder übel noch mal Deine Ledersachen anziehen müssen. Die hast Du ja sonst auch schon öfters zur Schule angehabt …“ Den Vorfall mit Kevin beim Sportunterricht ließ ich dabei geflissentlich unter den Tisch fallen – ich wollte bei Anna ja keine frisch verheilten Wunden wieder aufreißen. Anna zögerte, war sich unsicher – vielleicht sollte das ja auch noch ein finaler Test sein, wie die dunkelbraune Kunstleder-Latzhose und der dazu passende Kunstleder-Anorak mir hellem Teddyfutter noch passt und sitzt.

Anna hatte Angst – denn schließlich war ja am nächsten Tag Altkleidersammlung und ihr war klar, wenn jetzt Hose oder Jacke doch nicht mehr so gut passen würden, könnte ich ja durchaus auf die Idee kommen, doch noch ihre Latzhosen mit in den Sack packen zu wollen. Denn warum sollten wir Klamotten, die nicht mehr passen und auch nicht mehr von anderen Kindern getragen werden können, noch verwahren. Und schließlich war sich Anna durchaus auch bewusst darüber, wie grenzwertig ihre Lederkombination doch inzwischen schon aussah.

Sie sah mich mit großen Dackelaugen an und murmelte „Ich weiß nicht – hast Du denn nichts anderes was ich stattdessen anziehen könnte?“ – „Nee, nicht wirklich – und beeil Dich, es ist schon spät! Nicht dass Du noch den Bus verpasst!“ Ich spürte geradezu Annas Unsicherheit – nicht nur in Bezug auf das „Noch passen können“ sondern auf etwas anderes. Ich vermutete, dass es Kevin sein könnte, der ihr Sorge bereitete, aber zum Glück stand heute kein Sport auf dem Stundenplan. Und ob sich Kevin noch mal trauen würde, nein das war für mich ausgeschlossen. Anna zog sich langsam an, ich hatte den Eindruck sie drömelte richtig herum. Alles dauerte länger als gewöhnlich – Unterwäsche, Strumpfhose, T-Shirt – eine gefühlte Ewigkeit bis sie endlich ihre Latzhose griff und hineinschlüpfte. Der Norwegerpulli, den sie immer zu der Hose trug, passte schon lange nicht mehr für drunter, dafür war die Hose einfach zu eng.

Und heute saß sie abermals wieder ein kleines Stückchen enger und knackiger – was in Summe gar nicht mal schlecht aussah. Eigentlich war sie schon grenzwertig eng, fast schon zu eng und ich hoffte nur, dass sie beim Hinsetzen nicht irgendwo am Hintern aufplatzt und dann endgültig reif für die Tonne wäre. Aber da sowohl das Kunstleder (auch wenn es inzwischen entsprechend abgenutzt war) und auch die Nähte einen hochwertigen Eindruck machten, war meine Sorge offenbar doch unberechtigt. Von der Verarbeitung und der Qualität her war die Latzhose deutlich besser als die schwarze, die sie damals von Marie mitgebracht hatte.

Zu Marie hatte der Kontakt komischerweise etwas nachgelassen, was vielleicht auch daran lag, dass Marie jetzt ihre Sachen solange trug, bis sie nicht mehr zum weiter verschenken geeignet waren. Dass ihre Anziehsachen zu klein wurden, kam so gut wie nicht mehr vor. Hin und wieder trafen sich beide noch mal, aber halt in letzter Zeit deutlich seltener. Ich wollte auch nicht groß nachfragen, Anna wird schon ihre Gründe dafür haben oder vielleicht haben sich beide auch etwas auseinander gelebt oder der Altersunterschied spielte auf einmal eine größere Rolle, oder, oder, oder. Solange sie nichts sagte und solange sie ab und an mal miteinander telefonierten oder sich trafen sah ich auch keinen Grund zur Besorgnis. Ich mochte Marie und konnte mir sogar inzwischen das ein oder andere Sweatshirt von Marie auch gut bei Anna vorstellen, aber auf der anderen Seite sah ich diese Lieblingsteile auch immer wieder bei ihr – und ich musste feststellen, dass die durch häufiges Waschen dann doch langsam aber sicher unschön wurden. Und selbst ein cooler Adidas Pulli ist nach gefühlten tausend Mal waschen eigentlich auch nur noch reif für die Entsorgung – auch wenn es Anna oder mir nichts ausmachte, aber in die Rolle des Schenkenden hineinversetzt würde ich es mir genauso überlegen, ob ich völlig fertige Anziehsachen noch anderen Kindern, die ich kenne, zumuten möchte.

Und in genau dem Zustand war Annas Kunstleder-Latzhose inzwischen schon seit geraumer Zeit – und auch der dazu passende Anorak aus gleichem Material hatte seine besten Zeiten definitiv hinter sich. Bevor sie sich den Norweger drüber zog nahm ich Anna in den Arm, versuchte sie zu trösten (wohl wissend dass ich ja immer noch Katrins antikbraune Echtleder-Latzhose im Schrank liegen hatte, von der Anna bislang noch nichts wusste): „Mach Dir keine Sorgen Anna, auch wenn Deine jetzt doch sehr knapp und eng ist – ich schmeiß die schon nicht mit weg …“ – „Darum geht’s doch gar Mama – ob jetzt oder später ist doch eigentlich scheiß egal. Irgendwann wird sie mir überhaupt nicht mehr passen und die Jacke bestimmt auch nicht, und dann? Dann geht sie früher oder später doch in den Sack – und meinst Du, die sortiert noch mal jemand aus? Die zieht doch niemand mehr an, da bin ich mir sicher. Die gehen ohne großes Bohei in den Schredder, zusammen mit meinen anderen beiden Latzhosen – und dann?“

„Tja, dann sind die halt mit weg – Du kannst doch niemand anderen zwingen, die Sachen nochmal zu tragen! Und selbst, wenn wir die verschenken würden, wer garantiert Dir denn, dass die dort noch angezogen werden? Ich wette mit Dir, die meisten anderen Mamis, die die Latzhosen und den Lederanorak für ihre Kids geschenkt bekämen würden die auch nur noch sofort in den Altkleidersack oder in die Tonne werfen. Die machen auch nur kurzen Prozess damit, ich glaub nicht mal, dass deren Kids die überhaupt zu sehen bekämen …“

„Hast auch wieder Recht, Mami!“ Zustimmung von Anna war in letzter Zeit auch immer seltener geworden, aber bei dem Thema waren wir beide uns einig. „Irgendwie sind die anderen da viel pingeliger, warum auch immer. Ich hab‘ mich jedenfalls immer gefreut, wenn ich was geschenkt bekommen habe, was sonst vielleicht auch im Reißwolf oder im Müll gelandet wäre und nicht so wie Saskia, die Kevins Lieblingskapuzennicki nur noch für Montags zum Kunstunterricht aufträgt. So wie ich die kenne, würde sie den auch am liebsten morgen mit in den Sack stopfen – die weiß gar nicht Wert zu schätzen, was für’n cooles Teil sie da noch tragen darf. Und garantiert, meine Latzhosen würde die bestimmt auch nicht anziehen – für kein Geld in der Welt. Und Peter? Nöö, den könnte ich mir in den Dingern auch nicht vorstellen –und wenn, dann sind die nach einem Nachmittag eh reif für die Tonne – Jungs halt!“

Nach dem kurzen Frühstück zog Anna noch den passenden Kunstleder-Anorak an, der auch schon inzwischen reichlich knapp saß. Auch der würde den nächsten Winter nicht mehr erleben, so viel stand jetzt schon fest. Aber solange der Reißverschluss noch zu ging war alles andere egal. Mit etwas mulmigem Gefühl, das sie jedoch nicht näher beschreiben konnte zischte sie ab. „Übrigens, darf ich morgen Abend auf Alex Party? Mami, bitte – da dürfen alle aus der Klasse hin! Dann bräuchte ich allerdings noch etwas Kohle von Dir, will mir noch was Schönes zum Anziehen kaufen! In Lederhose gehe ich da bestimmt nicht hin …“

Die anderen Jungs in Annas Klasse hatten allesamt ein großes Hobby: Fußball. Die Mädels in der Klasse schienen reifer zu sein, hatten einen kleinen Vorsprung vor den Jungs und kleideten sich entsprechend damenhafter. Sie legten deutlich mehr Wert auf ihr Äußeres, achteten mehr auf Klamotten und Schuhe. Manche von Ihnen schminkten sich sogar schon für zur Schule, trugen Schmuck und hatten nur eines im Kopf: Jungs! Die, die beim Fußball als erstes gewählt wurden oder gar die Mannschaften zusammenstellen durften, lagen besonders hoch im Kurs. Allen voran natürlich Alex, der auch keinen Hehl daraus machte, sich schon fast durch die ganzen Mädels der Klasse durchgevögelt zu haben.

Auch Emma verspürte den Wunsch nach Zärtlichkeit in sich, aber Alex, nein No-Go, never, ever. Zum Glück sah Alex das genauso, denn das zarte Mauerblümchen passte keinesfalls in sein Beuteschema. Dummerweise hatte sie das Gefühl, bei keinem der Jungs der Klasse ins Beuteschema zu passen. Ob es an ihrem Äußeren lag, an ihrem Kleidungsstil oder an ihrer extremen Introvertiertheit wusste sie nicht, sie machte alles drei dafür verantwortlich, machte aber keinerlei Anstalten auch nur eines davon zu verändern. Wobei ihr Kevin mit seiner Latzhose durchaus gefiel. Sie hatte ihn und Anna am Rande beobachtet, mitbekommen, dass beide zusammen waren aber inzwischen halt nicht mehr und dass Kevin immer ganz besonders fasziniert war, wenn Anna zur Schule in Latzhose erschein. Und ob es nun Annas Charakter war, ihr Äußeres oder ihre Latzhosen – auch da war sie sich nicht sicher, was Kevin am meisten mochte. Sie hatte jedenfalls Hoffnung, dass wenn sie auch mal in Latzhose zur Schule käme er sich vielleicht auch etwas mehr für sie interessieren würde.

Aber dazu bräuchte sie halt erst mal eine solche Hose – der Einkaufsbummel mit Mama durch die Geschäfte der Stadt und durch die Second Hand Shops war Fehlanzeige, keine Latzhosen weit und breit. Und die, die wenn überhaupt mal bei UsedTex auftauchten waren innerhalb kürzester Zeit Geschichte, in tausend kleine Fetzten im Reißwolf geschreddert, so lautete das harte, aber durchaus gerechte Urteil dafür. Nichts zu machen, weder für Geld noch für gute Worte (extra verwahren tun wir sowas nicht – da bleiben wir dann doch nur drauf sitzen war die Antwort der Frau, die bei UsedTex die Sachen in den Schredder beförderte).

Kevin war heute mal wieder in normalen Hosen zur Schule, Heike bestand darauf, seine Latzhose die er schon tagelang getragen hatte, mit den anderen Jeanshosen heute zu waschen. Trotzdem fasste sich Emma ein Herz und fragte Kevin in der ersten kleinen Pause: „Du, sag mal … Wo hast Du eigentlich Deine Latzhose her?“ Kevin war erstaunt dass ausgerechnet Emma sich für die Herkunft seiner Latzjeans interessierte. „Keine Ahnung – hat Mama mir mitgebracht. War vor ein paar Monaten bei dem Päckchen mit neuen Anziehsachen dazwischen. Müsste ich Mama mal fragen …“ – „Oh, bitte ja – mach das mal! Und Danke!“ Und schon war Emma auch wieder verschwunden ohne dass Kevin weiter nachfragen konnte. Dass Emma sich auch für Latzhosen interessierte, erstaunte ihn sehr. Wo die doch bei Emma bestimmt total blöd aussehen – nein, in Latzhosen konnte er sie sich immer noch nicht so richtig vorstellen. Er konnte sich nicht mal vorstellen, dass sie welche anziehen würde.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Ein wenig kürzer als normal, aber auf Wunsch eines einzelnen Forumsteilnehmers ... :mrgreen:

Kevin selbst jedoch war völlig aus dem Häuschen, dass er Anna noch mal in geliebter Lederhose sehen durfte, obwohl sie ja leider den dicken warmen Norwegerpulli drübergezogen hatte und damit den Blick auf den doch so geilen Rückenlatz versperrte. Komischerweise war es heute in der Klasse viel wärmer als sonst – so als hätte jemand die Heizung, die in den letzten kalten Tagen den Klassenraum kaum noch erwärmen konnte, repariert und wäre bei der Temperaturdosierung weit übers Ziel hinausgeschossen. Aber noch traute er sich nichts zu sagen, noch schämte er sich viel zu sehr für das was beim Sportunterricht passiert war und immer noch gab’s vereinzelt blöde Sprüche oder Kommentare, besonders dann, wenn er selber offensichtlich seine Latzi zur Schule an hatte. Aber das störte ihn nicht weiter, er war zufrieden mit sich selbst obwohl er Anna doch schmerzlich vermisste. Jedoch war er sich genauso sicher, dass sie ihm einen Riesenkorb geben würde, dass sie ihm das, was er gemacht bzw. dann doch nicht gemacht niemals im Leben verzeihen würde. Insbesondere für Anna würde er wohl immer der kleine Wichser bleiben, der eigentlich nur auf Annas Lederlatzhose abfuhr. Dass es in Wahrheit aber ganz andere Qualitäten waren, die er an ihr möchte, würde sie vielleicht nie mehr erkennen.

So schaute er die ersten beiden Stunden genussvoll auf Annas Rücken und stellte sich vor, wie geil es doch wäre, wenn sie endlich den Norweger ausziehen würde und damit den Blick für ihn auf den Rückenlatz freimachen würde. Denn dass es eine Latzhose war und die ausgerechnet noch in Kunstleder, das war was ihn begeisterte, was dafür sorgte, dass es im Genitalbereich extrem stark zu kribbeln begann und sein Glied hart wie ein Brett wurde. Ihm war äußerst wohl bei dem Anblick und auch die Gefühle, die über ihn kamen lösten innerliche Freunde bei ihm aus. Er war sich sicher, Anna würde am Montag garantiert wieder eine langweilige, stinknormale Jeans tragen. Vermutlich würde sie heute Nachmittag nach der Schule beides in den Altkleidersack stopfen – oder vielleicht auch stopfen müssen. Vielleicht – so dachte Kevin verträumt in seinen Gedanken – vielleicht würde ich ihr auch beides abnehmen um es in der Altkleidersammlung zu entsorgen. So wie beides aussah und passte machte sich Kevin echt nicht mehr viele Hoffnungen. Im Gegenteil, er war innerlich dankbar dafür, dass er Anna so (vielleicht ein letztes Mal) noch mal sehen durfte. Am liebsten wäre er in der großen Pause auf Toilette gegangen, hätte seinen Gedanken freien Lauf gelassen, aber dann wäre dieser wunderbare Zauber, diese Erregung schlagartig vorbei gewesen. Also genoss er das, was er sah, war abgelenkt, unkonzentriert und konnte auf die Fragen der Lehrerin entsprechend auch nichts antworten. Er war wieder mal aufgefallen, negativ aufgefallen und man hörte die anderen in der Klasse schon wieder tuscheln …

„Du magst Anna immer noch, nicht wahr?“ quatschte Emma ihn leise an. „Wie kommst Du denn da drauf?“ meinte Kevin locker, fast schon etwas patzig. „Na, Du schaust unentwegt zu ihr hin – Du bist doch hin- und weg! Oder nur, weil sie ‘ne Lederhose trägt?“ „Ne Lederlatzhose …“ korrigierte Kevin frech. – „Und die macht Dich so wuschig?“ – „Mmmhhh“ nickte er ohne zu bemerken, dass er sich gerade um Kopf und Kragen redete. „Ehrlich gesagt, so eine hätte ich auch gerne – aber Mama erlaubt mir keine Lederhosen mehr. Und erst recht keine Lederlatzhose …“ ergänzte Kevin leise, damit es nicht weiter auffiel, dass sie beide im Unterricht quatschten. Emma schaute erstaunt zu Kevin rüber, musterte ihn kurz von oben bis unten – so als ob sie ihn sich in dem Outfit vorstellen wollte. In normaler Latzhose mochte sie ihn sehr, da sah er so niedlich, so unschuldig aus – aber trotzdem irgendwie frech und anders, anders als die anderen langweiligen Jungs in der Klasse, die nur Fußballspielen im Kopf hatten. Sie merkte wieder ganz deutlich, was für Latzhosen für Kevin bedeuteten und wenn sie überhaupt eine Chance bei ihm haben würde, dann in Latzhosen – wobei sie natürlich auch befürchtete von ihm gänzlich ausgelacht zu werden, weil sie in Latzhosen vielleicht ganz anders aussieht als Anna, zu der diese extrem gut und ausgewogen aussahen. Ihr standen sie auf jeden Fall und auch Kevin war die Sorte Jungs, die darin zum Anbeißen süß aussahen. Aber sie? Schließlich hatte sie noch nie welche und von daher war sie sich auch äußerst unsicher, wie sie darin aussehen würde.

Anna selbst fühlte sich unwohl in den alten Klamotten – es kam ihr vor wie eine Strafe, ohne dass sie etwas ausgefressen hatte. Auf der einen Seite hatte sie immer gerne Ledersachen getragen, andererseits waren Hose und Anorak auch typische Kinderkleidung – und als solches fühlte sie sich ja inzwischen nicht mehr. Sie mochte ihren neuen, modischen Klamotten, die Jeans, die coolen Sweatshirts und die College-Jacke, die sich gekauft hatte viel mehr leiden als die praktischen Sachen, die zudem noch billig wirkten, denn immerhin war beides ja nicht mal echtes Leder (was sie dann noch halbwegs als edel empfunden hätte). Sie überlegte ernsthaft, ob sie nicht doch für morgen die alten Sachen mit in den Sack stopfen sollte, quasi als Schnitt – die geliebte Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen, nach vorne zu schauen und einen großen Schritt in Richtung Erwachsen werden zu tun. Aber dann überwog auch wieder das Praktische in ihr: Die Kunstlederkombi war natürlich bei Regenwetter unschlagbar und diesen Winter würde es bestimmt wieder Schnee geben und dann wird wieder der Schlitten zum Rodeln rausgeholt – Tradition halt, die unabhängig vom Alter ist. Oder ab auf die Eisbahn – und da ihr Skioverall, den sie sonst für solche Gelegenheiten an hatte, schon lange zu klein und dementsprechend auch schon entsorgt worden war, wäre die Kunstlederhose und der Anorak dafür natürlich geradezu ideal.

Alex war erstaunt über Annas Outfit. Er schaute sie strafend an als wenn er sagen wollte „Du sag mal, wie läufst Du denn herum. So was trägt man doch nicht mehr in Deinem Alter … Na, zumindest trägst Du den Pulli drüber, dann sieht’s nicht ganz so schlimm aus!“ Das war genau das, was Anna jetzt brauchte – statt aufmunternder Worte, dass sie ihr alten Sachen noch mal zur Schule anziehen musste und mal höflich nachzufragen, warum sie denn ihre Lederhose an hatte, wurde sofort rumgemeckert. Jetzt fehlt nur noch ein passender Spruch von Kevin und das Fass läuft über – Anna war geladen, fast kurz vor der Explosion. „Sach mal, seit wann geht Dich das was an, was ich zur Schule anziehe?“ fragst sie Alex schnauben. „Ich mein ja nur – nicht dass Du morgen so zur Party kommst! Du kommst doch, oder?“ – „Weiß nicht, denke schon – und zur Party zieh‘ ich die Sachen eh nicht an! Vielleicht kauf ich mir heute Nachmittag noch was Schönes für Dich!“ Sie warf ihm ein Küsschen zu, Alex grinste und freute sich darüber, dass Anna wohl kommen würde. Er war gespannt, wer noch so alles kommen würde – schließlich war es das erste Mal, dass er zu einer Party einladen durfte. Und klar, er hatte natürlich auch einen Hintergedanken: Liebend gerne würde er Anna vernaschen – aber das geht ja nicht in alter Kinderkleidung – schließlich sind Kinder ja nicht sein Beuteschema. Auch Anna merkte, was ihr bevor stand – sie war neugierig und aufgeregt – aber auch unsicher, ob sie überhaupt kommen sollte und was sie sich chices zum Anziehen kaufen sollte. Die Geschäfte waren voll mit cooler Teenskleidung – ihr Budget jedoch ziemlich beschränkt. Für ‘ne Jeans und ein Sweaty sollte es aber dennoch reichen.

Nach der großen Pause packte sich Kevin ein Herz, ging auf Anna zu und meinte: „Du schwitzt ja richtig! Ist Dir das nicht heute zu warm mit dem dicken Pulli?“ Anna sah in Kevins Augen, die traurig aussahen – aber dennoch ehrlich. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit einem solchen Spruch den sie als klares „zieh gefälligst Deinen Pulli aus und mach für mich den Blick auf Deine Latzhose frei“ interpretierte. Ohne ein Wort zu sagen ging sie wieder zu ihrem Platz, setzte sich und beließ den dicken Winterpulli in dem sie zunehmend mehr schwitzte weiter an. Nein, sie ließ sich nicht beirren, wollte sich partout nicht von ihrer Schokoladenseite zeigen. Kevin war traurig über ihre Reaktion, wusste auch nicht so recht, was er machen sollte.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Er setzte sich wieder – sichtbar frustriert – neben Emma, die ihn beim Gespräch mit Anna beobachtet hatte. „Das ist aber auch wirklich heute sehr warm – da würde ich auch den Pullover drüber ausziehen!“ bestätigte sie sein Anliegen und seinen durchaus freundlich gemeinten Hinweis. Doch Anna blieb eisern – sie schwitze deutlich sichtbar und man merke auch, dass es ihr zu warm war – aber deshalb den Pulli ausziehen? Nein, das kam nicht in Frage, den Gefallen tat Anna ihm nicht. So behielt sie bis zum Unterrichtsschluss nach der 6. Stunde den Pulli an, zog nach dem Schellen der Schulglocke ihren Anorak an und machte sich auf den Weg zum Bus, wo sie auf Kevin und Emma stieß, die gemeinsam zusammen zur Haltestelle gelaufen waren. „Also ich find‘ ja Deine Lederhose und den Anorak echt total cool – passt Dir richtig gut, Anna! Wo hast Du die eigentlich her?“ fragte Emma neugierig und Anna war überrascht, dass sich auch Emma auf einmal für ihre Ledersachen interessierte. „Ist altes Zeugs – hat Mama mir mal mitgebracht …“ antwortete sie kurz und knapp und signalisierte, dass sie eigentlich keinen Bock hatte, darüber zu sprechen.

Emma merkte das sofort und hielt sich zurück, während Kevin neugierig fragte: „Morgen ist wieder Altkleidersammlung! Hilft da jemand von Euch mit?“ Anna schüttelte wortlos mit dem Kopf während Emma neugierig war und sagte: „Hört sich spannend an, was ist denn da zu tun?“ Und schon fing Kevin an zu erzählen: „Wir treffen uns um 8 Uhr morgens, dann fahren wir mit ‘nem Transporter oder ‘nem LKW durch die Straßen und sammeln die Säcke und Tüten mit Altkleidern ein, die die Leute vor die Tür gestellt haben. Wird bestimmt lustig!“ – „Cool, ich frag Mama mal und wenn ich darf, komme ich gerne!“ Kevin traute sich natürlich nicht, Anna zu fragen, was sie denn mit ihren Sachen machen würde. Nein, er wollte ihr nicht den entscheidenden Wink dafür geben, ihre Latzhosen mit in den Sack zu stopfen. Und dessen war er sich sicher, ein falsches Wort und Anna rastet unweigerlich aus. Die Luft war immer noch sehr explosiv. „Ich hab‘ für sowas keinen Bock!“ erwiderte Anna ungefragt. „Ich schlaf morgen lieber lange aus …“

Zu Hause angekommen ließ Emma nicht locker: „Mama, hast Du nicht doch noch ‘ne Idee, wo ich ‘ne Latzhose herbekommen könnte? Kennst Du echt niemanden, der eine haben könnte die mir passt?“ Emmas Mama merkte, dass es ihr ernst war – warum auch immer konnte sie jedenfalls nicht nachvollziehen. Schüchtern wie sie nun mal war kam sie auch nicht weiter aus sich raus. Mehr als ein „find ich cool – möchte ich gerne haben“ kam als Argument nicht aus ihr heraus. In Gedanken ging Emmas Mama den Freundes- und Bekanntenkreis durch, wer da irgendwann mal alles in Emmas Alter eine Latzhose gehabt haben und wen sie vielleicht da mal drauf ansprechen könnte, doch da es lange her war, dass Latzhosen mal richtig „in“ waren fiel ihr entweder niemand ein oder die Chancen waren so gering, dass sie vermutete, sie wären längst entsorgt worden. „Nee, Du echt – leider nicht. Aber wenn Du wirklich magst, halte ich mal Augen und Ohren offen. Vielleicht läuft mir ja doch noch mal eine über den Weg – aber die wird dann aber auch angezogen! Nicht, dass ich die nachher wieder ungetragen mit wegschmeißen kann!“

Auch Emma wusste niemanden, den sie hätte auf Latzhosen ansprechen können. Und da sie etwas größer und vor allem kräftiger als Anna war, brauchte sie es bei ihr auch nicht zu versuchen. Nur allzu gerne hätte sie den kurzen Weg gewählt, Anna drauf angesprochen „Du hör‘ mal – ich mag Deine Latzis – nicht dass Du auf die Idee kommst, die zu entsorgen, die müssten mir doch noch gut passen …“. So wäre es ihr am liebsten gewesen, wobei sie die Lederhose bestimmt nicht hätte anziehen dürfen, selbst wenn sie ihr gepasst hätte. Das hätte Mama niemals erlaubt, hatte sie ja damals schon nicht, als ihre große Schwester unbedingt eine haben wollte. „Das ist nichts für große Kinder …“ meinte Mama damals und damit war der Fall erledigt. Emma wusste, wenn Mama einmal eine Meinung hat, dann ändert sie die auch nicht. Von daher war ihr auch klar, dass sie sich nicht noch einmal großartig um eine Latzhose für sie kümmern würde – und das war sie schließlich ja auch selber schuld. Hätte sie nicht so mit den Füßen getrampelt, weil ihr die mitgebrachte nicht gefallen hatte so wäre das jetzt durchaus einfacher. Aber vielleicht hat Mama ja doch noch eine Idee, oder im nächsten Kleidungspäckchen, was ab und zu aber insgesamt doch recht selten mal von ihrer Cousine kommt, die in etwa so alt ist wie ihre große Schwester, ist zufälligerweise doch noch mal eine drin. Sie meinte sich erinnern zu können, dass sie mal eine zu Besuch an hatte, aber das war auch schon gut ein paar Jahre her. „Ob die vielleicht noch existiert und ob sie ihr dann passen würde, keine Ahnung. Einfach mal Cousinchen beim nächsten Treffen drauf ansprechen …“ dachte sie hoffnungsvoll.

Anna kam genervt nach Hause, hatte es doch auf den letzten Metern von der Bushaltestelle bis zur Haustür noch mal kräftigst angefangen zu regnen. Mit normalem Zeugs wäre sie jetzt klatschnass bis auf die Haut, so hatten Kunstlederjacke und –hose den Regen gut abgefangen. Sie war immer noch hin- und hergerissen nach den Erlebnissen heute in der Schule. Von Kevin fühlte sie sich bestätigt – die letzten Tage seit dem Vorfall im Sportunterricht gab’s nie mehr als ein kurzes „Hallo“ von ihm, keine Entschuldigung, keine Annäherung, kein Nichts. Nur heute, wo sie wieder in den alten Lederklamotten zur Schule kam direkt ein blöder Spruch von ihm. Als wenn sie es nicht selbst gemerkt hätte, dass es für den dicken Norwegerpulli viel zu warm war – aber es reichte ihr schon, sich in Lederhose zeigen zu müssen. Dann auch noch den Latz zu präsentieren wäre echt zu viel des Guten gewesen. Und nicht nur wegen Kevin, nein sie wusste auch, dass Alex gerade diese Art Klamotten überhaupt nicht mag. Zwei Jungs, zwei Extreme wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten: Der eine wurde wuschig, wenn sie Leder trug – für den anderen war es billigste Kinderkleidung, die in Annas Alter völlig tabu sind. Und da sie mehr nach vorne als zurück schaute, war ihr eigentlich klar, dass sie sich so nicht mehr in der Schule blicken lassen konnte. zumal ihr Alex auch klipp und klar verdeutlicht hatte, was er von ihrem Outfit hielt.

Zu Hause angekommen zog sie die Jacke aus und hängte sie ordentlich über die Garderobe. Den Norweger warf sie in die Ecke ihres Zimmers und kam zu mir in die Küche. „Gut schaust Du aus! Wie war Dein Tag in der Schule?“ – „Anstrengend, Mama – und warm. Die Heizung in der Klasse lief auf volle Pulle!“ – „Hast Du dann wenigstens Deinen Pulli solange ausgezogen?“ – „Nööö, dann hätten ja wieder alle meine Latzhose gesehen!“ – „Na und, die kennen die doch eh schon alle?“ – „Neee, Mami, offen sichtbar geht das nicht mehr in meinem Alter!“ grinste Anna. „Ach quatsch, stell Dich nicht so an – Latzhosen gehen in jedem Alter …“ erwiderte ich, worauf Anna bemerkte, dass ich auch mal wieder meine alte, verwaschene Latzhose angezogen hatte. „Dir stehen die ja auch!“ antwortete Anna trocken. „Aber mir? Ich weiß nicht. Wobei – bei dem Regen vorhin war die echt cool. Ich trag die halt solange es noch geht und dann mal abwarten.“ Obwohl ich nicht sonderlich für „mal abwarten“ zu haben war – denn was zu klein war und nicht mehr passte, oder gar kaputt war ist eindeutig ein Fall für den Altkleidersack oder die Mülltonne und wird bei mir nicht noch lange im Kleiderschrank aufbewahrt. Von daher würde sich Anna wohl also spätestens im nächsten Frühjahr/Frühsommer von ihren Latzhosen trennen dürfen, denn ich ging nicht davon aus, dass sie noch deutlich länger passen würden. Aber wer weiß und der Blick allein in die Glaskugel ist dabei auch nicht immer zielführend.

Ich jedenfalls hatte bei dem Schmuddelwetter die letzten Tage über wieder meinen alten C&A Ski-Anorak an, der auch mal wieder reif für die Waschmaschine wäre. Wobei ich den eigentlich äußerst selten in die Wäsche gebe, zumal er eh nicht mehr der neueste und schönste ist. So richtig gut abgetragen halt, auch etwas knapp – aber gerade das macht ihn halt auch aus. Schlabberlook bei solchen Anoraks wirkt einfach nicht. Und ihn einfach loszulassen, ihm seinem Schicksal in der Altkleidersammlung überlassen, nein das konnte und wollte ich echt nicht. Ich hing an diesem Teil wie an kaum einem anderen, warum weiß ich eigentlich auch nicht – wahrscheinlich liegt es daran, dass es für mich noch ein Teil hinübergerettete Kindheit und Jugend ist, ein Teil, dass meine Mama damals nicht bekommen hat um es lieblos zu entsorgen, wie viele andere Teile, die einfach damals von heute auf morgen nicht mehr da waren oder erst gar nicht den Weg zu mir in den Kleiderschrank fanden. Sachen, die ich immer nur neidisch bei anderen sah, wie sie dort oft und gerne getragen, dann immer seltener (oder was auch vorkam schlagartig nicht mehr) und dann langsam aber sicher ihre letzte Reise angetreten hatten. Da von den anderen in der Schule viele auch gebrauchtes trugen, war mir eigentlich von vorn herein klar, die meisten Sachen irgendwann über die Regenbogenbrücke gingen.

So wie die –Jeans-Latzhose, die ein Schulfreund damals auf der Ferienfreizeit mit hatte. „Ach, die könnte ich ja auch mal anziehen“ meinte er und schlüpfte hinein – durfte sie aber danach unmittelbar wieder ausziehen, weil bei der ersten kleinsten Bewegung, die er in der alten, abgetragenen und viel zu engen Latzhose gemacht hatte, die Naht am Po einmal sauber von oben bis unten aufgeplatzt war. Obwohl er noch jüngere Geschwister hatte war das Teil wahrscheinlich für die Tonne und nicht mehr für Mamis Flickkästchen und die Kleinen zur Endverwertung. Wobei, ich hab‘ damals nie gefragt, mich auch nicht getraut, nie erfahren woher er sie hatte, warum er sie mit bekommen hat und was letztlich draus geworden ist bzw. was Mamas Reaktion auf das „Arsch aufreißen“ war. Oder der andere Schulfreund, der eines Samstags (ja, zu meiner Schulzeit war Samstags Unterricht noch üblich) in der völlig verwaschenen Pioneer Latzjeans seiner großen Schwester zum Unterricht erschein. Ein geiles, abgeliebtes Teil, von dem ich auch nur in Erfahrung bringen konnte, dass es von seiner Schwester war. Ob er die Latzi danach noch weiter getragen hat, weiß ich nicht – auch hier habe ich mich damals nicht zu fragen getraut – ich fürchte aber, dass er sie auch nicht sonderlich gemocht hat (sonst hätte er sie vielleicht doch noch öfters zur Schule angezogen).

Manchmal ärgere ich mich heute darüber, dass ich nicht neugieriger war – aber was hätte das auch genutzt? Altkleider anschleppen, die einem selbst nicht mehr gepasst hätten, Sachen, die man eigentlich nicht mehr anziehen konnte sammeln und verwahren – wenn man sie überhaupt bekommen hätte? Denn den richtigen Zeitpunkt zu erwischen stelle ich mir auch heute noch immer sehr schwer vor. Wann fragst Du denn? Und vor allem warum? Was wird der andere denken, wenn Du offen und ehrlich fragst „Was machst Du denn mit Deiner Latzhose, wenn sie Dir nicht mehr passt?“ Wobei die meisten Sachen eh zumindest bei den Jungs solange getragen wurden, die man zu Hause auf dem Teppichboden die Knie der Hosen durchgerutscht hatte. Das war im Regelfall dann das schnelle und spontane Ende – denn meist waren sie dann vom Zustand her eh schon so fertig, dass sich Flicken (was übrigens sehr verpönt war) nicht mehr lohnte. Wer ging schon gerne mit Hosen die an den Knien geflickt waren, zur Schule? Für Freizeit ja, und was heute absolut in ist, war damals genauso No-Go. Da haben sich die Zeiten durchaus gewandelt, ob jedoch zum Positiven wage ich zu bezweifeln.

Als Kevin nach Hause kam, lag der Adidas Jogger den er gerne zum Onanieren auf dem Bett anzog, nicht mehr auf der Treppe. Er machte sich allerdings auch keine großen Gedanken darüber, Heike wird ihn sicherlich nur mit zum Waschen in den Keller genommen haben. Genauso wie seine Latzhose, die er eigentlich gerne morgen zum Altkleidersammeln angezogen hätte – weil die für so etwas einfach nur total bequem ist. Ein kurzes „Die ist noch im Waschkeller …“ ließ seine Träume zerplatzen. „Musst Du eine von Deinen normalen Jeans anziehen – ist doch eh egal, oder?“ Heike fühlte sich sowieso etwas genervt davon, dass Kevin in letzter Zeit fast jede Woche – zumindest für zu Hause – in der Latzhose herumlief. Ans Onanieren hatte sie sich so langsam gewöhnt – soll er halt machen, solange er ihr dabei nicht ständig auf den Geist geht, wann dieses oder jedes endlich wieder vom Waschen zurück wäre.

So legte er sich auch heute wieder nach der Schule als erstes aufs Bett. Da der Jogger nicht mehr auf der Treppe lag und die Latzhose noch im Waschkeller verweilte, zog er seine Jeans, die er zur Schule an hatte aus und einen von den Sprintershorts an, die von den älteren, die die schon wieder etwas enger saßen. Zum Glück hatte er noch welche ohne den lästigen Innenslip und ohne den Einschnitt im mittleren Adidas Streifen, solche, die wirklich schön hauteng saßen. So wie seine kurze Lederhose zum Schluss. Sicherheitshalber trug er noch Unterwäsche drunter, direkt in die Short wichsen wäre doch zu auffällig gewesen – das hätte wieder Ärger gegeben und Mama hätte beim nächsten Einkauf die größeren mitgebracht, die mit dem Schlitz und den Innenslips – die die anderen in der Klasse zum Teil schon trugen, die aber langweilig aussahen, weil sie eben nicht so schön hauteng saßen.

Heute war ein ganz besonderer Tag für ihn und er war sich völlig im Klaren darüber, dass seine geilen Gedanken in den nächsten Minuten in einen Orgasmus übergehen würden, wie er ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Der Gedanke an Anna ließ sein Glied anschwellen, er streichelte es vorsichtig – schließlich wollte er ja den Organismus so lange wie nur eben möglich hinauszögern, um an alle potenziellen Altkleiderkandidaten mindestens noch einmal denken zu können. Klar, in erster Linie waren das mal Annas Ledersachen. Die Latzhose aus eigentlich billigem Polyurethan, einem wunderbar weichen, feuchtigkeitsundurchlässigem Kunstleder, was durchaus recht empfindlich war. Aber es war im Vergleich zum PVC, was auch gerne mal bei Kunstlederklamotten verwendet wird, extrem weich und nicht so plastikhaft – ein Material halt, aus dem auch seine Kunstlederhose war, die er nie tragen durfte, die obwohl sie neu war nicht mal mehr zu Saskia weitergereicht wurde und bei der letzten Altkleidersammlung vor drei Monaten lieblos von Heike in den Müllsack gestopft wurde. Da war halt nichts zu machen …

Doch wie würde sich Anna heute entscheiden? Oder darf sie sich überhaupt entscheiden? In seinem Kopfkino herrschte ein kleiner Filmriss: Er sah erst Anna, wie sie beides wütend in den Sack stopfte, dann der Cut – und dann sah er mich, die unter heftigstem Protest von Anna erst den Anorak zusammenfaltete und dann die Lederlatzhose und dann beides in den eigentlich schon viel zu vollen Müllsack presste, so dass die Latzhose an der Seite und der Anorak oben auf liegend deutlich sichtbar durchschimmerte. „Was willst Du denn noch mit den Sachen? Die sind reif für den Schredder – die kann keiner mehr anziehen, begreif das doch endlich!“ hörte er mich in seinen Gedanken sagen, worauf hin Anna zu weinen begann als ich den Sack zugeknotet hatte und sie an der anderen Seite tief unten ihren beiden anderen Latzhosen durchschimmern sah. Ja, offenbar traute Kevin mir so etwas zu, jedenfalls machte ihn der Gedanke daran nur noch geiler – nein, er war sich in seinen feuchten Gedanken sicher, beides endet heute im Müllsack und beides durfte Anna heute noch einmal ihm zu Liebe anziehen. Ja, er war sich sicher – es sollte ein Abschiedsgeschenk für ihn sein, ein letztes Mal ihm noch zeigen, wie süß und geil sie doch in den alten Klamotten aussah. Ein klares „Guck mal – heute noch und dann ist Ende“. Ein kurzer Gedankenschwenk zu Saskias Kapuzennicki, den er auch im Müllsack befürchtete – aber nur dann, wenn sie sich durchsetzen könnte, wenn es ihr gelingt, heimlich das Teil in den Sack zu befördern. Bei allen Sachen war es sich übrigens völlig im Klaren darüber, dass der Weg ausschließlich in den Reißwolf führen würde – wobei der Nicki vielleicht auch einfach mir ein, zwei gekonnten Schnitten zu einem Putzlappen weiterverarbeitet würde (falls er dafür nicht etwas zu klein wäre).

Bei dem Gedanken wie alles gefühlslos von Frauenhand im Schredder endet und dort langsam zermalmt würde, spritzte er sichtlich erleichtert und zufrieden ab. Er fühlte die Feuchtigkeit in seiner Unterhose und war glücklich, dass er nochmal Abschied nehmen durfte. So wie Anna heute aussah (auch wenn sie den Latz versteckt hatte und trotz des warmen Klassenzimmers den Pulli nicht auszog) würde er sie gerne in Erinnerung halten – so hatte er sie kennen- und lieben gelernt, in dem Outfit fand er sie immer besonders attraktiv, obwohl das Outfit für ihn längst nicht alles war. Es passte einfach zu ihr, zu ihrem süßen Gesicht, zu den Augen und zur Figur – sie konnte einfach traumhaft gut Latzhosen tragen, eine Gnade, die er nicht jeder zubilligen wollte. Emma in Latzhosen konnte er sich zum Beispiel überhaupt nicht vorstellen und er hoffte insgeheim, dass er sie auch niemals so zu Gesicht bekommen würde. In Gedanken daran schlief er ein …
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

So, das nächste Adventstürchen wird geöffnet - legt Euch bequem zurück, greift zu Cola, Bier und Popcorn und genießt das nächste Kapitel. Und für die ganz Ungeduldigen, bis zur Party ist es nicht mehr lange hin ...

Emma ließ einfach nicht locker und fing regelrecht an zu quengeln, ja was schon zu nerven, was ihre Mami jedoch mit viel Geduld ertrug. „Wenne meinz, datt Sophie mal eine jehabbt hat, dann ruf Tante Daniela an und frach nach! Aber datt musse schon selber machen!“ Sophie war Emmas Cousine, oder besser gesagt eine von ihnen. Sie war etwas älter als Emmas große Schwester, aber immer ein Stückchen kleiner als sie gewesen, so dass diese nie als Abnehmerin für die gebrauchten Klamotten in Frage kam. Emma selbst hingegen war stets deutlich kleiner, so dass die Sachen auch nicht direkt ihr gepasst hätten. Die hätten dann wahrscheinlich erst ein paar Jahre beim ihr im Schrank liegen müssen, bis sie ihr gepasst hätten und wären dann vermutlich nicht mehr in Mode gekommen. So kam es fast nie vor, dass Sachen von Sophie zu ihnen rüber wanderten.

Sophie war das Nesthäkchen, hatte selber noch zwei große Schwestern, die mittlerweile schon im Studium bzw. im Beruf waren. Für sie bedeutete es natürlich die Anziehsachen der großen Schwestern auftragen zu dürfen, was Daniela aber stets als Zugabe und Option verstand, nicht als „Muss“ oder Ersatz für neue Sachen, die sie natürlich auch immer wieder bekam. Und Emma erinnerte sich mehr und mehr daran, wie sie Sophie damals gesehen hatte. Nur noch schemenhaft konnte sie sich erinnern, war es jetzt eine Wrangler oder ‘ne Jinglers – völlig egal, Hauptsache Latzhose. „Watt iss? Trausse Dich nich?“ lästerte Mami und drückte ihr das Telefon in die Hand. „Na, ruf endlich an – eh datt Du mich noch dä janzen lieben langen Tach auffe Nervens jehst!“ Ihre Mami hatte wirklich eine Engelsgeduld mit ihr, aber auch mit der großen Schwester und insbesondere mit der kleinen, die noch in den Kindergarten ging und Emma ungläubig anschaute ob ihres Wunsches nach einer Latzhose. Denn so richtig verstehen, warum Emma so quengelte, konnte niemand.

„Kurzwahl 5 iss Tante Daniela!“ rief Mama und Emma drückte die Tasten. „Hi, hier ist Tante Nicky“ – „Oh, hallo – Emma hier. Ich wollte eigentlich zu Tante Danny!“ – „Kurzwahl 5 habb ich gesacht – nich vier. Vier iss Tante Nicole!“ rief Emmas Mama aus dem Hintergrund „Wir haben uns ja auch schon lange nicht mehr gehört, wie geht’s Euch, Emma?“ – „Soweit ganz gut “ antwortete Emma während Mami im Hintergrund rief „Wenn ‘se schomma anne Strippe hass, kannze se auch gleich ma fragen …“ Emma nickte und hörte zu, was Tante Nicky so alles zu erzählen hatte. Die Tante kam von Hölzchen auf Stöckchen und Emma kam fast nicht zu Wort. „Dann bestell mal Tante Daniela liebe Grüße von mir, gibt’s was Besonderes, dass Du sie anrufen willst?“ – „Mach ich – ich such‘ ‘ne Latzhose für mich, vielleicht hat sie noch eine von Sophie, die mir passt! Hast Du noch welche von den Jungs, die mir passen könnte?“ – „Latzhosen? Wer trägt denn die noch?“ lachte sie. „Und nee, die Jungs hatten zwar mal welche in Deinem Alter, aber die sind längst weg. Weiß gar nicht mehr, ob die noch wer bekommen hat, oder ob die in der Altkleidersammlung gelandet sind. Die Jungs brauchten ja in dem Alter ständig neue Klamotten – und da ist selten was heile geblieben. Wobei, so oft hatten die die Latzhosen gar nicht mehr an. Aber nee, keine Ahnung da kann ich Dir leider nicht mit weitehelfen. Viel Glück bei Tante Danny!“

An Tante Nicole und ihre beiden Jungs – Zwillinge auch noch – hatte Emma jetzt gar nicht mehr gedacht. Bei den beiden hätte sie auch nicht wirklich noch Latzhosen vermutet, obwohl beide gerne Jeans und ab und zu auch mal was Außergewöhnliches getragen hatten. Aber dafür hatte man sich auch all die Jahre über viel zu selten gesehen, meist einmal im Jahr zu Weihnachten, was bis dato immer bei der Oma mütterlicherseits gefeiert wurde. Da trafen sich dann wirklich alle, auch die, die weiter weg wohnten und die man halt nicht mal eben so besuchen konnte. Und gerade an Weihnachten dachte Tante Nicole immer an gute Sonntagskleidung für die Jungs, da hätten die Latzhosen schon gerade frisch neu gekauft sein müssen, dass sie die zu einem solchen Anlass hätten anziehen dürfen. Schwarze oder dunkelblaue Cordhosen und Nickis waren das, was sie mit den beiden Jungs in Verbindung brachte. Wobei die Nickis schon recht früh durch benneton oder esprit sweatshirts abgelöst worden waren. Weihnachten bei Oma war immer schon, seit zwei Jahren trifft man sich jedoch Allerheiligen, bei Oma auf dem Friedhof und feiert Weihnachten für sich. Meist bleibt man dann noch kurz zum Kaffeetrinken bevor alle wieder den teilweise doch langen Nachhauseweg antreten.

„Bei Tante Danny ist ständig besetzt …“ Emma war genervt, hatte sie sich doch beim ersten Mal glatt verwählt und jetzt auch noch das. „Beruich Dich – die hört schon irgendwann ma widder uff!“ Und siehe da „Freizeichen“. „Och menno, jetzt geht sie nicht dran!“ ärgerte sich Emma und ließ es immer weiter klingeln bis das Tante Danny endlich den Hörer abnahm. „Hi Tante Danny, hier ist Emma!“ – „Das dachte ich mich schon!“ hechelte sie, die völlig aus der Puste war. „Tante Nicky hat gerade bei mir angerufen und meinte, Du suchst nach ‘ner Latzhose! Und da war ich direkt mal im Keller nachschauen!“ – „Und?“ fragte Emma neugierig. „Ich hatte mal eine von Sophie, die müsste Dir inzwischen gut passen, aber ich find‘ das blöde Teil nicht mehr. Bei Sophie im Schrank ist sie nicht mehr, da hab‘ ich geguckt – und im Keller, wo ich grad her komm, ist sie auch nicht im Altkleidersack drin, der morgen früh mit raus geht. Da waren zwar noch alte kaputte Jeans von ihr drin, die ich letztens mit runter genommen habe, aber nicht die Latzhose. Ich kann mich jetzt aber auch nicht dran erinnern, dass ich die mit in den Keller genommen hätte, die war zwar alt und getragen, aber für Altkleider zu schade. Ich muss Sophie mal fragen, wenn sie gleich von der Gruppenstunde zurückkommt. Ich ruf Dich gleich zurück, Emma!“ Und noch bevor Emma danke sagen konnte, hatte Tante Danny auch schon wieder eingehängt. Es schien einfach nicht Emmas Tag zu sein.

Anna hingegen hatte sich nach langem hin- und her entschieden, hatte – weil es auch in der Wohnung ziemlich warm war ihre Kunstlederhose aus- und die graue Jogginghose anzogen, zum T-Shirt was sie bereits in der Schule trug. Ich war in der Küche fürs Abendessen zugange als sie laut rief: „Kannst den Altkleidersack zuknoten und morgen früh mit rausstellen!“ Ich merkte zwar beim Zuknoten, dass der Sack sich noch etwas gefüllt hatte, doch schaute ich weder rein noch fragte ich nach, was sie denn noch mit weggegeben haben könnte. Ich wollte es auch nicht wissen, nachher hätte ich sie womöglich noch zu beeinflussen versucht. In ihrem Zimmer lag nichts mehr auf dem Boden verteilt herum, was aber auch an meiner Ansage gelegen haben könnte, dass alles, was da noch blöd rumliegt und nicht im Wäschekorb oder im Kleiderschrank zurückgelegt worden wäre, mit im Müllsack für die morgige Altkleidersammlung landet. Wobei ich denke, dass ich diese Drohung nächstes Mal auch auf Müll und altes Spielzeug ausbreiten sollte, damit sie endlich mal wieder ihr Zimmer aufräumt. Aber Aufräumen in dem Alter ist wohl nur der Wunschgedanke aller Mütter.

Kevin war inzwischen wach geworden, er hatte wohl ein längeres Nickerchen gemacht, denn seine feuchte Unterhose war inzwischen wieder trocken. Sie roch auch nicht großartig, so dass er einfach eine seiner Jeanshosen über den Sprintershorts zog und zu Heike in die Küche ging. „Du Mama, hast Du meine Latzi inzwischen gewaschen? Ich will die morgen anziehen!“ – „Nee, nicht so dreckig wie die ist – die kommt morgen mit dran!“ erwiderte Heike ohne dabei rot zu werden. „Und fang nicht wieder an zu nerven, Du hast die doch jetzt wirklich oft genug angehabt …“ – „Dann wasch‘ ich die halt selber!“ – „Wag es Dir ja nicht, an meine Waschmaschine zu gehen!“ drohte sie lautstark.

Emma wurde immer ungeduldiger – das Telefon wollte und wollte nicht mehr klingeln. Statt dessen klingelte es an der Wohnungstür. So spät noch Besuch, dachten sich beide – machten aber dennoch die Türe auf. Es waren Tante Melanie und Lena, die nur ein paar Straßen weiter um die Ecke wohnten. Lena durfte bei Sophie immer durch den Schrank stöbern, sich Klamotten aussuchen, die Sophie abgeben wollte und durfte. Denn was Sophie nicht mehr passte, war für Lena genau richtig. Lena hatte einen großen Waschkorb voll mit Klamotten unter Arm, den sie sofort auf dem Wohnzimmertisch abstellte. „Danny hat mich angerufen und gefragt, ob Lena die Latzhose von Sophie bekommen hätte und ob sie die noch anzieht. Emma würde so eine suchen …“ fing Melanie an zu erzählen. „Mensch Emma, da hast Du echt Glück gehabt – Lena und ich hatten uns heute Nachmittag vorgenommen für morgen, für die Altkleidersammlung Klamotten auszusortieren. Ich hatte die Latzhose gerade in den Müllsack gesteckt, weil Lena die nicht mehr anziehen mag. Sie hatte die höchstens ein paar Mal an. Wenn Danny jetzt nicht noch angerufen hätte, wäre die morgen mit weg gegangen. Hier ist sie, guck mal, ob die passt und durch die anderen Sachen kannst Du auch noch durchschauen, vielleicht ist ja was dabei – den Rest schmeißt Du halt mit weg!“

Für Emma war das wie Weihnachten, Nikolaus, Ostern und Lottogewinn auf einen Tag. Wenn sie eines konnte, dann sich auf Tante Danny verlassen. Es war eine schlichte, schwarze Jinglers Latzjeans im Moonwash-Design, unauffällig, ohne Zollstocktasche und ohne Hammerschlaufe. Das Jinglers Schildchen prangte hingegen deutlich sichtbar auf der rechten Potasche. Und mehr als einmal hat sie die Waschmaschine auch gesehen, dafür war sie jedoch nirgends auch nur ansatzweise durch. Es war nicht ihre Traumhose, denn Jinglers war nicht mehr die Marke, die sie bei den anderen in der Klasse zu sehen bekam, Jinglers war eigentlich mehr für die Kleineren, so wie Peter. Nein, lieber hätte sie natürlich eine Wrangler gehabt, oder eine Pioneer, besonders cool fand sie die zeitlosen Levis 665er Latzhosen. Die hatte sie mal bei einer jungen Referendarin gesehen, die kurz darauf in Mutterschutz verschwand. Aber sie wollte nicht meckern, zu sehr überwog die Freude, überhaupt eine geschenkt bekommen zu haben, eine wofür sie nicht den ganzen Inhalt ihres Sparschwein opfern musste. „Wir müssen weiter, wollen noch einkaufen – den Korb kannste beim nächsten Mal wenn wir uns sehen wieder mitbringen.“

Nun hatte auch Emma ihr kleines Geheimnis: morgen früh würde sie die Latzhose sofort zur Altkleidersammlung anziehen, aber mit Pulli und Thermoweste drüber. Schließlich wollte sie ja Kevin in ihrem neuen Outfit überraschen. Sie war ihren Tanten so dankbar, dass sie sich so für sie eingesetzt hatten und freute sich, dass die Latzhose auch noch passte. Es war ihre erste Jeans überhaupt seit langen und dementsprechend gewöhnungsbedürftig sah sie darin aus. Was Kevin wohl morgen dazu sagen würde?
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Euch allen einen schönen Nikolausabend und einen tollen 2. Advent - die Partyleser bitte ich noch um einen kurzen Moment der Geduld, lange wird es nicht mehr dauern, bis dass es dort losgeht. Und ich wette, da kommt jeder von Euch auf den Geschmack.

Emma war total aufgeregt und konnte kaum schlafen. Entsprechend früh wachte sie auf, zog sich an – während die anderen noch frühstückten. Sie lief rüber zum Bäcker, holte frische Brötchen und machte wie Samstags abwechselnd mit der großen Schwester den Frühstückstisch fertig. Gegen halb acht – sie hatte alles ordnungsgemäß vorbereitet – verließ sie das Haus und ging zum Treffpunkt für die Altkleidersammler, wo sie eine der ersten war. Kurze Zeit später kam auch Kevin, der von Emma freundlich begrüßt wurde. Er trug eine schwarze Jeansjacke, offen, darunter einen älteren Kapuzenpulli und eine Jeans, wobei es Emma sofort auffiel, dass es sich nicht um seine Latzhose handeln könne. Neugierig fragte sie: „Moin Kevin, heute nicht in Latzjeans – bei der Gelegenheit?“ – „Die ist im Keller in der Wäsche …“ murmelte er. „Aber Du heute in Jeans? So hab‘ ich Dich ja noch nie gesehen!“ erwiderte er. „Ja –öfters mal was neues!“ grinste Emma, wobei ihr durchaus bewusst war, dass nur ein Blinder mit Krückstock ihre Latzhose als neu ansehen würde und selbst der Blindenhund bei dem Gedanken daran sie Augen verdrehen würde. Sie hatte hundertpro damit gerechnet, Kevin in Latzjeans zu sehen – sie ahnte Böses, ließ sich aber nichts anmerken. „Die wird doch eh heute wieder dreckig, warum zum Teufel darf er die dann nicht nochmal so anziehen?“ fragte sie sich verwundert.

Kevin musste sich nun entscheiden, welche Tour er zusammen mit Emma machen wollte. Dass sie beide die gleiche Tour machen wollten, war ihnen klar, denn von den anderen Jungs und Mädchen, die inzwischen zum Helfen gekommen waren, kannten sie kaum jemanden. Emma und er waren die jüngsten, alle anderen zum Teil deutlich älter. Sie entschieden sich einvernehmlich für die Tour, die bei Anna und Saskia vorbei ging, die aber den Nachteil hatte, dass sie weder bei Kevin noch bei Emma vorbei führte. Emma war indes völlig ruhig: „Mama hat eh nichts …“ und Kevin ergänzte: „Mama hat letztes Mal so viel von mir weggeschmissen, ich glaub nicht, dass diesmal was weggeht. Und wenn, dann …“ Kevin wurde von Emma unterbrochen. „… dann auch nicht schlimm, oder?“ Und eh beide großartig weiter diskutieren konnten, hatte der Fahrer den alten Ford Transit auch schon in Bewegung gesetzt und die beiden waren damit beschäftigt, Säcke und Tüten, die am Straßenrand bereit standen, einzusammeln.

Ich hatte etwas verpennt, schaute aus dem Fenster und stellte fest, dass noch viele Säcke in der Straße standen. Die Altkleidersammler konnten also noch nicht durch sein. Ich ließ Anna wie gewünscht lange schlafen und trug den Sack vorsichtig durchs Treppenhaus nach unten. Bei uns vorm Haus lag nur eine kleine Tüte mit Schuhen, wohl von der Nachbarin, denn von ihr wusste ich, dass sie hin- und wieder mal ihre Sportschuhe, die sie in der Halle trägt, ersetzt und dann die alten, die durchaus noch gut aussahen, mit in die Altkleidersammlung gibt. Schuhe werden da immer gerne genommen, sofern sie gut sind und paarweise an den Schürsenkeln zusammen geknotet sind. Wenn Schuhe sich bei der Sammlung verlieren, oder später beim Sortieren, ist das meist ihr Todesurteil. Dann findet kein Mensch mehr zum linken den passenden rechten, was darin mündet, dass Einzelschuhe fast immer im Schredder oder im Müll landen. Aber da die Nachbarin das grundsätzlich beherzigte war ich mir sicher, dass ihre Schuhe noch in gute Hände kämen, zwar nicht an Bedürftige verschenkt, wie manche immer noch glauben, aber halt für kleines Geld (oder entsprechend großes bei seltenen Stücken) in irgendeinem Second Hand Shop oder auf einem Flohmarkt irgendwo auf dieser Welt wieder auftauchen.

Es war kalt und feucht, Spätherbst halt – aber dennoch zum Glück trocken geblieben. Nasse Säcke sind immer schlecht, da werden die Sachen drin schnell feucht und wenn die ein paar Wochen so lagern müssen, weil sie nicht sortiert werden können, fangen sie an zu müffeln. Dann sind selbst an sich noch gute brauchbare Sachen auf einmal nur noch ein Fall für den Reißwolf – weil sie sich so nicht mehr verkaufen lassen. Mir wurde kalt, ich ging wieder rauf in die Wohnung und kuschelte mich nochmal in mein Bett, wobei Bett eigentlich etwas übertrieben war – Schlafstätte wäre wohl der geeignetere Ausdruck dafür. Ich dachte kurz an Anna und war mir sicher, wie auch immer sie sich entschieden hatte, sie hätte sich richtig entschieden. Ich wollte auch jetzt nicht nachfragen, weil sie ist alt genug dafür, so etwas selber zu regeln, ohne Vorgaben meinerseits.

Während Emma und Kevin fleißig Altkleider sammelten, Tüten und Säcke nach und nach im Transit verschwanden, wurde Anna wach – interessierte sich nicht für das, was draußen passierte. Sie schaute zwar kurz aus dem Fenster, als ob sie sehen wollte ob die Sachen schon abgeholt waren, sagte aber außer einem „Und, hast Du ihn auch rausgestellt?“ nichts. Ich nickte und schon war die Party heute Abend bei Alex kurz das Thema. Ich hatte ihr erlaubt dort hinzugehen, obwohl ich Alex weder groß kannte, noch irgendwelche Sympathien für den Burschen entwickeln konnte. Irgendwie war er mir suspekt, ich konnte und wollte Anna aber auch nicht einsperren. Mir war klar, dass sie mit allen Themen sensibel umzugehen wusste, dass sie es nicht ungeschützt machen würde und wenn’s denn sein muss, dann halt eben auch mit Alex. Oder mit einem der anderen Partygäste – wer weiß, wen sie an einem solchen Abend alles so kennenlernt. Die letzten Tage hatte sie immer wieder durch eine der vielen Teenie-Modezeitschriften geblättert, die sie sich entweder am Kiosk gekauft hatte oder die sie mit den anderen Mädchen in der Klasse getauscht hatte. Sie wollte das perfekte Outfit für heute Abend, doch was sollte sie anziehen? Sie war durchaus bereit, ihr gespartes zu investieren, in die Stadt zu fahren und sich in einem der Teens-Läden etwas Neues zu gönnen.

Ich erkannte, dass ihr Erspartes dafür nicht ausreichen würde und steuerte einen größeren Schein aus meinem Portmonee dazu bei. Sie bedankte sich, war aber anders als sonst, wenn ich ihr schon mal etwas von meinem Gesparten zusteckte, wo ich mir eigentlich mal was von gönnen wollte. Eine Mutter tut halt was sie kann für ihr Kind, auch wenn sie selber manchmal dafür zurückstecken muss. Manche mögen das jetzt als Helfersyndrom interpretieren, ich nenne es einfach nur Liebe – Liebe zur eigenen Tochter, denn schließlich bekommt ja auch nicht Hinz und Kunz meine Knete. Und ja, mir wäre auch Kevin tausend Mal lieber als Alex, aber auch da hat Anna sich anders entschieden. Ich mein, ich kann’s auch verstehen, wenn er ihr – im wahrsten Sinne des Wortes – ungefragt an die Wäsche geht, bei allen Intimitäten die die beiden schon miteinander hatten. Ich würde es zwar mit einem Augenzwinkern betrachten, aber wenn Anna das anders sieht, so what? Andere Mütter haben auch schöne Söhne – dann hat’s halt nicht sollen sein, wobei ich es in dem Alter auch schon für extrem außergewöhnlich gefunden hätte, wenn beide schon ihre Liebe des Lebens getroffen hätten. Nein, dafür sind beide einfach noch viel zu jung. Und besser, sie stellen es jetzt fest, als wenn sie die schönsten Jahre ihres Lebens damit verbringen, sich sinnlos aneinander zu klammern, weil sie spüren, es klappt nicht, es sich aber nicht eingestehen wollen.

Es dauerte nicht lange da hörte ich vom Küchenfenster aus laute Geräusche von draußen. Der Transit hatte unsere Straße erreicht und Kevin und Emma waren fleißig dabei, die am Staßenrand stehenden Müllsäcke einzusammeln. Kevin entdeckte den vor unserer Haustür stehenden Müllsack als erstes. Neugierig packte er zu, begutachtete den Sack von allen Seiten und konnte nichts Auffälliges erkennen. Emma bremste ihn ein wenig: „Mach hinne da und bummel nich …! Was ist denn bei dem Sack so wieder so spannend? Und wehe, Du reißt den wieder auf – so neugierig kann man doch gar nicht sein! Wir sollen doch aufpassen, dass die Säcke und Tüten nicht kaputtgehen! Komm, gib‘ schon her!“ rief sie etwas lauter, riss ihm im den Müllsack aus den Händen und warf ihn ganz nach vorne in den Transit zu den anderen Sachen. Kevin wollte partout nicht mit Emma streiten, hätte gerade diesen Sack – der so alleine bei uns vor der Haustür stand – gerne etwas näher inspiziert. Die Tüte mit den alten Schuhen von der Nachbarin fand dagegen bei beiden keine Beachtung und flog ebenfalls im hohen Bogen ganz bis nach vorne.

Mit einem Schlag war Kevin, der sonst den ganzen Morgen lebhaft und quirlig wie ein HB-Männchen war, leise, ruhig – fast richtig in sich gekehrt. Liebend gerne hätte er etwas durch diesen speziellen Müllsack durchschimmern sehen, Gewissheit gehabt dafür, was alles drin war von Anna – wovon sie sich diesmal getrennt hatte oder gar trennen musste. Emma konnte überhaupt nicht verstehen, dass er so einen Aufstand darum machte, sie hatte längst eine Ahnung, um was es hier geht. Für Emma war all das, was in den Säcken war, Abfall – ihr war es völlig egal, was aus den Klamotten wird. Ja, sie war glücklich und zufrieden, dass die Latzhose die sie heute anziehen durfte, eben nicht mit dazwischen gelandet war – aber herausgezogen und mitgenommen hätte sie die dennoch nicht. Emma spürte dass Kevin neugierig war, dass er am liebsten in jeden Sack und jede Tüte kurz hineinschaut hätte, ob irgendjemand aus seiner Sicht irgendwas Besonderes abgegeben hätte. Wobei die Wahrscheinlichkeit dafür doch in Summe ziemlich gering war.

Bei manchen Säcken und insbesondere bei den kleineren Tüten konnte er es sich einfach auch nicht verkneifen. Es hatte inzwischen kräftig angefangen zu regnen, als sie bei Saskia zu Hause angekommen waren und eine kleine Einkaufstüte dort vor der Tür lag. Kevin stürzte direkt drauf zu, doch Emma war schneller und ergriff die Tüte als erstes worauf Kevin ihr sie aus der Hand riss und sich der Inhalt auf den nassen Straßenasphalt ausbreitete. Emma rutschte mit ihren nassen, schlammigen Stiefeln aus und trat volles Rohr auf eine Stück roten Stoff, auf dem sie einen kräftigen, dreckigen Stiefelabdruck hinterließ. „Emma!“ schrie Kevin sie an – und ihm schossen dabei die Tränen in die Augen. „Jetzt hast Du ihn auch noch kaputt gemacht!“ und hielt ihm demonstrativ hoch, seinen alten, roten Kapuzennicki. Er hatte zwar befürchtet, dass Saskia sich durchsetzen würde und sein altes Lieblingsteil mit weg geht, insgeheim gehofft hatte er es jedoch nicht.

„Dann musst Du nicht so herumkebbeln“ rief Emma beleidigt, „dann fliegen die Klamotten auch nicht auf die Straße. Bist Du selbst schuld!“ Er blieb wie erstarrt stehen, während Emma den nassen dreckigen Nicki wieder in die Tüte zurück stopfte und die anderen Sachen von Saskia, die ebenfalls auf der Straße verteilt lagen auch. Ihr geliebter Adidas Hoodie war übrigens mit dabei, da hatte ihre Mama dann doch ganze Arbeit geleistet und alles, was nichts mehr war in die Tüte gesteckt. Im Transit griff Kevin noch einmal die Tüte, zog den Nicki wieder raus und jammerte: „Mein schöner Kapuzennicki!“ – „Ja und, jetzt isset ‘nen kaputten Nicki!“ grinste Emma, denn nicht nur dass der Fußabtritt deutlich sichtbar war und der Pulli klatschnass, dadurch dass sie drauf getreten und weggerutscht war, hatte er auf der anderen Seite noch ein fettes Loch abbekommen. „Saskia hat den doch eh nie gemocht und mal ehrlich, den hätte selbst ich nicht mehr anziehen mögen!“ Kevin spielte die beleidigte Leberwurst, Emma war jetzt diejenige, die Schuld war am Malheur, nicht etwas Saskia, die den Nicki mit in die Tüte getan hatte, oder eventuell ihre Mama. Emma bemühte sich nicht wirklich um Schadensbegrenzung, denn sie konnte ich nicht so ganz verstehen, dass er gerade diesem Pulli so hinterher trauerte. „Komm schon, alles hat halt seine Zeit! Bist Du eigentlich auch bei Alex eingeladen? Die ganze Klasse geht doch dort hin!“ „Nee, ich doch nicht – nein, Alex kann mich doch überhaupt nicht leiden. Für ihn bin ich doch nur ein kleiner Wichser! Du denn?“ fragte er leise, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte. „Nein, ich auch nicht – wer interessiert sich schon für ein unsportliches Mauerblümchen. Lass uns beide doch heute Abend was Schönes unternehmen, dann ziehst Du Deine Latzjeans an und vergisst all den Ärger von heute Morgen. Ich hab’s doch nicht extra gemacht…“
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Lassen wir die Spiele, ähm die Party beginnen :!: Man greife zu Cola und Bier, Chips und Popcorn, lehne sich gemütlich zurück und genieße :!: Euch allen einen schönen Abend :!:

„Na gut, 16:00 Uhr am High 5“ schlug Kevin vor, ohne jetzt genau zu wissen, was er da sollte und warum ausgerechnet mit Emma, aber er willigte ein. „So früh schon?“ erwiderte Emma, stimmte aber zu. Es regnete unaufhörlich weiter, die am Straßenrand stehenden Säcke und Beutel waren inzwischen gut nass geworden, was Kevin nur noch sentimentaler machte. „Scheiße, dass das jetzt alles so nass wird“ grummelte er. Emma hingegen sah die Sache lockerer „Man, sind doch eh alles Altkleider – oder glaubst Du etwa immer noch ernsthaft, die Sachen soll noch jemand anziehen?“ Vielleicht hatte Emma ja recht, die Lust auf’s Streiten mit ihr war ihm jedenfalls vergangen – der Spaß und die gute Laune auch. Emma merkte jedoch schnell, dass sie was bei ihm gut zu machen hatte und plante im Kopf schon mal Nachmittag und Abend. Doch zuvor mussten ja bei dem Mistwetter noch die weiteren Sachen eingesammelt werden. Zum Glück regnete es nicht mehr allzu stark, so dass Emma ihre Latzhose – die Kevin übrigens immer noch nicht als solche erkannte hatte – wohl auch für den High 5 Besuch anlassen könnte.

Anna machte sich gegen Mittag auf in die Stadt – meine kleine finanzielle Unterstützung brachten ihre Augen immer noch zum Leuchten. Sie wusste, nun konnte sie sich etwas richtig Schönes für die Party am Abend aussuchen. Und mit dem Gefühl zog sie los, durch die Klamottenläden und Schuhgeschäfte der Stadt. Zwar war ihr Budget durchaus immer noch beschränkt und aus dem vollen schöpfen konnte sie damit sicherlich nicht, jedoch für „Obenherum“ ein paar schöne Schuhe sollte es durchaus reichen. Sie blieb lange weg, kam erst gegen Nachmittag wieder – es war sehr schwer, so sagte sie, etwas Passendes zu finden. Die Auswahl war so groß, längst nicht alles gefiel ihr und was sie so richtig schön fand, war meist unerschwinglich und viel zu teuer. Dabei hatte sie durchaus auch die Second Hand Shops der Stadt in Erwägung gezogen, jedoch auch da nur schwer etwas gefunden.

Es sollte ja halt auch eine Party sein, so eine erste richtig geile Party – da erscheint man als junge Frau ja auch nicht in Jeans und Turnschuhen. Nein, sie hatte sich etwas ganz war besonderes in den Kopf gesetzt: Schwarz sollte es sein, entweder schwarze Pumps, schwarze Strümpfe, kurzer schwarzer Rock und eine passende Bluse oder besser vielleicht einen dazu passenden Pullover, oder vielleicht direkt das „Kleine Schwarze“? Anna war mal wieder hin- und hergerissen, sie wollte – wie vom Gastgeber durchaus gewünscht – fein aussehen, auch wenn sie nicht wusste, wer sonst noch so alles auf der Gästeliste stand. Alex hatte ja wohl so ziemlich Gott und die Welt eingeladen, Leute aus ihrer Klasse, wo er seit Anfang des Schuljahres auch drin war, seinen doch durchaus großen Freundeskreis und natürlich auch welche aus seiner alten Klasse, aus der Tanzschule und vom Verein. Das sollte halt eine richtig große Party werden – standesgemäß, denn seine Eltern waren ja schließlich wer, auch wenn der Sprössling Marke „verwöhntes Einzelkind“ in der Schule alles andere als gute Leistungen erbracht hatte.

Und so sehr Anna auch mit dem „kleinen Schwarzen“ liebäugelte, die sie gefunden hatte, waren alle deutlich über Budget – selbst beim preiswertesten hätte sie für alles anderen kein Geld mehr übrig gehabt – dann hätte sie Sneakers oder Chucks dazu anziehen müssen, nein das ging überhaupt nicht. Sie entschied sich also für die Schmalspurvariante, schwarze Pumps – in glänzendem Lack natürlich, passende schwarze Strümpfe und einen schwarzen Minirock – einen brauchbare schwarzen Pullover hatte sie noch zu Hause, in der letzten Geschenktüte war ein fast neuwertiger, schwarzer Cashmere-Rolli mit dabei, den sie bis dato nur anprobiert hatte. Der war wirklich so gut wie nie getragen, bei dem würde es auch nicht auffallen, dass er gebraucht war. Dazu die College-Jacke, weil die hängt ja eh die ganze Zeit an der Garderobe.

Alex Papa ist Unternehmer, hat nicht nur im Industriegebiet eine große Fabrik sondern auch die alte Gründerzeitvilla am Stadtrand, wo heute Abend die Party steigen wird. Von seiner Frau hatte er sich getrennt, als Alex noch klein war – wie das bei solchen Leuten halt gerne mal passiert: Seine Sekretärin war irgendwann befriedigender als seine gute Ehefrau – doch was nutzt Gut sein, wenn man Befriedigung sucht. Wobei das Ganze natürlich auch auf Gegenseitigkeit beruhte, denn ihr Golflehrer brachte ihr nicht nur das Einlochen bei, sondern fühlte sich da auch selber für zuständig. Von daher waren Trennung und Scheidung unausweichlich, gelitten hat darunter eigentlich immer nur Alex, dem die familiäre Unterstützung fehlte, der mit Kindermädchen und Hauspersonal aufwuchs, die ihm jedoch nicht immer nur gut taten. So war es auch das Kindermädchen selbst, wo er sich drüber her machte, als sich in ihm die ersten sexuellen Gefühle breit machten. Sie war jung und hübsch, nur wenige Jahre älter als er – aber durchaus erfahren und hilfsbereit für all seine Wünsche. Schließlich wurde sie ja von Herrn Papa auch fürstlich entlohnt – wer keine dummen Fragen stellt und macht, was Chef erwartet brauchte sich bei ihnen im Haus über das Finanzielle keine Gedanken machen, denn Geld war immer da – immer viel mehr, als eigentlich benötigt wurde.

Zur Villa gehört auch ein kleiner Bungalow für das Hauspersonal, und eben dort im Zimmer des Kindermädchens ging es immer gut zur Sache: Nicht nur, dass ab einem gewissen Alter Alex sich dort mit dem Mädchen vergnügte, nein – einmal Poppen gehörte auch zum „Bewerbungsgespräch“ des alten Herren. Insgesamt war man im Hausen in der Beziehung sehr flexibel – für die Damen im Hause gab’s den Gärtner, den Chauffeur oder den Hausmeister – und für die Herren halt Hausdame, Zimmermädchen oder Küchenhilfe. Und wenn mal wieder „Not am Mann“ war, ließ der Chef für „seine“ Partys auch gerne mal einen Bus mit seinen Azubinen vorfahren – da war jedes Jahr reichlich Frischfleisch dabei, so dass solche Feiern – oftmals im Kreise der feineren Gesellschaft anderer Unternehmer oder Bankiers stets etwas außergewöhnliches waren. Alex war also groß geworden mit dieser Art Freizügigkeit, denn von klein an durfte er stets an diesen Veranstaltungen teilnehmen – der Papa präsentierte halt schon frühzeitig stolz seinen Nachwuchs und führte ihn entsprechend mit ein.

Auch in Krisenzeiten wurde entsprechend gefeiert – man regte sich dann zwar regelmäßig darüber auf, wie sehr denn die Preise für „Koks und Nutten“ angezogen hätten, beruhigte sich dann aber auch beim nächsten Mal schon wieder, wenn sie wieder auf Vorkrisenniveau gefallen waren. Ja, auf solchen Feiern beim alten Herren ging immer gut die Post ab – perfektes Catering, Alkohol in allen Preislagen - Champagner, teure Rotweine und französischer Brandy der gehobenen Sorten gehörten genauso dazu, wie echte kubanische Zigarren, an die sich Alex schon recht früh gewöhnt hatte. Er gehörte dazu, er wollte dazu gehören – deshalb „zog“ er mit, im wahrsten Sinne des Wortes, denn in letzter Zeit kam es immer öfters vor, dass er wie selbstverständlich gekokst wurde. Da war er natürlich mit dabei, das machte auch seinem Papa nichts aus – denn er war selbst, derjenige welche, der nicht ins Glas spuckte. Papa hatte also das Niveau für solche Feierlichkeiten sehr hoch gelegt – ob er es heute noch toppen könnte?

Immerhin hatte er Zugriff auf alles – auf das Hauspersonal, was ihm mit Rat und Tat zur Seite stand, auf Papas junge Azubinen, die im langen Abendkleid zu erschein hatten und für die Getränke zuständig waren, auf Bar und Humidor, und selbst wo das Koks lagerte, wusste er und er war sich sicher, dass Papa auch da nichts dagegen hätte. Auch für Musik war gesorgt – Papa hatte eine kleine Band besorgt, die auch das Musikprogramm der jüngeren Generation drauf hatten – und für Nachts einen DJ, der Musik auflegen würde. Papa selbst war an dem Abend natürlich nicht dabei, er war auf Sylt mit seiner Sekretärin, hatte aber alles entsprechend delegiert. Schließlich ist sein Sohnemann ja alt genug – und das Personal loyal, so dachte er zumindest, denn alles andere hätte eine fristlose Kündigung und damit verbunden einen kompletten gesellschaftlichen Absturz bedeutet.

So ließ Alex seine Gäste selbstverständlich auch abholen und später wieder nach Hause bringen – wofür hat man schließlich einen Chauffeur und die große, schwarze Pullmann Limousine, in der hinten vier Personen vis-à-vis sitzen konnten. Pünktlich wie auf der Einladung erwähnt, stand der Wagen bei uns vor der Tür, Anna wurde vom Chauffeur ins Fond gebeten, wo bereits zwei weitere junge Damen saßen, als sie dort Platz nahm. Anna fühlte sich gut, hatte sich kurz zuvor noch dezent geschminkt und die Fingernägel lackiert und hatte durchaus den eleganten Kleidungsstil der anderen beiden Fahrgäste getroffen. Sie stellten sich kurz vor, oberflächlich jedoch nur, da die anderen beiden sich offenbar schon sehr gut kannten. Anna war gespannt, wer noch so alles zur Party kommen würde, denn aus der genauen Gästeliste hatte Alex ein gut gehütetes Geheimnis gemacht. Klar, war in der Schulklasse viel getuschelt worden, und Anna hatte durchaus auch von dem ein oder anderen mitbekommen, dass Einladungen ausgesprochen worden waren, aber wer nun tatsächlich hin ging, bzw. hingehen durfte, das war ihr unklar. Denn die Partys im Hause waren stets berühmt berüchtigt und das ein oder andere Elternteil was vielleicht selbst einmal hatte dran nehmen dürfen, war jetzt umso vorsichtiger, wenn es hieß den Nachwuchs dort hingegen zu lassen.

Auf dem Weg stieg noch Sarah zu, also wenigstens dann doch jemanden, den Anna von der Schule her kannte. Verglichen mit den anderen beiden Mädchen im Auto sah sie ungewöhnlich schlicht aus: Schwarze Schule, schwarze Jeans und der Kälte angemessen einen schwarzen Mantel, zu dem sie einen Schal trug. Der Chauffeur parkte in der Vorfahrt zur Villa, ließ die jungen Damen aussteigen. Sie gingen die kurze Freitreppe hoch in die Villa, wo das Hauspersonal sie in Empfang nahm und ihren Jacken und Mäntel abnahm. Durch eine große, verglaste Holzschiebetür ging es in das Wohnzimmer, nein das wäre leicht untertrieben – es war ein großer Empfangssaal mit einer Zimmerdecke, die sich über zwei Etagen erstreckte. Oben in der zweiten Etage eine offene Balustrade, von der aus man einen freien und offenen Blick in den Saal hatte. Alles von feinsten, die meisten Gäste waren bereits eingetroffen. Junges Personal in schwarzen Miniröcken und weißen Blusen liefen mit Tablettes mit Champagnergläsern herum, die den Gästen angeboten wurden. Ein kurzes Shakehands zwischen den Gästen, die alle ihre Gläser in der Hand hielten als Alex auf Anna zuging und ihr zuprostete: „Das ist übrigens Anna“ stellte er sie laut und voller stolz seinen Gästen vor, während sich der Saal immer mehr füllte. „Prost! Auf Anna und auf einen schönen Abend mit Euch!“
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Nach der Altkleidersammlung kam Kevin ziemlich müde und erschöpft nach Hause. Das viele Säcke und Tüten schleppen war doch sehr anstrengend und Kräfte zehrend. „Mama, hast Du jetzt endlich meine Latzjeans gewaschen?“ maulte er durchaus etwas verärgert, weil er sie eben heute Morgen nicht anziehen durfte. „Kann ich die wenigstens dann heute Nachmittag anziehen?“ – „Kevin“ schüttelte Heike mit dem Kopf, „das wird nichts – die hast Du doch jetzt wirklich oft genug angezogen gehabt, Du hast doch so viele schöne andere Hosen, die auch mal an die Reihe kommen müssen. Hatte doch gar nicht gedacht, dass Du ausgerechnet die Latzhose so oft anziehen würdest – die hatte ich doch eigentlich eher für Saskia gedacht! Aber da sie keine Latzhosen mag, hab‘ ich sie …“ – „Was hast Du???“ fragte Kevin böse und verärgert. „Sie heute Morgen zusammen mit Deinem alten Jogger und ein paar anderen Sachen in die Tüte getan und mit vor die Tür gestellt! Wer trägt denn noch Latzhosen in Deinem Alter, also stell Dich gefälligst nicht so an – die hattest Du jetzt wirklich lange genug …“

Kevin war verärgert, nein er war richtig sauer, konnte und wollte aber seine Wut aus Angst vor ernsthaften Konsequenzen nicht raus lassen. Mama meinte also, er wäre inzwischen zu alt für Latzhosen – und Mama meinte, sich mal wieder an seinen Klamotten vergreifen zu können. Heute lief aber auch wirklich alles schief, wobei er zu allem Überfluss auch nicht erkennen könnte, was in dem Müllsack mit Annas und meinen Klamotten drin war. Wenn also nun auch Anna – nein, den Gedanken wollte er erst gar nicht zu Ende führen. Nein, er war schon sauer genug über Saskia und dass Emma ausgerechnet noch auf seinen ehemals so geliebten Kapuzenpulli drauf treten musste. Und dass Emma so gefühlslos war, dass dieser coole Nicki für sie einfach nichts Besonderes war, sondern nur „Bäh“. Das machte ihn rasend. Und nun war auch noch seine Latzhose in die Altkleidersammlung gewandert, nach nicht einmal drei Monaten, denn so lange war es gerade mal her, dass er sie bekommen hatte.

Was für ihn auch neu war, war das Heike plötzlich auch schon die Sachen von ihm entsorgte, die noch relativ neu waren und auch noch richtig gut passten. Denn es war ja keinesfalls so, dass die Latzhose nun zu eng oder zu kurz war. Nun gut, Kevin hatte zum Unwillen seiner Mama die Trägerchen immer recht straff eingestellt, aber auch nur, weil sie sonst recht schlabberig gesessen hätte. Und ja, er hatte sie in letzter Zeit verdammt oft an, auch dann, wenn Mama eigentlich wollte, dass er sie nicht anzieht. Ihre Warnungen hatte er auch zumeist geflissentlich ignoriert, obwohl sie diesmal weniger deutlich ausgefallen waren. Mehr als ein „Musst Du die schon wieder anziehen? Hast Du keine anderen Hosen mehr? Dann zieh wenigstens den Pulli drüber …“ kam eigentlich nicht – umso verwunderter war er über den radikalen Einschnitt.

Emma hingegen war froh und glücklich über die Latzhose, sie saß knapp, aber dennoch bequem und auch wenn es nicht die von ihr erhoffte Marke war, hatte sie sie kurzerhand in ihr Herz eingeschlossen. Das alte schwarze Sweatshirt, was Mama ihr heute zum dazu anziehen rausgelegt hatte, war zwar auch kein Lieblingsteil – passte durchaus zur Hose und zur Thermoweste mit Kapuze. Sie ließ die Sachen den Tag über an und machte sich nachmittags mit dem Fahrrad auf zum High 5, wo sie mit Kevin verabredet war. Sie war wie besprochen pünktlich um vier Uhr dort, von Kevin jedoch keine Spur.

Jeder Gast der Party hatte übrigens je zwei kleine Päckchen dabei, eines für den Gastgeber und eines für zum Wichteln. Wobei eigentlich eher Asi-Wichteln oder in manchen Landkreisen auch als „Greulen“ bekannt. Wichteln kennt Ihr? Greulen auch? Nein, dachte ich mir – dann will ich es Euch kurz erklären. Beim Wichteln bringt jeder Gast ein kleines Geschenk für einen anderen Gast mit, die Geschenke kommen alle auf einen großen Tisch oder in einen riesigen Stoffsack und im Laufe des Abends darf jeder – zum Beispiel innerhalb eines Spieles wo jeder genau einmal dran kommt – sich aus dem Sack ein Wichtelgeschenk ziehen. Beim Asi-Wichteln oder Greulen ist die Vorgehensweise ähnlich, nur dass es sich bei den Geschenken um Dinge handelt, die man selbst nicht mag. Den Kaffeebecher mit dem Logo von dem Fußballverein, den man am wenigsten leiden kann, oder irgendetwas, was man mal selbst geschenkt bekommen hat – wo man aber nichts, aber auch wirklich gar nichts mit anfangen kann. Oder natürlich auch verhasste Kleidungsstücke, die man von der Patentante geschenkt bekommen hat, die aber nie gepasst oder gefallen haben. Und so ein Greuel-Geschenk sollte halt jeder der Gäste mitbringen. Für Spaß und Spannung war also mehr als gesorgt …

Nicht weniger spannend waren auch die Geschenke für den Gastgeber – wobei mancher Gast es sich auch nicht verkneifen konnte, auch schon hier in die Greuelkiste zu Hause zu greifen. Neben allerlei sinnvollen Kleinigkeiten kam auch der ein oder andere Blödsinn bei rum, jedenfalls hatten die Gäste und Alex schon beim Auspacken seiner Geschenke viel Spaß. Anna war es jedenfalls etwas mulmig ob der expliziten Vorstellung durch Alex, machte sich jedoch nicht großartig Gedanken darüber. „Wird schon alles gut gehen“ dachte sie und überreichte ihm als Gastgeschenk ein keines Päckchen Kondome in bunten Regenbogenfarben. Großes Gelächter, aber Vorsicht ist nun mal die Mutter der Prozellankiste und wer weiß, wer weiß. Von den anderen Gästen bekam er jedenfalls keine geschenkt, die hatten eher an Zigarillos oder ein kleines Fläschchen Schnaps gedacht – schließlich sollte es ja auch ein feucht-fröhlicher Abend werden. Nur die schwarz-gelbe Krawatte fiel eindeutig in den Greuelbereich – nein, schwarz-gelb waren nicht seine Farben, was ihn bei vielen der Gäste durchaus sympathisch wirken ließ. Da dies jedoch allzu bekannt war, war zu befürchten, dass diese Farbkombination auch beim Greulen noch mehrfach auftauchen würde – schwarz-gelb war hier jedenfalls nicht wirklich beliebt.

Und so machten sich die Gäste erstmal über das mehr als üppige Buffet her. Von exotischen Vorspeisen, über Meeresfrüchte, Salat bis zum Hauptgang aus dreierlei Sorten Fleisch sowie Fisch mit den dazu passenden Beilagen und Gemüse war alles dabei, was ein richtig leckeres Buffet zum satt essen ausmacht. Selbst für diejenigen, die kein Fleisch mochten, war mit pfiffigen Gemüsekombinationen und Beilagen an alles gedacht. Ein Buffet, wo es an nichts fehlte, erst recht nicht am Nachtisch, wo Mousse au Chocolate und leckeres Eis mit heißen Früchten auf die Gäste wartete. Dazu Bier und Wein, wer heute Abend bei der Gelegenheit alkoholfrei bleiben wollte, hatte eh so gut wie keine Chance. Cola und Fanta waren zwar ebenfalls im Angebot, aber nicht wirklich der Renner des Abends. Die Stimmung war gut, die Gäste zufrieden, der Gastgeber insbesondere, denn er kannte das Programm des Abends und war sich schon völlig im Klaren darüber, wie auch die Nacht enden würde. Wobei, ans Partyende war noch lange nicht zu denken, gefühlt hatte sie ja gerade erst angefangen.

Ich hatte es mir inzwischen auf der Couch gemütlich gemacht, meine alte Rocky Latzjeans und der kuschelige grau-gelbe Adidas-Pulli sind mir dafür immer noch am liebsten. Anna auf ihre Latzhosen ansprechen oder gar im Schrank danach schauen, ob sie noch da sind – nein, das konnte ich nicht, das wollte ich auch nicht. Diesmal wollte ich mich selber überraschen lassen, ob sie die noch einmal anziehen wird – und wenn, dann zu welcher Gelegenheit. Wobei ich es ihr auch nicht übel nehmen würde, wenn sie die tatsächlich mit in den Müllsack gestopft hätte, den ich heute Morgen im Halbschlaf vor die Haustür gestellt hatte. Nein, ich wollte ihr die Entscheidung selber überlassen, nicht nachfragen, nicht nachbohren um herauszufinden, was sie gemacht hat. Ich wollte es einfach auch nicht wissen, vielleicht um nicht doch am Ende enttäuscht zu sein, je nachdem wie sie sich entschieden hat. Denn das würde sie merken, im Unterbewusstsein nur, aber immerhin – da war ich mir sicher. Entweder würde sie meine Freude bemerken, oder halt eben doch meine Enttäuschung, denn sie wusste genau, wie ich im Fall der Fälle reagieren würde.

Sie wusste, wie sehr ich meine Latzhose mag, wie gerne ich sie nach all den Jahren immer noch anziehe – sie wusste aber auch, dass mir meine halt noch passt und dass sie längst nicht so extrem verbraucht aussieht, wie ihre. Gut, die Altkleidersammlung würde meine wahrscheinlich auch nicht mehr überleben, denn wer trägt die Dinger denn heute noch, aber das war halt auch ein anderes Thema. Ich hab‘ mich halt von modischen Einflüssen nie groß leiten lassen, denn sonst hätte ich vermutlich auch schon lange meinen C&A Skianorak gegen etwas Moderneres ausgetauscht. Aber warum denn? Das Teil ist genauso schön kuschelig warm wie meine Latzhose, und wann zum Teufel habe ich den zuletzt bei jemand anderem gesehen? Das moderne Zeugs trägt doch heute jeder – da kann man sich doch gar nicht mehr voneinander absetzen. Nöö, mit dem Teil fall ich auf, meist sogar positiv – wenn die Leute mich fragen, wo ich den denn noch her habe. Passiert nicht oft, aber manchmal halt schon – und dann sind alle überrascht, wie lange ich den schon habe und trage, und dass der immer noch passt.

Wobei ich meine schwarze Nubuk-Lederjeans noch mindestens genauso mochte, wie die Latzhose. Katrin schmunzelte immer, wenn sie mich auf der Arbeit in diesen Outfits sah – sie grinste regelrecht und war froh, dass sie nicht mehr so herumlaufen brauchte. Nein, sie sehnte sich kein bisschen an die Zeiten zurück, wo sie ihre antik-braune Lederlatzhose – die jetzt ohne ihr Wissen bei mir im Schrank auf die Weiterverwertung bei Anna wartete – anziehen musste, weil sie sonst nicht Moped fahren durfte. Immerhin trug sie ihre Fruit of the Loom Kapuzenpullis weiterhin zur Arbeit, ein kleiner Lichtblick jedenfalls, auch wenn die eigentlich nichts Besonderes waren. Wobei eigentlich schon, denn sie trug sie doch schon recht lange – was für eine Frau ziemlich ungewöhnlich ist. Seit dem sie bei uns Azubine ist, kenne ich sie in den Dingern. Jede andere junge Frau hätte die nach der Zeit auch schon längst mit in die Entsorgung gegeben.

Emma wartete indes am Hauptschalthaus auf Kevin – doch weit und breit keine Spur von ihm. Sie hätte ja alles von ihm erwartet, nur keine Unpünktlichkeit – aber vielleicht hat das ja alles seinen Grund. Sie gab die Hoffnung jedenfalls nicht auf und wartete auf ihn. „Irgendwann wird er schon noch kommen“ dachte Emma ungeduldig. „Und dann wird dem kleinen Fetischisten erstmal gehörig der Kopf gewaschen“ – schließlich hatte sie ihm zu Liebe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um an eine Latzhose heranzukommen. Und jetzt dazusitzen und auf ihn zu warten, nervte Emma nun doch kräftig an. Wo mag der blöde Kerl bloß stecken?
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

So, eines hab' ich noch - und für die ganz Aufmerksamen unter Euch mal wieder eines ohne "Anna" - dafür bestimmt nicht minder interessant. Die Party geht weiter und auf dem High 5 ist der Drops auch noch lange nicht gelutscht ...

Anna und ich verabschieden uns hiermit in die wohlverdiente Weihnachtspause und danken an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich unserem treuen Publikum. Wir wollen jetzt hier keinen explizit beim Namen nennen, die, die hier immer fleißig Lesen und Kommentieren wissen eh, wer gemeint ist. Ein ganz, ganz großes DANKE SCHÖN an Euch alle, denn ohne Euch wären wir nicht da, wo wir jetzt heute sind. Dass es Euch nach all der Zeit immer noch gefällt, nicht langweilig wird und ihr immer noch dabei sein ist für uns Motivation, weiter zu machen. DANKE!

Wir wünschen Euch schöne Weihnachtsfeiertage, guten Rutsch ins neue Jahr und wir schreiben und lesen uns hier spätesten 2016 wieder! Versprochen ist versprochen!


Emma war gerade dabei, sich wieder anzuziehen und nach Hause zu fahren – denn sie wollte den großen Regenschauer, der gerade heruntergekommen war unbedingt noch abwarten, als Kevin klatschnass – aber mit deutlicher Verspätung am vereinbarten Treffpunkt angekommen war. „Tschulligung …“ stammelte er „Plattfuß und dann auch noch Regen – ich bin nass bis auf die Haut“ fügte er traurig hinzu, denn Emma warten lassen wollte er trotz dieses beschissenen Tages nun halt doch nicht. Und Emma machte die Verspätung auf einmal auch nichts mehr aus, im Gegenteil sie war jetzt richtig in ihrem Element. „Erst mal was Warmes trinken!“ und schwupsdiewups hatte sie ein Handtuch organisiert und fing an in den Kopf trockenzurubbeln, am liebsten hätte sie ihm den ja gewaschen, aber was kann der arme Kerl denn dafür, wenn er sich am Fahrrad einen Platten holt.

Emma freute sich, dass Kevin doch noch zum Hauptschalthaus gekommen war und dass es aufgehört hatte, zu regnen. So wärmten sich beide bei einem Heißgetränkt erst mal auf und schauten sich wortlos an. Sie merkte durchaus, wie genervt er war, spürte aber gleichzeitig auch, dass ihm diese kleine Abreibung im wahrsten Sinne des Wortes gut getan hatte. Kevin hatte seinen völlig durchnässten Anorak inzwischen ausgezogen, saß nun in schwarzer Jeans und Pullover da, den er über der Hose trug, und Emma machte sich Gedanken, ob oder ob nicht – sie konnte es nicht so recht erkennen, ob es seine Latzhose war, oder nicht. „Warm hier drin, oder nicht? Magst Du nicht Deinen Pulli ausziehen?“ fragte sie, während sich ihre Hand langsam zum Reißverschluss ihrer rot/blauen Thermoweste hin bewegte. Eigentlich wollte sie ihn erst viel später überraschen, oben auf dem High 5, aber sie spürte, dass jetzt der bessere Zeitpunkt dafür wäre.

Kevin jedoch wirkte wie geistig abwesend, seine Gedanken waren noch ganz wo anders, nur nicht bei Emma, wobei er sich auch völlig im Unklaren war, warum er überhaupt ihrer Einladung gefolgt war. Ja, die schwarze Moonwashed Jeans, die so ungewöhnlich gut saß und aussah, hatte er morgens schon bemerkt – aber wohl auch nur deshalb, weil Emma sonst nie in Jeans rumgelaufen war. Und Moonwashed Jeans hatte er auch schon lange nicht mehr gesehen, er hatte also eher den Eindruck, dass Emma extra altes Zeug für heute anziehen musste, weil sie sonst nicht zur Altkleidersammlung mit durfte. Dass sie die Jeans heute Nachmittag immer noch an hatte, verwunderte ihn daher umso mehr. Aber ihm fiel auch nichts Außergewöhnliches daran auf.

Sie wollte mit der rechten Hand gerade den Reißverschluss langsam aufmachen, als Kevin den nassen Pulli auszog und darunter ein weißes T-Shirt zum Vorschein kam, was in seiner schwarzen Jeans steckte. Emma erschrak und ließ die Weste sicherheitshalber erst mal zu, Kevin in normaler Jeans zu sehen – damit hatte sie nicht gerechnet. „Wie, Du jetzt doch nicht in Latzhose? Wolltest Du die nicht heute anziehen, wenn die aus der Wäsche zurück ist?“ fragte sie neugierig, ohne natürlich zu wissen, was sich nach der Altkleidersammlung zu Hause bei ihm abgespielt hatte. „Mama mochte die nie wirklich leiden, dabei fand ich die doch so cool und bequem. War seit langem mal wieder was Besonderes, ‘ne Hose, die ich wirklich sehr gemocht hatte …“ – „Ja, und nu?“ hakte Emma nach. „Nu isse wech …“ antwortete Kevin mit fast weinerlicher Stimme.

„Wie wech? Hä?“ Emma verstand nicht so recht, oder wollte nicht – nein sie konnte nicht verstehen, weil schließlich kannte sie ja Heike, seine Mama, noch nicht. „Ja, wech“ Kevins Stimme wurde langsam böse. „Mama hat die heute Morgen in die Altkleidersammlung gegeben, wird wohl nicht mehr lange dauern, dann ist die im Reißwolf. Wer trägt denn heute noch Latzhosen?“ Das war für Emma das Stichwort „Ich!“ rief sie laut und selbstbewusst und riss dabei ihren Anorak auf. „Ich!“ sagte sie stolz und präsentierte sich Kevin in ihrer schwarzen Moonwashed-Latzjeans, über der sie die Thermoweste lässig trug. Kevin war vor Schreck aufgesprungen, Emma nutzte die Gelegenheit und knuddelte Kevin einmal komplett durch. „Ich mag Dich doch auch ohne Latzi!“ grinste sie, während sie einmal feste zupackte und ein irres Gefühl in sich verspürte. Ja, sie lief gerade auf Hochtouren, ja, dafür hatte sich das lange Warten gelohnt, und ja – für diesen knuddeligen Burschen wird sie auch gleich noch nach dem Fahrrad schauen.

Kevin hingegen wusste noch nicht, wie ihm geschah. Einerseits war Emma absolut nicht sein Beuteschema, sah so unsportlich aus, fast schon etwas pummelig – und einen coolen Klamottengeschmack hatte sie bislang auch nicht an den Tag gelegt. Sie sah so langweilig aus in ihren typischen Mädchenklamotten, im Kleidchen oder im Rock mit Bluse – nein, Kevin fand das bislang immer uncool. Und dann jetzt diese schwarze Moonwashed-Jeans und die Frage nach seiner Latzhose, das alles irritierte ihn doch sehr. All dieses war für ihn ungewohnt. Auf der anderen Seite spürte er aber auch so langsam aber sicher, dass Emma die Nähe zu ihm suchte, dass sie die Initiative ergriff und ihm wurde klar, die schwarze Moonwashed Latzjeans die sie heute schon den ganzen Tag trug – all das konnte kein Zufall sein, da muss doch etwas mehr dahinter stecken. Er musste das alles erst einmal tief sacken lassen, all die Erlebnisse des heutigen Tages, all die Enttäuschungen, Pleiten, Pech und Pannen. Aber dass Emma letztlich doch auf ihn gewartet hatte, das rechnete er ihr hoch an.

Doch so richtig wusste er nicht, was er mit seinen Gefühlen anfangen sollte. Apropos Gefühle: Waren da überhaupt welche, als Emma ihn durchknuddelte? Ja, er spürte etwas – er spürte, dass sie sich für ihn interessierte. Aber umgekehrt? Würde auch er für sie empfinden können? Noch einmal ganz bei null anfangen, Anna hinter sich lassen und eine neue Chance suchen? Er war verunsicherter als je zuvor. Anna hatte damals – wobei damals gut ist, weil so lange ist es ja auch nun nicht her – alles in die Hand genommen, und Emma war plötzlich genauso. War das also alles nur „History repeating“? Eins war ihm jedenfalls klar – heimlich Emma Latzi anprobieren iss nich – geht nich – kommt nicht in Frage. Wobei er Emma allerdings auch eher so einschätzte, wie „Komm Kevin, willst Du mal?“ Aber auch da war er sich nicht völlig sicher, jedoch das gebrannte Kind scheut das Feuer.

Emma jedenfalls bestand darauf, nach Kevins Fahrrad und dem platten Reifen schauen zu dürfen. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ war ihre Devise – wobei Kevin ihr schon wieder nicht so richtig folgen konnte. Es war schon komplett dunkel, die Außenbeleuchtung des Hauptschalthauses jedoch ließ eine kurze Analyse zu: Der Reifen ist platt. da nützt auch aufpumpen nichts mehr – da sind erfahrenen Hände gefragt. Kevins stellten sich als „Zwei linke Hände, alles Daumen“ heraus und Emma hatte bei Fahrradtouren im Kreise der Familie schon den ein oder anderen Plattfuß am Fahrrad erlebt und vor Ort flicken dürfen. Sie wüsste also genau, was zu tun ist, baute Kevin erfolgreich in die Reparatur mit ein und in Nullkommanichts war dank Emmas Flick- und Werkzeug, das sie immer auf solchen Touren dabei hatte, wieder ausreichend Luft im Reifen. Kevin war begeistert, hatte er sich doch in Gedanken schon darauf eingestellt, den doch weiten Weg nach Hause schiebend zu Fuß antreten zu müssen.

Nein, Emma hatte alles gut gemacht – doch warum nur das alles? Und warum für ihn? Nein, er wollte oder konnte nicht begreifen, was da gerade alles passierte. „Nu lass Dein Fahrrad mal Fahrrad sein und komm mit auf den High 5“ rief sie laut und deutlich. „Wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier …“ grinste sie. Emma wusste genau, um diese Jahreszeit und um diese Uhrzeit ist abends auf dem High 5 tote Hose – hier könnten sie beide ihre Ruhe haben – sich näher kommen, Emma könnte endlich mal die Nähe zu einem Jungen spüren, den sie mochte, für den sie sich interessierte – vor allem, weil er so anders war, als die anderen Jungs in seinem Alter, die entweder nur Fußball – oder was für Emma viel schlimmer war – nur poppen im Kopf hatten. Nein, sie suchte genau das Mittelding zwischen beidem, jemanden mit Niveau, der aber durchaus für Sex nicht abgeneigt war. Jemanden, der auffiel, der anders war in dem Alter, halt anders genau wie sie, die nicht im Mainstream mit schwamm, sondern ihren eigenen Weg zu finden suchte. Fast so wie Anna, von der sie total fasziniert war, dass ausgerechnet sie in ihrem Alter noch Latzhosen trug – und dann noch welche aus Lederimitat, was jedoch fast wie echtes aussah.

So packte sie nach getaner Arbeit Kevin um mit ihm die Treppenstufen zum High 5 hinaufzugehen. Am Wochenende war das alte Stahlwerk immer wunderbar illuminiert, völlig faszinierend, was man aus alter Industrie so alles machen kann. Und dann auch noch für umme, Eintritt kostete der Besuch zum Glück nicht. Der Park war wunderschön hergerichtet, kulturell besonders reizvoll – eine Kletterwand, einen großen Abenteuerspielplatz und last but not least der grandiose Ausblick vom Stahlwerkshochofen 5 – im Allgemeinen nur „High 5“ genannt auf die Umgebung. Die Autobahn und die damit verbundene grenzenlose Freiheit war von da oben genauso zu spüren wie Land und Leben in dem Teil, wo sie beide aufgewachsen waren, wo schon ihre Eltern und Großeltern vor Kohle und Stahl gearbeitet haben und wie sie gemeinsam den Strukturwandel erlebt haben, wie Opa arbeitslos wurde, weil die Zeche dicht gemacht hat, wie rund um den Pütt eine Kneipe nach der anderen verschwand, genauso wie die Tante Emma Läden – wo Kevin früher immer die Scheibe Mortadella an der Wursttheke und Emma immer das Brötchen beim Bäcker geschenkt bekam.

Da wo man damals noch so richtig Kind sein konnte, früher – als es noch keine Tempo 30 Zonen gab, wo man noch unbeschwert auf der Straße spielen konnte, wo beim Völkerballspielen einer „Auto“ rief – der Wagen durchgelassen wurde und man danach einfach weiter spielte. Kevin und Emma kannten diese Zeit auch nur noch vom Erzählen, obwohl sich eigentlich in den Straßen ihres „Rewirs“ bis heute nichts geändert hat – mit einer Ausnahme vielleicht, nämlich der, dass die auf der Straßen spielenden Kinder immer seltener wurden. Wo auf den Straßen noch was los war, wo jeder jeden kannte, wo man zu Hause sein musste, wenn die Laternen an gingen, und wehe, man war es nicht – dann entlud sich die ganze Energie eines Stahlarbeiters oder Bergmanns auf sich, und selbst nach der härtesten Schicht war immer noch genug Energie übrig, den Nachwuchs zielstrebig in die Schranken zu weisen. Nur eines war Regel, man bekam das, was man verdient hatte – und es war immer fair, wenn auch meist äußerst schmerzhaft …
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

So, die Winterpause ist dann doch etwas länger geworden, als eigentlich geplant – Anna und ich brauchten einfach mal eine kleine Auszeit. Hier nochmal eine kurze Zusammenfassung, was bislang passiert ist:

„Angefangen hatte alles vor ein paar Jahren, als Anna eine alte schwarze Kunstlederjeans von ihrer besten Freundin Marie mitgebracht hatte, die Ihr nicht mehr passte. Anna liebte diese Hose seit dem sie die zum ersten Mal bei Marie gesehen hatte und trug dazu sogar die alten Kapzuennickis, die sie eigentlich überhaupt nicht mochte und nur mir zu Liebe trug. Nach zwei Jahren waren die Sachen reif für die Tonne, in der sie dann auch ohne Annas Wissen gelandet waren. Als Trostpflaster bekam sie von Marie ihre alte Latzjeans geschenkt, die sie ebenfalls heiß und innig liebte bis auch die völlig zerschlissen reif für die Lumpensammlung war. Und weil sie so an den Klamotten hing, besorgte ich ihr bei UsedTex Latzhosen, die dort um ein Haar im Reißwolf gelandet wären.
Von meiner Arbeitskollegin Katrin hatte ich das Glück, ihre antikbraune Lederlatzhose und die dazu passende Jacke für Anna abgreifen zu können, da ihre Mülltonnen und die in der Firma so überfüllt waren, dass sie mir die Klamotten schlichtweg zum Entsorgen in die Hand drückte. Ich selber trage am liebsten meine alte Rocky-Latzjeans, die ich schon seit Jahren habe und meinen grau/gelben Adidas Jogger-Pulli, dazu einen uralten, rot/beige/blauen C&A Skianorak, den ich auch schon seit Ewigkeiten mag. Ab und zu trage ich auch meine Nubuk-Lederjeans, obwohl ich die Liebe zu Lederhosen erst im Laufe der Zeit wiederentdeckt habe. Letztens habe ich Frankie kennengelernt, der klamottenmäßig ähnlich tickt wie ich und der einen kleinen Sohn namens Peter hat, der wenn er bei Papa ist meist eine dunkelgrüne Kniebundlederhose anziehen muss, die er nicht so wirklich mag.
Anna und Kevin hatten zusammen ihr erstes Mal, er steht total auf Mädels in Latzhosen und musste während des Sportunterrichts unbedingt und ungefragt Annas dunkelbraune Kunstleder-Latzhose anprobieren, was sie ihm nie verzeihen hat. Seit dem trennten sich ihre Wege und Kevin interessierte sich auf einmal für Emma, das Mauerblümchen in der Klasse, die eigentlich nicht ins Beuteschema passte und sich zur heutigen Altkleidersammlung extra eine alte Moonwashed-Latzhose besorgt hatte um Kevin zu beeindrucken. Während Anna bei Alex – der alles in der Klasse flachlegt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist - auf der Party verweilt, versucht Emma auf dem High 5, einem alten stillgelegten Stahlwerk Kevin zu verführen …“

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen, Kommentare zu Anna bitte wie gehabt in diesem Thread

Kevin folgte Emma also wortlos mit auf den High 5. Er genoss es förmlich, Emma in der durchaus alten, engen schwarzen Moonwashed-Latzi zu folgen. Er fühlte sich unsicher, war etwas nervös, weil er zwar ahnte, was ihm oben bevorstand, er aber absolut nicht wusste, ob er diese Gefühle zulassen sollte. Immerhin schlug sein Herz noch für Anna, wobei er sich durchaus bewusst war, dass es sie ihm niemals verzeihen würde, dass es sich ungefragt an ihrer schokoladenbraunen Kunstlederlatzhose während des Sportunterrichts vergriffen hatte. Und während er so hinter Emma herstiefelte wurde ihm klar, wie süß Emma doch aussah und wie sehr ihn das Rascheln ihrer rotblauen Themoweste wunschig machte. Er spürte, da war etwas mehr, da war dieses Kribben wieder, was er erlebt hatte, als er in seiner kurzen Lederhose – die ja inzwischen auch in der Altkleidersammlung verschwunden war –auf seinem Bett lag und das erste Mal onanierte.

Und auch Emma sah Kevin immer wieder mit großen Kulleraugen an. Sie hatte gehofft, dass Kevins Latzhose zum Abend hin wieder aus der Wäsche zurück war und er sie anziehen würde, während sie sich am High 5 treffen. Sie war stinksauer auf Heike, die seine Latzhose heute Morgen in der Altkleidersammlung entsorgt hatte – am liebsten würde sie ihr bei Gelegenheit mal die Meinung sagen, hatte aber durchaus Angst, von ihr dafür eine gelatscht zu kriegen. Heike war einfach unberechenbar, das hatte sie heute wieder gemerkt.

Sie beide in Latzhosen, das wäre es gewesen, das war, was Emma sich insgeheim gewünscht hatte. Nun stand Kevin ohne da, was ihr aber dennoch nichts ausmachte: Kevin war süß und knuffig, und jedenfalls das würde sie ihm in aller Deutlichkeit sagen und zeigen, wenn sie oben angekommen wären. Alles andere, so hoffte sie, würde sich dann früher oder später sowieso ergeben, denn auch sie spürte, dass Kevin zwar was auf dem Herzen hatte, dass er irgendwie frustriert war – wobei ihr auch klar war, dass es nicht nur der Plattfuß war, was ihn fertig machte.

Indes war bei Alex die Party im vollen Gange – Anna amüsierte sich bestens, was sicherlich auch daran lag, dass sie beim Gläschen Sekt etwas öfters als sonst zugriff. Alkohol gab es bei uns zu Hause für gewöhnlich nicht, höchstens mal zu Weihnachten, wobei die Flasche Sekt die wird dann köpften in der Regel bis Silvester hielt. Anna kannte einige der Gäste von der Schule her, die meisten waren dem Anlass entsprechend gekleidet, hatten sich in Schale geschmissen oder zumindest ihr bestes Zeug angezogen. Nur eines der Mädels fiel offensichtlich aus der Reihe, etwas großer als Anna, schlank und knallroten Igelhaarschnitt, an den Seiten glattrasiert und im Nacken ein kleines Minischwänzchen, zum Zopf geflochten, bis zu den Schultern reichend. Dazu ein Ohrring im linken Ohrläppchen, weißes Sweatshirt, alte, enge schwarze Glattlederjeans und weiße, abgetragene hohe Nike Airforce 1. Mein Gott, wie lange hatte Anna die schon nicht mehr bei den Mitschülern und Schülerinnen gesehen.

Anna schaute sie musternd an, schüttelte den Kopf und dachte sich: „Mutig, so herumzulaufen!“ Die Lederhose saß knackig eng, noch enger als ihre eigene jemals gesessen hatte. Das schwarze, feine Glattleder hatte auch schon seine besten Tage hinter sich, die Abnutzung war mehr als deutlich zu erkennen. Anna hielt Blickkontakt zu ihr, fasste sich dann doch ein Herz und ging auf sie zu: „Hi, ich bin Anna!“ – „Und ich bin Laetitia, aber alle nennen mich nur kurz Tia! Ich hab‘ schon viel von Dir gehört, Anna – Du bist doch die, die auch ab und zu mal in Lederhose zur Schule kommt, oder?“ Anna wurde etwas verlegen, nickte und sagte „Geiles Outfit – gefällt mir! Die Lederjeans passt Dir gut!“ „Danke!“ erwiderte Tia, die sich unter all den aufgebrezelten Mädels sichtlich unwohl fühlte. „Alex wollte unbedingt, dass ich komme – dann muss er halt so mit mir vorlieb nehmen! Ich hab‘ halt nur das, was ich am Leib trage!“ – „Wie jetzt? Du machst Scherze, oder?“ – „Naja, nicht wirklich – ich hab‘ halt kaum was an Klamotten, ich mach mir da nicht draus, ich leb‘ ziemlich minimalistisch, wenn Du verstehst was ich meine!“

Anna nickte, obwohl sie sich nicht wirklich vorstellen konnte, dass ein Mädel was etwas älter war wie sie nur eine Hose, ein Sweatshirt und ein paar alte ausgelatschte und völlig eingesaute ehemals weiße hohe Nike Stiefel besaß. „Naja, im Grunde genommen hab‘ ich auch noch ‘rote Adidas Glanz-Jogginghose mit den berühmten drei Streifen an der Seite und eine alte, blaue H.I.S Jeans, die aber inzwischen so zerfetzt ist, dass sie eigentlich auf den Müll gehört.“ Anna fand das alles total spannend und quatschte noch eine ganze Zeit lang mit Tia, deren Einstellung zu Klamotten und zum Leben irgendwie so komplett anders war, als sie sich das vorstellen konnte. Kurioserweise waren beide gar nicht so weit auseinander in ihren Ansichten, denn immerhin fühlte sich Anna in alten abgetragenen Sachen durchaus auch pudelwohl.

Anna hatte nie Probleme damit, irgendetwas Altes oder Gebrauchtes anzuziehen. Am liebsten natürlich die Sachen von Marie, denn da wusste sie wo die Sachen her waren und dass sie sonst – wenn sie die nicht genommen hätte – in der Altkleidersammlung gelandet wären. Und da Anna durchaus klar war, was das bedeutete – in der Regel nämlich, dass die meisten Sachen dort im Reißwolf landen, wenn sie entweder etwas exotischer sind oder soweit verbraucht, dass sie sich nicht mehr verkaufen lassen – nahm sie die Sachen liebend gerne, auch wenn sie mich damit oftmals mehr als auf die Palme gebracht hatte. Denn welche Mama mag ihre Tochter gerne in Klamotten sehen, die bei der Altkleidersammlung unbeachtet im Reißwolf geschreddert worden wären. Ich zumindest habe dabei immer ein ungutes Gefühl, obwohl ich ihr auch selber schon Sachen von UsedTex mitgebracht habe, die – wenn ich sie mir nicht geschnappt hätte – kurze Zeit später definitiv die letzte Reise in den hauseigenen Schredder zur endgültigen Vernichtung angetreten hätten. Aber was machst Du als Mami, die ihr Kind liebt und unbedingt nochmal Latzhosen haben möchte, wenn es weit und breit keine neuen mehr zu kaufen gibt? Wenn kein normaler Laden mehr welche führt, weil sie einfach nicht mehr gefragt sind? Wenn selbst im Freundes- und Bekanntenkreis keine mehr aufzutreiben sind? Dann gehst Du halt in die Second-Hand- und Altkleidershops und schaust dort nach den Sachen. Zum Glück hatte Anna da nie Probleme mit, obwohl ihr natürlich mit zunehmendem Alter immer mehr Zweifel kamen.

Zweifel, die auf einmal völlig ausgelöscht waren. Anna sah sich plötzlich wieder darin bestätigt, dass all das was sie bislang angezogen hatte, doch richtig war. Sie fühlte auf einmal mit Tia, sah in ihr sogar eine Verbündete zumal diese knallenge Lederjeans total irre an ihr aussah. Anna war total neugierig und fragte Tia ein Loch nach dem anderen in den Bauch – und Tia freute sich, dass sich jemand mal für sie interessierte und nicht nur die äußere Hülle sah, die auf viele abschreckend wirkte. „Was hast Du eigentlich zum Wichteln mit?“ fragte Anna neugierig. „Ich werd‘ wohl meine Nikes opfern müssen – ich hab‘ doch nichts anderes! Hab‘ mich schon innerlich drauf eingestellt, Barfuß nach Hause zu laufen …“ – „Du spinnst doch – das ist doch nicht Dein Ernst, oder?“ – „Doch, manchmal muss man sich auch von dem Trennen, was einem am liebsten ist! Machst Du das nicht auch so, Anna?“ Anna zögerte, schüttelte mit dem Kopf und meinte „Das bringe ich nicht übers Herz! Ich kann mich doch nicht von den Dingen trennen, die ich am meisten liebe!“ – „Doch, das bringt doch erst den richtigen Kick! Ich hab‘ die Nikes von meiner Cousine geerbt, da waren die eigentlich schon reif für die Tonne – ich trage sie seit ein, zwei Jahren jeden Tag, ich habe keine anderen Schuhe, nur ein paar Flip-Flops für zu Hause. Dann muss ich die halt demnächst für draußen mit anziehen!“ Anna war noch mehr erstaunt über Tias Einstellung, besonders weil es ihr offenbar Spaß zu machen schien, absolut minimalistisch zu Leben und sich dann auch noch von dem wenigen, was sie hat so locker trennen zu können. In der Sache war Laetitia ihr um Jahre voraus – diese Gelassenheit hatte Anna noch nicht, das unterscheid sie halt von ihr.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Oben auf dem High 5 warf Emma ihre Thermo-Weste in die Ecke und Kevin war klar, wenn er jetzt seine Gefühle zulässt könnte es ein wunderbarer Abend werden. Er dachte zurück an sein erstes Mal, an das erste Mal onanieren im Bett, wo er seine kurze Glattlederhose, die er zur Strafe weil er seine neuen Sprintershorts beim Fußball spielen kaputt gerissen hatte trug, die Heike, seine Mama kurze Zeit später in der Altkleidersammlung entsorgte. Und er dachte an das erste Mal mit Anna, wo sie nach der gemeinsamen Fahrradtour aktiv wurde und sie beide wunderbaren Sex miteinander hatten. Er dachte aber auch an seinen Fauxpas, an die Sportstunde, wo er unbedingt Annas dunkelbraune Kunstlederhose anprobieren musste und dabei den Latzknopf kaputt machte, weil er die Trägerchen unbedingt einhaken musste. Bei Emma bestand zumindest diese Gefahr nicht, ihre Latzhose würde ihm definitiv nicht passen und außerdem hatte er aus seinem Fehler durchaus gelernt. Schließlich hatte er Anna dadurch erst verloren, obwohl er so ehrlich zu ihr war und alles gebeichtet hatte. Nein, er spürte bei Emma könnte es einen Neuanfang geben – schließlich spürte er die Erregung in sich und Emma fühlte ähnlich – jedenfalls gab sie oben auf dem High 5 Vollgas.

Sie war es, die die Aktivität ergriff – so wie Anna damals und es schien Kevin wieder Spaß zu machen, von ihr erobert zu werden. Emma legte direkt los, spürte Kevins Erregung ebenfalls und dachte sich „Jetzt oder nie“. Sie hakte die Trägerchen aus, klappte den Latz nach unten, riss die Seitenknöpfe los und schob die Latzhose vorne soweit runter, dass sie ihren Schlüpfer freilegen konnte. Kevin war komplett aus dem Häuschen, Emma öffnete auch seine Jeans, griff nach seinem besten Stück und führte es langsam in sich hinein. Ein geiles Gefühl – was Kevin schon kannte und für Emma neu war. Kevin wusste, was zu tun war und nach ein paar kurzen Stößen spritze er ab. Vorsichtig zog er sein Glied aus ihrer Scheide, zog Emmas Höschen wieder hoch, knöpfte ihr immer noch eng umschlungen die Latzjeans zu und hakte ihr die Trägerchen wieder in den Latz ein. Währenddessen verpackte Emma sein bestes Stück wieder, machte auch ihm die Hose wieder zu und war glücklich. Genauso hatte sie sich ihr erstes Mal vorgestellt: Ein bisschen vorher kuscheln aber eigentlich direkt zur Sache kommen – das hatte sie sich immer erträumt. Und dann auf dem High 5 – das war die Location wo es in ihrem Träumen passieren sollte. Emma war glücklich und Kevin auch, Anna war in guter Erinnerung – aber dennoch vergessen. Zufrieden vom ersten gemeinsamen Mal saßen beide noch zusammen, Emma machte es nichts aus sich auch mit ihrer Latzjeans auf den dreckigen Boden zu setzen, Mama würde die schon wieder sauber bekommen.

So quatschten Emma und er noch den ganzen lieben langen Abend – Emma wollte alles von ihm wissen, warum er seine kurze Lederhose so lange nicht mehr angezogen hat und warum seine Mami seine Sachen in der Altkleidersammlung entsorgt. Und sie fragte nach Saskia, die ja seinen alten roten Kapuzennicki auftragen durfte, oder musste – je nachdem wie man es sieht. Im Gegensatz zu Anna erkannte sie seinen Fetisch sofort, sprach offen und ehrlich mit ihm darüber und versicherte ihm, dass es ihr überhaupt nichts ausmachen würde. Im Gegenteil, sie hatte sogar vollstes Verständnis für ihn und ihr war klar, dass Heike da durchaus ihren Teil zu beigetragen hatte in dem sie Kevin alte Sachen einfach so weggeschmissen hatte und zuvor natürlich immer entsprechend gedroht hatte. Unter den Umständen musste alles ja so kommen. Sie konnte nachvollziehen, wie sehr er um seine Lederhose, seinen Kapuzennicki und nun auch um seine Latzjeans trauerte und dass er bei Annas und ihren Klamotten natürlich genauso fühlte. Seine Angst, geliebte Anziehsachen nie wieder zu sehen und dass die Vorstellung wie diese im Reißwolf ohne große Beachtung geschreddert werden ihn einfach nur noch erregt, konnte sie sehr verständnisvoll nachvollziehen, obwohl sie selber nie solche Erlebnisse hatte.

Kevin war glücklich darüber, endlich mal über seine Neigungen quatschen zu können, ohne sich dafür schämen zu müssen. Und Emma nahm ihn so, wie er war – bei Emma spürte er Nahe, Wärme und Vertrauen, was er so noch nicht erlebt hatte. Er war froh, seine Gefühle zugelassen zu haben sah vieles plötzlich viel lockerer. Er hatte ihr längst verziehen, dass sie am Morgen auf seinen Kapuzennicki getreten zu haben, der dadurch endgültig zu nicht mehr tragfähigem Recyclingmaterial wurde. Nur eines wünschte er sich insgeheim: Emma mal in Lederhosen zu sehen! Aber das verschwieg er ihr trotz allem Vertrauen und aller Nähe – so sehr wollte er dann doch nicht mit der Tür ins Haus fallen …

Die Party bei Alex verlief feucht fröhlich – Anna war von Tia und ihrer minimalistischen Lebenseinstellung total fasziniert und Tia sah darüber hinaus noch total süß aus. Anna wurde kribbelig, fast sogar wuschig wenn sie Tia sah. Und obwohl Anna mehr Adidas Sachen liebte, hatte sie Gefallen gefunden an den völlig zerlatschten Nike Airforce 1, die so richtig geil aussahen und zufälligerweise genau ihre Größe hatten. Alle Gäste hatten schon gut einen im Tee, als gegen Mitternacht endlich das Asi-Wichteln begann. Die Spielregeln waren schnell erklärt, alle Wichtelgeschenke kamen in einen großen Jute-Sack und wer beim Würfeln eine „sechs“ würfelt darf sich ein Wichtelgeschenk ziehen.

Alex hatte sich gewünscht, dass jeder zum Wichteln ein paar Schuhe oder Stiefel mitbringt, die man überhaupt nicht mehr leiden kann. Damit nicht jeder sofort ertasten kann, wer wessen nun zieht, war Bedingung, sie in einem Karton zu verpacken und in Geschenkpapier einzuschlagen. Alle hielten sich daran, mit Ausnahme von Tia, die ihre Nikes inzwischen ausgezogen und an den den Schuhbändern zusammen geknotet lose in den Sack geworfen hatte. Anna steuerte ein paar alte Winterstiefel bei, die eigentlich schon lange in die Tonne gehört hätten, weil sie an der Sohle fast durch waren. Und da Alex insgeheim davon ausging, dass niemand wirklich Interesse an seinem Wichtelgeschenk hatte, hatte er im Garten ein kleines Lagerfeuer vorbereitet, wo die ungeliebten Teile dann im Feuer ihr Ende finden würde. Zwingen wollte er natürlich niemanden, zumal er gerade Tia auch nicht zumuten wollte, barfuß nach Hause gehen zu müssen. Sie in nackten Füßen zu sehen hatte ihn er schon etwas geschockt, er hätte nie im Leben damit gerechnet, dass sie ihre geliebten Nike Airforce 1 dafür opfern würde.

So ging der Würfel reihum, um der ein oder andere würfelte die „sechs“ und zog sich den einen Schuhkarton nach dem anderen aus dem Sack. Anna war von vornherein klar, nach was sie greifen würde, wenn für sie die „sechs“ käme und hoffte nur darauf, dass sich alle anderen für einen Karton entscheiden würden, was sie auch taten – denn sie liebten die Spannung und griffen nicht nach Tias lose in den Sack geworfenen Turnschuhen. Endlich war Anna an der Reihe – doch leider keine „sechs“, also nochmal eine Runde warten und zittern. Tia hingegen hatte Glück und die ersehnte „sechs“ gewürfelt und zog ohne schauen zu dürfen einen Karton aus dem Sack. Anna grinste, als sie das Geschenkpapier sah und Tia war sofort klar, was sie da gezogen hatte und grinste glücklich zurück. Zum Glück verstanden die anderen kein Wort. In der nächsten Runde kam dann auch für Anna die erlösende „sechs“ und auch sie griff zielsicher in den Sack. Für sie war klar: Die Nikes oder Nichts – obwohl sie Nike bislang nie so wirklich mochte. „Ich nehm‘ dann die“ rief sie stolz und Tia war sichtlich erfreut darüber, dass ausgerechnet Anna sich – ohne dass sie es zuvor ausgemacht hätten – sich für ihre Airforce 1 entschieden hatte.

Erst als alle Kartons verteilt waren, dürfte ausgepackt werden – für alle ein riesen Spektakel, besonders für Alex, der vom Anblick alter ausgelatschter Schuhe völlig aus dem Häuschen war. Er war stolz, diese Aktion war mehr als gelungen. Es kam alles Mögliche zu Vorschein: alte Sambas, Superstars, Puma Speedcats in jeglichem Zustand, Pumps, Ballerinas, gefütterte Winterstiefel und High Heels vom feinsten. Tia war überglücklich, Annas alte Winterstiefel ergattert zu haben, die waren wenigstens die gleiche Größe und sie brauchte nicht barfuß nach Hause zu laufen. Beim Anblick der Nikes in Annas Händen lief Alex das Wasser im Munde zusammen, denn er war sich sicher, dass Anna diese nicht mit nach Hause nehmen würde. Doch zu früh gefreut …

Die meisten Gäste fanden die Aktion äußerst lustig und jedem war von Anfang an klar gewesen, dass die Wichtelgeschenke eines nach dem anderen ein Opfer des im Garten vorbereiteten Lagerfeuers werden sollte. Tia war natürlich von der Regel ausgenommen, schließlich wollte Alex ihr doch keinesfalls zumuten, barfuß wieder nach Hause zu müssen. Und obwohl Alex auch nicht groß auf Lederhosen stand machte es ihm nichts aus, wie Tia zu seiner Party erschienen war. Sie gehörte einfach dazu, dafür kannten sich beide schon viel zu lange. Er kannte sie eigentlich nie groß anders, wusste von ihrer traurigen Vorgeschichte und dass sie bei ihrer Großmutter lebt, die selbst kaum Geld für sich hat. Er bewunderte Tia dafür, wie sie das alles so wegsteckte, obwohl er keinesfalls mit ihr tauschen wollte.

Und so landete draußen unter schallendem Gelächter ein Schuhpaar nach dem anderen im Lagerfeuer, nicht ohne vorher nochmal in allen Einzelheiten von den einzelnen Gästen beurteilt worden zu sein. Dem ein oder anderen gelang es auch, einzelne Schuhe den jeweiligen Gästen zuzuordnen, was umso mehr für Erheiterung sorgte. Aber niemand hatte großes Mitleid, allen war irgendwie von vornherein klar, wie dieser Wichtelabend enden würde. Selbst Tia nahm’s mit großer Gelassenheit, sie hatte zufälligerweise was einigermaßen Gescheites abgegriffen und war von daher zufrieden, dass sie nicht in viel zu kleinen oder zu großen Schuhen nach Hause musste. Und insgeheim hatte sie auch mit ihren Airforce 1 abgeschlossen und wartete nur darauf, dass Anna sie zielsicher ins Feuer werfen würde.

Anna fand die Aktion auch witzig und cool, genau das Richtige für sie, die doch so schwer loslassen kann. Da waren einige Schuhe bei, die sie total faszinieren fand und jetzt ihr Ende im Feuer fanden. Was sie etwas beruhigte war, dass sie kaum Schuhe den einzelnen Gästen zuordnen konnte, meist hatte sie nicht auf die Schuhe der Klassenkameraden und Kameradinnen geachtet. Die einzigen, die sie erkennen konnte, waren Sarahs Adidas Neo, die mit den silbernen Streifen und den Nieten auf der Rückseite. Richtig schöne klassische Sneakers, wenig getragen, fast noch neu, doch zum Glück nicht Annas Größe. Das machte es für sie etwas leichter es zu ertragen, wie sie ins Feuer geworfen wurden und langsam in Flammen aufgingen. Sie wunderte sich nur, dass Sarah ausgerechnet diese abgegeben hatte, vielleicht waren sie ihr doch schon nach kurzer Zeit zu klein geworden. Alex stachelte Anna an, nun mach schon endlich – als Anna etwas machte, womit niemand der anwesenden Gäste gerechnet hätte …
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Dieses Kapitel hier ist nichts für schwache Nerven ... :mrgreen:

Anna hielt Tias Nikes fest in der Hand und passte höllisch drauf auf, dass niemand von den kreischenden Jungs sie ergreifen konnte. Mit den Füßen allein zog sie ihre nagelneuen Pumps aus, die sie erst im Laufe des Tages gekauft hatte – die waren eh recht preiswert und vor allem unbequem. Ein weiteres Mal hätte sich die sicherlich nicht mehr angezogen, das war sicher, als sie diese mit zwei geschickten Fußwürfen direkt in die lodernden Flammen beförderte. Und eh die kreischende Masse sich ob ihrer Entscheidung wieder einigermaßen beruhigt hatte, hatte sie auch schon Tias alte Nikes an den Füßen und war sichtlich erleichtert. Tias starrte sie völlig entgeistert an – in ihrer Phantasie hatte sie schon ihre Schuhe im Feuer verbrennen sehen, dass Anna sich dafür entschieden hatte, statt dessen ihre neuen Pumps zu entsorgen hatte sie komplett durcheinander gebracht. Anna grinste nur und war sich sicher, auch diesmal wieder alles richtig gemacht zu haben, obwohl sie eigentlich bislang immer nur Sportschuhe von Adidas getragen hatte. Sie war halt ein richtiges Adidas Mädchen, sie liebte die Marke heißt und innig, dass eigentlich schon lange nicht anderes mehr den Weg in den Schrank fand. Dabei war es ihr ziemlich egal, wie alt und getragen die Sachen waren, Hauptsache das Logo stimmte.

Annas Outfit wirkte jetzt erst richtig komisch – alte, gammelige, aber zum Glück noch nicht kaputte Nike Airforce 1 zu Minirock und Strumpfhose. Die anderen Gäste waren immer noch geschockt, ja Anna hatte damit irgendwie die Party gesprengt. Es dauert jedoch nicht lange bis wieder Ruhe eingekehrt war. Alex ließ noch eine komische Bemerkung fallen so von wegen „noch lodert das Feuer ja noch“ aber das beeindruckte Anna kein bisschen. Sie fühlte sich pudelwohl in ihren neuen Schuhen – machte sich jedoch Sorgen, wie sie mir nun erklären sollte, dass ihre neuen Pumps Opfer der Flammen geworden sind und sie jetzt mit ollen Turnschuhen nach Hause kommt. Sie war sich sicher, dass ich zwar dumm gucken würde, die Aktion jedoch für sie keine weiteren negativen Konsequenzen haben würde.

Auf dem High 5 war inzwischen Ruhe eingekehrt, Emma und Kevin hatten sich wieder angezogen und waren auf dem Nachhauseweg. Emma war immer noch sauer auf Heike, weil sie Kevins Latzhose einfach so in den Altkleidersack gestopft hatte – mochte sie doch Kevin gerade in Latzhosen besonders gut leiden. Auch die kurze, dunkelgrüne Lederhose hätte sie gerne nochmal zum Frühjahr hin an ihm gesehen, jedoch war die ja auch schon lange Geschichte, was Emma so nie bewusst geworden war. Irgendwie fehlte Emma dafür jegliches Verständnis.

Ich selber verbrachte den freien Abend mal wieder bei Frankie und Peter. Er trug seine dunkelgrüne Kniebundlederhose, die ich ihm letztes als Ersatz für seine alte, zu klein gewordene mitgebracht hatte. Innerhalb kürzester Zeit sah sie vom Zustand her schon fast wieder so aus, wie seine alte. „Er trägt sie halt fast täglich – sogar zur Schule!“ berichtete Frankie stolz und war froh, dass er für ihn nicht ständig neue Hosen kaufen musste. Die Lederhose ist halt doch deutlich stabiler und haltbarer als eine normale Stoffhose, von denen er in Spitzenzeiten direkt mehrere pro Woche gehimmelt hatte. Und genau so sah die Lederhose auch schon aus: Verkratzte Knie, verkratzter Popo – der Aschenplatz auf dem er nach der Schule gerne Fußball spielte, trug sein Übriges dazu bei. Er hatte sich schnell an das Teil gewöhnt, obwohl er eigentlich in einem Alter war, wo Lederhosen langsam aber sicher nicht mehr State of the Art waren. Die anderen Jungs in der Klasse trugen schon lange keine mehr, selbst in den Klassen darunter waren die so gut wie ausgestorben. Ab und zu trug von den Erstklässlern noch jemand eine, aber wenn dann auch nur ausnahmsweise, wenn alle anderen Hosen gerade in der Wäsche waren.

Zumindest saß die neue Lederhose durchaus bequem – Peter war ein knuffiges Kerlchen, was man als Mama einfach nur lieb haben kann. Er hatte sich an seine Lederhose gewöhnt, die Proteste, die zusammen mit der alten ertönten, waren verstummt. Ob es daran lag, dass er sie von mir war, oder ob es an dem knallorangenen Kapuzenpulli lag, den er dazu bekommen hatte, ich weiß es nicht. Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass ihm die alte schon längst nicht mehr passte und daher viel zu unbequem war. Darauf angesprochen schüttelte er nur mit dem Kopf, nein er wusste nicht, warum er die jetzt ohne zu murren und zu knurren anzog, wenn er bei Papa war. Vermutlich war die Lederhose nur das Geringste aller Übel, verbunden mit der Angst, dass Papa meckern würde, wenn er mal wieder eine der Stoffhosen aufbraucht.

Frankie freute sich jedenfalls, dass ich in Latzhose und altem Adidas Pulli kam und ich dazu meinen Ski-Anorak trug. Diese Kombination war nahezu ein Garant dafür ihm zu gefallen – ich wusste, dass er genau diese Sachen am meisten mochte und warum auch sollte ich ihm diesen Gefallen nicht tun? Bei ihm konnte ich endlich mal wieder ich sein, er nahm mich so, wie ich war und das gefiel mir gut. Außerdem konnte ich für Peter da sein, ein wenig Mamaersatz spielen in einem Alter, wo das durchaus noch sehr wichtig ist. Mit seiner leiblichen Mama hatte er in letzter Zeit nur noch Probleme – und das nicht nur wegen seinen Klamotten und der Lederhose im ganz Speziellen, sondern auch wegen Schule, draußen spielen und vielen anderen Kleinigkeiten, die ständig zu Streit führten. Bei Papa war das alles viel lockerer, da nahm er sogar die Lederhose für in Kauf, wobei er mich natürlich auch nicht enttäuschen wollte. Er schien mir damit seine Dankbarkeit zeigen zu wollen, für’s Aufräumen und Entsorgen beim letzten Mal. Wir mochten uns zunehmend besser leiden, was sicherlich auch daran lag, dass ich Anna so langsam aber sicher etwas mehr los lassen musste.

Peter hingegen war da noch deutlich anhänglicher und ich spürte, wie ich langsam aber sicher zu seiner Ersatz-Mama wurde. Er suchte förmlich meine Nähe, meine Wärme und wollte mit mir kuscheln wann immer sich auch nur eine Möglichkeit ergab. Ich nahm die Rolle gerne und dankend an, denn Anna kam zwar hin und wieder auch nochmal mit dem Wunsch um die Ecke, aber in letzter Zeit wurde das halt immer seltener. Wenn dann war das bei ihr meist der Fall, wenn eine ihrer Latzhosen mal wieder etwas enger saß und sie sich bei mir Rat und Trost holte, wie sie sich nur verhalten solle. In der Tat sitzen ihre Latzhosen alle inzwischen durchaus etwas knapp und ich bin durchaus erstaunt darüber, dass sie die in ihrem Alter überhaupt noch anzieht, wo die meisten in ihrer Schule sie längst aus dem Programm gestrichen haben.

Kevin und Emma waren inzwischen wieder nach Hause geradelt ohne dass es wieder zu regnen begann oder sich eine weitere Reifenpanne einschlich. Emma wollte partout nicht mit reinkommen, zu groß war ihre Angst vor Heike, dass sie sich negativ oder gar abfallend über ihre Latzhose äußern würde. Denn – so hatte sie das deutliche Gefühl – bei Heike wäre sie heute Morgen unweigerlich auch im Müllsack geendet, wenn schon Kevin seine nicht mehr anziehen durfte, obwohl sie erst ein paar Monate alt war. Nein, Emma war sauer auf Heike – traute sich aber logischerweise nicht, es ihr offen ins Gesicht zu sagen. So bliebt sie lieber auf Distanz und versuchte ihren Ärger runterzuschlucken und war glücklich und zufrieden darüber, dass ihre Mami sie bei der Suche nach ‘ner Latzi nochmal so unterstützt hatte. Ihre Mama fand die Hose zwar auch grenzwertig, ließ Emma aber durchaus gewähren. Sie konnte zwar immer noch nicht verstehen, warum und weshalb – aber sie muss ja auch nicht alles wissen.

Die Party bei Alex neigte sich langsam dem Ende – die ersten Gäste waren angeheitert nach der Wichtelaktion, die sich bis weit nach Mitternacht hinzog, nach Hause gegangen. Sarah war genauso schon auf dem Heimweg, wie die meisten aus ihrer Klasse auch. Tia hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht und war sichtbar erfreut darüber, einen guten Tausch gemacht zu haben. Immerhin ließ sie ihre neuen Stiefel nicht mehr aus den Augen. Die engen Hosenbeine ihrer schwarzglänzenden Lederjeans waren in den Stiefeln verschwunden. Langsam aber sicher döste auch Tia auf der Couch ein.

Die anderen noch verbliebenen Gäste hatten sich allesamt in der Küche versammelt – ein letzter Kaffee noch, dann würden auch sie die Heimreise antreten. Unter dessen kam Alex immer näher auf Anna zu, völlig ignorierend, was in der Küche ablief und dass Tia auf der Couch vor sich hin döste. „Na, alles klar?“ grinste er, so als wolle er gleich zur Sache kommen. „Das mit Tias Turnschuhen will ich Dir noch einmal verzeihen!!“ lächelte er Anna an, wohl wissend dass auch er nicht mehr ganz nüchtern war und eigentlich besser ins Bett gehörte. „Wollen wir hier? Oder draußen am Lagerfeuer?“ – Anna war erstaunt über seine direkte Art und ihr war klar, jetzt war der Punkt gekommen, den sie so mit Spannung erwartet hatte. „Hast übrigens geile Klamotten an, gefällt mir …“ schwärmte Alex leicht säuselnd, denn auch er war an dem Abend dem Alkohol sehr zugetan. „Nur die Schuhe passen nicht so ganz. Was hast Du denn da gemacht?“ Anna schwieg, denn sie wollte nicht zugeben, dass sie einfach nur Tias geile Nike Airforce 1 vor dem Flammentod bewahren wollte.

„Knie Dich hin, mach’s mir oral“ rief er Anna zu. „Oral?“ rief Anna erschreckt, während sie vor ihm auf die Knie fiel, worauf hin Tia wach würde, grinste und meinte „Stell Dich nicht so blöd an, Du sollst ihm einen blasen! Oder muss ich Dir zeigen, wie das geht?“ Schon war sie auch schon wieder weggedöst und Alex, der eine mordsmäßige Latte verspürte würde langsam ungeduldig und rief „Nu mach hinne da …“ Anna genierte sich, sie hatte sich auf eine liebevolle, zärtliche Nacht mit ihm gefreut, auf gemeinsam mit ihm schlafen, aber nicht ihn hier einfach so im Wohnzimmer auf den Knien rutschend zu befriedigen. Da sie aber Angst hatte, Tia würde in letzter Sekunde noch einschreiten und ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Butter vom Brot nehmen, willigte sie ein. Oral hatte sie es noch nie gemacht, sie fand sich klein und mies dabei, als sie ihm die Hose öffnete und sein bestes Stück in den Mund nahm. Sie fand es einfach nur ekelhaft, und wenn es nicht Alex gewesen wäre, der durchaus in der Lage war sowas von ihr einzufordern, hätte sie es vermutlich auch nicht gemacht. Zähneknirschend ließ sie das Procedere über sich ergehen, befriedigte ihn so gut wie sie nur konnte bis sein Samenerguss bis weit in ihren Rachen spritzte. „Schlucks runter!“ befahl er ihr, während Tia das ganze Szenario von der Couch aus unbemerkt beobachtet hatte.
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Ich wünsche Euch allen ein schönes und erholsames Wochenende :!:

Ich verbrachte den ganzen Abend bei Frankie und Peter. Wir erzählten viel von alten Zeit, von unserer Kindheit und Jugend und auch davon, was Frankie so als Kind anziehen musste. Und völlig klar, auch er trug früher kurze Lederhosen, im Kindergarten fast täglich zu Grundschulzeiten dann immer seltener. Seine Mama konnte die im Laufe der Zeit einfach nicht mehr an ihm leiden und so durfte er sich auch immer seltener anziehen. Für den Urlaub waren sie ok, für drinnen meist auch noch – aber für draußen, nein da spielte seine Mama meist nicht mit. Hinzu kam auch, dass er immer nur die preiswerteren Raulederhosen hatte, während die meisten anderen in der Klasse die wunderbar weichen Glattlederhosen mit den dazu passenden Hosenträgern anzogen, so eine wie ich sie im Sommer ab und zu mal getragen habe, so ein wie Anna sie völlig zerschlissen von Marie mitgebracht hat bzw. so wie die von Kevin, die in der vorletzten Altkleidersammlung mit weg gekommen war.

Frankies Klamotten blieben meist noch längere Zeit im Schrank liegen, auch wenn sie ihm bereits zu klein bzw. zu knapp waren, was natürlich dazu führte, dass er sich immer mal wieder genau eines von den Sachen wieder vorkramte und für zu Hause anzog – meist sehr zum Unwohl seiner Mutter. Im letzten Kindergartenjahr gab’s nochmal eine kurze Lederhose aus dem Supermarkt für ihn – Hauptsache billig und Hauptsache, er kommt nicht auf die Idee, seine alte Kindergartenlederhose, die am Po schon recht blank gewetzt war, in den Urlaub mitnehmen zu wollen. Diese war seitdem nur noch geduldet – „mach die neue bloß nicht dreckig“ hieß es immer wieder, was natürlicherweise dazu führte, dass die alte immer noch seine Nummer 1 war – obwohl sie natürlich auf Mamas Entsorgungsliste ganz weit oben stand.

Latzhosen kannte Frankie von klein auf, zuerst in der Vorkindergartenzeit aus Vistram, einem polyurethanartigem Kunstleder, was wunderbar weich und anschmiegsam war. Jedoch waren diese Hosen aus Müttersicht einfach nur praktisch, weil schnell mit dem Lappen oder Schwamm abwischbar. Die Anzahl der eh schon wenig vorhandenen Stoffhosen konnte damit noch einmal signifikant gesenkt werden, und da diese deutlich preiswerter waren, als echte Kniebundlederhosen, die viele von den anderen Jungs damals trugen, fanden diese sich halt bei den preisbewussteren Müttern vorzugweise im Schrank der Kinder wieder. Na dieser Phase war lange Zeit Ruhe, was Latzhosen anging, erst als er auf die weiterführende Schule kam, trug der ein oder andere im Freundes- oder Bekanntenkreis wieder welche. Das weckte die Sehnsucht wieder nach einer solchen, die er dann auch mit vielen Anstrengungen endlich bekam.

Übrig geblieben von seinen Sachen ist nichts – die Lederhosen landeten irgendwann mal in der Mülltonne, da es eine Zumutung gewesen wäre, die dreckigen und verschlissenen Dinger noch jemandem in die Hand zu drücken zum Aussortieren. Die Latzhosen wanderten ebenso verbraucht allesamt in die Altkleidersammlung, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch direkt im Schredder endeten, weil sie einfach nach ein, zwei Jahren auch völlig abgegriffen oder verschlissen waren. Alte Schuhe waren grundsätzlich was für den Müll, denn auch die waren keinesfalls mehr zum Weiterreichen geeignet. Das einzige, was seine Mama mal weiterverschenkt hat, waren ein Päckchen alter Anoraks, die ihm für die Altkleidersammlung und den Reißwolf zu schade waren und bei denen er immer wieder protestiert hatte, wenn seine Mama die im blauen Müllsack verschwinden lassen sollte. Frankie freute sich, seine alten Sachen beim Nachbarsjungen wiedersehen zu dürfen, auch wenn dieser sie nicht gerade häufig trug. Irgendwann werden sie von dort aus vielleicht nochmal weitergegangen sein, oder vermutlich auch eher in Richtung Altkleider. Manchmal hätte er sich gerne wie ich ein Stückchen Kindheit bewahrt, dann hätte sicherlich Peter das ein oder andere von ihm weitergetragen. Aber so war er zumindest froh, dass Peter – wenn zwar auch meist widerwillig – seine alte Kniebundlederhose getragen hat, die sie irgendwann mal auf dem Flohmarkt gekauft hatten. Peter war immer noch stolz, dass er das alte Teilchen beim Sperrmüll in den großen Müllwagen werfen dürfte und zuschauen konnte, wie diese mit dem restlichen Müll langsam zusammengepresst wurde. Und komischerweise hat er an der neuen Lederhose sogar wieder Gefallen gefunden, vielleicht war die alte einfach doch nur zu eng und zu unbequem.

Wir schwelgten weiter in alten Erinnerungen, Peter lag schon lange im Bett und wir kamen uns wiedermal näher und näher. Die alten Geschichten machten uns beide wuschig – Frankie hatte in mir endlich jemanden gefunden, der diese Erinnerungen und das Kribbeln wenn man zu Hause den Schrank aufmachte um zu schauen ob die Lieblingsklamotten noch da sind, mit ihm teilen konnte. Und ich war ebenfalls darüber glücklich, denn im Gegensatz zu ihm konnte ich wenigstens noch einen Teil davon selber ausleben, da mit glücklicherweise meine alte Rocky-Latzjeans und der C&A Anorak immer noch passten und beide vom Zustand her auch noch so waren, dass man sie so gerade eben noch anziehen konnte. Wir waren inzwischen im Bett gelandet, wie so oft in letzter Zeit wenn Anna am Wochenende abends unterwegs war. Ihr machte das nichts aus, ich hatte ihr den Wohnungsschlüssel gegeben und oftmals kam sie dann einfach morgens mit frischen Brötchen bei uns vorbei. Oder sie schlief bis mittags, was sie auch gerne am Wochenende tat. Solche Nächte bei und mit Frankie waren immer wunderbar – so schönen und einfühlsamen Sex hatten wir beide lange nicht mehr. Wir verstanden uns einfach auf allen Ebenen und auch Frankie traute sich immer mehr das nachzuholen, was er so sehr in der Kindheit vermisst hatte.

Was ihm durchaus klar war, ist das ihm seine Kinderklamotten und Anoraks im Gegensatz zu mir heute natürlich nicht mehr passen würden, aber immerhin trug auch er inzwischen ab und zu seine Lederjeans, die er als Teenie so gerne gehabt hätte. Und auch er freute sich darüber, Anna in Latzhosen zu sehen – wobei er selbstverständlich stets auf Distanz zu ihr blieb. Auch darüber, dass Peter die neue Kniebundlederhose so sehr akzeptierte, beruhigte ihn ungemein. Anna und Peter waren für ihn der lebendige Beweis, dass die Zeiten damals und die Klamotten gar nicht so schlecht waren, und freute sich darüber, dass es auch heute noch Kinder gibt, die in der Beziehung so unkompliziert sein können. Und auch ich habe meine Zeit gebraucht zu akzeptieren, dass Lederklamotten bei Kids eigentlich doch völlig ok sind und nicht alle Typen so sind wie der Hausmeister damals, der mir an die Wäsche wollte wie ich fälschlicherweise annahm, als ich mal eine von den alten Jungslederhosen anprobiert hatte und ich daraufhin noch Ärger mit Papa bekam. Vielleicht war aber auch alles ganz harmlos und ich habe damals einfach auch nur überreagiert – denn so richtig passiert war ja zum Glück eigentlich nichts – außer dass ich von Papa die schlimmsten Prügel meines Lebens bekommen hatte und die Lederhose natürlich sofort kaputtgerissen im Küchenabfall gelandet war. Schläge waren übrigens auch für Frankie ganz normal, er war jedoch froh, dass ihm selber bei Peter bislang nur recht selten die Hand ausgerutscht war.

Wir hatten wunderschönen Sex miteinander, was man als Alleinerziehende ja nun auch nicht täglich hat. Peter ließ uns ausschlafen, obwohl er am Wochenende auch meist schon um 7 Uhr wach ist. Er hatte sich schon angezogen, den orangenen Hoodie und die Lederhose von gestern und spiele in allerseelen Ruhe im Kinderzimmer mit Lego. Sein größter Wunsch wäre eine Modelleisenbahn, so richtig mit alten Dampfloks die er vom Eisenbahnmuseum her kannte, wo er mit Papa sonntags ab und zu hin ging. Dafür war seine Lederhose genau richtig – er konnte umherstromern wo er wollte, auf die Loks klettern und sich auch mal dreckig machen, denn dafür sind ja so Lederhosen prädestiniert. Die neugierigen Blicke meist älterer Damen, die in der Regel mit ihren verdutzt reinschauenden Enkelkindern da waren, nahm er fast nie zur Kenntnis. Nur wenn solche Omis ihn mal wieder „total süß“ fanden und hinter seinem Rücken tuschelten, fühlte er sich sichtlich genervt und hätte dann in dieser Situation liebend gerne eine unauffällig Jeans angehabt. Aber auch an solche Gelegenheiten hatte es sich inzwischen mehr als gewöhnt – zumal die meisten Omis das doch nur lieb meinten und sich insgeheim darüber ärgerten, dass ihre Enkel doch so vehement Lederhosen ablehnten. Für sie war Peter auch immer wieder der Beweis, dass man in dem Alter durchaus noch solche Hosen anziehen konnte.

Peter hatte die Chance genutzt, und den Frühstückstisch für uns alle gedeckt. Kaffee und Eier kochen traute er sich noch nicht, das war was für Anna, die gegen 10 Uhr zum Frühstück erschien, frische Brötchen und die Bild am Sonntag mitgebracht hatte, so wie jedes Mal wenn sie an solchen Wochenenden alleine zu Hause schlief oder unterwegs war. Sie trug ihre normale Levis Jeans, dazu den schwarzen Cashmere-Pulli, den sie bereits gestern Abend zu Alex Party angezogen hatte. Dazu ihre Chucks, mit Tias ollen Nikes traute sie sich dann doch nicht zu kommen ohne dass ich sie vermutlich darauf angesprochen hätte. Ich hätte sie auch gerne nochmal in Latzhose gesehen, wobei ich mir immer noch nicht sicher war, ob sie nicht doch gestern die Gelegenheit genutzt hatte, alle drei im Müllsack für die Altkleidersammlung verschwinden zu lassen. Vermutlich hätte ich ihr das noch nicht mal für übel genommen, wollte aber weder nachfragen, noch nachschauen und das auch erst recht nicht kommentieren. Jedenfalls sah sie ordentlich aus für das gemeinsame Mittagessen beim Griechen, und obwohl sie dort bislang meist eine ihrer Latzhosen angezogen hatte, sah sie in den Sachen die sie heute trug deutlich angemessener aus. Sie wird eben langsam aber sicher ein junges Mädchen, was ihre Kindheit hinter sich lässt – und womit kann man das mehr ausdrücken als mit dem eigenen Klamottenstil.

Die kleine, griechische Kellnerin, die Anna sonst auch nur in Latzhosen kannte war die einzige, der Annas neues Outfit direkt aufgefallen war. Jedenfalls gab’s von ihr ein freundliches Kompliment „Heute mal nicht in Latzhose? Der schwarze Cashmere passt auch viel besser zur normalen Jeans!“ was Anna durchaus darin bestätigte, zum Mittagessen da richtige angezogen zu haben. Ich hatte auch vorsichtshalber meinen Pulli über den Latz gezogen, wo Anna sich heute so fein gemacht hatte, fühlte ich mich ehrlich gesagt etwas underdressed – aber das störte Frankie nicht im geringsten. Im Gegenteil, er wunderte sich darüber, dass ich jetzt auf einmal der Latz verschwinden lassen wollte: „Die kennen Dich doch eh dort nicht anders – Du hast doch immer Deine Latzhose zum Griechen angezogen und den Pulli drunter getragen. Was stellst Du Dich denn auf einmal so an?“ Ich machte es wegen Anna, weil ich sie etwas ablenken wollte – ihr nicht das Herz am Bluten machen wollte für den Fall, dass sie doch ihre Latzhosen entsorgt hätte. Denn was mir sofort aufgefallen war, Anna war so völlig anders an diesem doch so freundlichen Sonntagvormittag, als bedrücke sie irgendetwas, als würde sie was bereuen, was sie am Vortag gemacht hätte. Doch ich wollte nicht nachhaken, jedenfalls nicht jetzt beim Essen oder in Frankies und Peters Gegenwart.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Annas Laune war mies – nicht nur beim Mittagessen beim Griechen, sondern den ganzen Sonntag lang. Kein fröhliches Lächeln und auch – was für Anna völlig ungewöhnlich war – kaum Appetit. Beim Salat, den sie sonst immer so gerne mit der weißen Joghurtsauce ist, musste sie würgen – fast hätte sie den ersten Bissen wieder ausgespuckt. Anna schwieg und schämte sich – ich hatte indes überhaupt keinen blassen Schimmer, warum, weshalb und wieso. Ob es was mit ihren Latzhosen zu tun hatte? Oder vielleicht doch eher mit der Party gestern Abend – ich wusste es nicht und da Anna beharrlich schwieg wollte ich auch nicht weiter nachfragen, obwohl ich die Sache an sich durchaus sehr ernst nahm. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr, das war offensichtlich. Aber was nur?

Langsam aber sicher machte ich mir große Sorgen, Frankie beruhigte mich derweil und Peter zeigte sich stolz von seiner Schokoladenseite, hatte er doch von Papa gestern nagelneue, weiße Adidas Turnschuhe geschenkt bekommen, die er natürlich sofort zu seiner Kniebundlederhose anziehen musste. „Ich hoffe mal, die halten diesmal etwas länger als die No-Names, die er sonst immer bekommen hat!“ Peter nickte und versprach, anständig mit den neuen, noch frisch glänzenden Tretern umzugehen. Zum Nachtisch gab’s für ihn noch einen Lolly von der freundlichen Bedienung mit dem Kommentar: „Ich mag ja normalerweise keine Lederhosen und hab‘ auch bei Kids schon lange keine mehr gesehen, aber Deine ist ja mal richtig cool! Die hat was!“ Peter fühlte sich noch stolzer und geschmeichelt, denn so offen positiv hatte sich noch kein Fremder zu seinen Lederhosen geäußert.

Wir blieben noch nach dem Mittagessen zusammen, Anna war weiterhin still und in sich gekehrt, ließ keinen Ton aus sich heraus. So schweigsam kannte ich sie bis dahin nicht. Peter wollte unbedingt noch auf den Spielplatz – na klar, so eine Lederhose will ja auch richtig hart rangenommen werden, Anna ging schon mal vor nach Hause und ich setzte mich mit Frankie noch ins Café neben dem Spielplatz. Ich teilte ihm meine Sorgen um Anna, liebevoll versuchte er mir, all meine Sorgen zu nehmen. „Vielleicht hat sie ja einfach auch nur mal schlechte Laune – kommt in dem Alter halt öfters vor!“ – „Ja!“ nickte ich. Mir war klar, Anna war spätestens seit sie mit Kevin Sex hatte, erwachsen geworden, oder sagen wir es mal vorsichtiger: Sie hatte einen großen Schritt in Richtung erwachsen werden gemacht. Sie war dabei, ihre Erfahrungen zu sammeln, vielleicht war es auch das, was sie bedrückte. Oder es bahnte sich der erste Liebeskummer an, nachdem sie Kevin trotz Entschuldigung so knallhart vor die Tür gesetzt hatte? Schließlich hatten beide ja durchaus zueinander gepasst und selbst Heike hatte sie in ihrer dunkelbraunen Kunstleder-Latzhose so akzeptiert, wie sie war.

Zu Hause angekommen klopfte ich an ihr Zimmer, doch sie war nicht da. Da es später Nachmittag war, machte ich mir noch keine Sorgen, auch wenn ich von ihr schon erwartet hätte, dass sie mir sagt, dass sie nicht direkt nach Hause will. Vermutlich war sie ‘ne Runde spazieren, eventuell doch nochmal auf einen Sprung bei Kevin vorbei, sich für die Ohrfeige, die sie ihm wegen der Lederhose verpasst hatte, zu entschuldigen. Ich setzte mich auf die Couch, machte das Fernsehen an, zappte durch die Programme und blieb bei einer Sendung über Textilverwertung hängen – gerade passend, wo doch gestern erst wieder Altkleider gesammelt wurden. Ich hatte schon immer eine gewisse Vorstellung darüber, wie das Ganze abläuft, zumal ich bei UsedTex ja auch hin und wieder mal quasi hinter die Kulissen schauen dürfte, von daher erwartete ich von dem Film nicht wirklich viel. Was mich auch nicht weiter verwunderte, war das Überangebot an Klamotten, mit dem die Verwerter wohl schon einige Zeit zu kämpfen hatten.

Was aber eigentlich auch nicht weiter verwunderlich ist bei dem Überangebot an billiger Neuware. Und die ist inzwischen qualitativ so was von schlecht, dass man sie höchstens ein- oder zweimal anziehen kann, dann sind entweder irgendwo Nähte los oder die Sachen sind so aus der Form nach dem Waschen, dass man schon fast keinen Bock mehr darauf hat, sie anzuziehen. Hinzu kommt dann natürlich auch noch, dass man solche Sachen dann kaum noch im Freundes- oder Bekanntenkreis weitergeben kann. Der Weg in die Altkleidersammlung (weil da tut man ja noch vermeintlich was Gutes mit) ist also vorprogrammiert. Ich mach mir eigentlich schon seit Jahren keine großen Hoffnungen mehr, dass die Sachen, die ich dort hin abgebe, nochmal von jemand anderem getragen werden. Nein, ich mach’s, weil die Pfadis dafür Geld bekommen und so die Jugendarbeit bei uns in der Kirchengemeinde gefördert wird. Wobei ich völlig fertige Sachen eigentlich auch immer noch viel lieber direkt in die Mülltonne werfe, denn dreckige, ungewaschene Sachen aussortieren zu müssen, möchte ich auch niemandem zumuten.

Was mich an dem Film jedoch beeindruckte, ist die Geschwindigkeit, mit der sortiert wurde: Ein kurzer Blick reicht um zu entscheiden gut oder schlecht – verkaufen oder Reißwolf. Denn nur hierum geht es, ums verkaufen können. Nicht ob etwas noch tragbar ist – tragbar ist gerade bei Kinderkleidung noch vieles, aber eben nicht mehr verkaufbar. Wobei der kleine Fleck, der jahrelang nicht auf dem Lieblingspulli gestört hat oder das kleine, stecknadelgroße Loch an der Jeans plötzlich das Zünglein an der Waage werden, denn solche Kleinigkeiten reichen aus, damit die „Ware“ wie es dort so schön heißt unverkäuflich wird. Und seien wir doch mal ehrlich, welche Mami würde für kaputte Anziehsachen auch noch Geld ausgeben? Gut, wenn sie geschenkt dabei waren, gibt es immer wieder Anlässe und Möglichkeiten, auch solche Sachen noch weiterzutragen, für zu Hause oder auf dem Spielplatz – wo über dem Pulli noch ein Anorak getragen wird – wo rumgetobt und an den Klamotten gezerrt und gerissen wird, da geht sowas vielleicht noch, aber dafür dann Geld ausgeben, wo einwandfreie Sachen oftmals auch nicht viel teurer sind.

Ein Blick auf die Flohmärkte zeigt es doch: Selbst gute Pullis oder Hosen, die für ein Zehntel vom Neupreis angeboten werden, bleiben unbeachtet liegen und werden entweder von Flohmarkt zu Flohmarkt mitgeschleppt in der Hoffnung, dass sie doch irgendwer kauft, oder sie landen am Ende des Tages doch im Müllsack für die nächste Altkleidersammlung (wenn auch bei Kinderkleidung gerne als Spende für entsprechende Einrichtungen, die suggerieren, dass die Kleidung natürlich aussortiert und für den eigenen Bedarf verwendet wird – wobei auch diese inzwischen mehr und mehr die Sachen an professionelle Verwerter verkaufen und die Sach- in eine Geldspende umwandeln) oder gehen direkt in den Müllcontainer. Gebraucht ist halt gebraucht und als Geschenk kaum noch attraktiv. Da sind Anna und Peter fast schon rühmliche Ausnahmen, denen es nichts ausmacht und die nicht hinterfragen, wo die Sachen her sind. Im Gegenteil, insbesondere Anna hat bislang immer lieber gute gebrauchte, anstatt billige und schlechte neue Sachen getragen.

So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass im Film von mehr als 50% Recyclingware und Müll die Rede war. Bei Kinderkleidung ist der Anteil sogar noch weitaus höher, wurde berichtet, was daran liegt, dass die meiste Kinderkleidung die in den Müllsäcken landet, eh schon durch mehr als nur eine Kinderhand gegangen ist. Und da die Sachen kleiner sind, sind sie auch bei der Sortierung aufwändiger, denn schließlich geht alles als Kiloware weiter. Wirklich gute, verkaufbare Kinderkleidung ist echt selten, was durchaus auch nachvollziehbar ist, denn welche Mami würde nach einem Winter den teureren Markenanorak in Altkleidersack verschwinden lassen? Nein, der geht dann meist doch irgendwie an Geschwister- oder Nachbarskinder weiter, von dort aus dann auch oft genug recht schnell in den Müllsack. Dann hat er in der Regel ein paar Draußen- oder Spielplatzeinsätze hinter sich, wo nicht gerade pfleglich damit umgegangen wurde, weil ist ja alt und gebraucht. Und schon sind wir wieder im grenzwertigen Bereich, und wenn die Sachen auch erst mal zwei, drei Jahre alt sind, sind sie auch modisch nicht mehr auf dem neuesten Stand und damit heiße Schredder-Kandidaten.

Von daher mache ich mir schon lange keine Hoffnungen mehr, dass „unsere“ Sachen nochmal weitergetragen werden, ich hab‘ mich inzwischen damit abgefunden und Anna so langsam auch, wobei sie sich bislang bei manchen Sachen echt sträubt, sie wegzugeben – eben genau weil auch sie fürchtet, dass die im Reißwolf enden. Denn seien wir doch mal ehrlich: Welches Kind trägt denn in dem Alter noch Latzhosen? Oder ‘ne Kunstlederjeans? Bei uns nicht und vermutlich auch nicht in Osteuropa (wo eine Kunstlederjeans vielleicht noch Sinn machen würde), aber sicherlich nicht in Afrika, wo immer noch die meisten Altkleider hin exportiert werden. Und Hand auf’s Herz: Wann habt Ihr das letzte Mal Kinder gesehen, die noch Nickis anziehen? Auch wenn dieser samtartige Stoff so wunderbar weich und kuschelig ist, in den Geschäften habe ich lange schon keine mehr gesehen und die im Umlauf befindlichen Restbestände, die dann auch noch wirklich getragen werden, kannst Du auch an einer Hand abzählen.

Es war Abend geworden und von Anna immer noch keine Spur. Langsam fing ich doch an, mit Sorgen zu machen. Im Fernsehen lief nichts wirklich interessantes, ich hatte auf Musik umgeschaltet, Rock aus den 70ern und 80ern geht eigentlich immer zum Abreagieren. Es war schon nach zehn, draußen war es längst dunkel – und Anna war immer noch nicht zu Hause. So spät kam sie sonntags noch nie heim, zumal sie ja morgen früh wieder um 8 Uhr Schule hatte. Irgendwas muss also vorgefallen sein, doch was? Sollte sie doch ihre Latzhosen in die Altkleidersammlung gegeben haben und das nun zu tiefst bereuen? Hat sie sich gar auf den Weg zum Sortierbetrieb gemacht, um dort morgens als erstes auf der Matte zu stehen und zu schauen, ob noch was zu retten ist? Oder war doch noch was mit Kevin? Oder mit Saskia? Oder Alex? Oder, oder, oder …

Ich machte mir Sorgen, wurde unruhiger und unruhiger. Ich wartete darauf, dass es endlich an der Türe klingelt – oder dass der Schlüssel ins Schloss gesteckt wird, den sie ja hoffentlich mitgenommen hat. Am liebsten wäre ich jetzt in ihr Zimmer gegangen, hätte zumindest mal einen Blick in den Kleiderschrank geworfen um nach den Latzhosen zu schauen – aber ich traute mich nicht. Nein, ich wollte Anna nicht hinterherspionieren, nicht kontrollieren ob oder ob nicht – vielleicht auch aus Angst vor Enttäuschung für den Fall, dass sie tatsächlich weggeschmissen worden wären. Und ehrlich gesagt, ich wollte auch zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Klarheit, wollte nicht, dass mein Traum Anna noch mal in der süßen, knackig engen Kunstleder-Latzhose zu sehen, endgültig zerplatzt. Denn unweigerlich hätte Anna mir auch meine Enttäuschung angesehen, was sie vermutlich noch mehr heruntergerissen hätte. So konnte und wollte ich noch hoffen und ich brauchte mir von ihr nicht vorwerfen zu lassen, an ihre Sachen gegangen zu sein, wo sie doch so ausdrücklich drum gebeten hatte.
AnnasMama
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Re: Anna

Beitrag von AnnasMama »

Nach zwei ruhigeren Kapiteln geht es heute mal wieder etwas turbulenter zu - an die kommentierenden Fans: Schreibt doch bitte mal was zu Tia, ich hoffe nicht, dass sie zu negativ rüber kommt *nachdenk*

Anna war den ganzen Nachmittag lang auf der Suche nach Tia – irgendwo muss sie doch sein, doch überall wo Anna dachte, dass sie sein könnte, Fehlanzeige. Dabei brauchte Anna einfach mal jemanden zum Quatschen, einem, dem sie vertrauen kann und das nicht ich bin. Die letzten Tage hatten sie wohl zu arg mitgenommen, und nein – Kevin konnte ihr nicht helfen, Emma auch nicht (auf die war sie total eifersüchtig, weil sie durchaus bemerkt hatte, wie sie sich in letzter Zeit an Kevin herangemacht hatte) und natürlich erst recht nicht Alex, der für sie nach der Party einfach nur noch ein mieses Drecksschwein war. Vielleicht könnte sie noch am ehesten mit Marie über ihre Probleme reden, denn solche hatten sich in der Tat genug aufgestaut in letzter Zeit. Aber noch hatte sie die Hoffnung nicht aufgegeben und fuhr mit der Bahn die Punkte ab, an der sie Tia vermuten würde.

Tia hatte sie schwer beeindruckt gestern auf der Party, ihr Minimalismus was Kleidung angeht, gefiel Anna auf Anhieb. Und dass ausgerechnet Tia eine knackig enge, schwarze Lederhose trug faszinierte sie umso mehr. Gerne würde sie mit Tia reden, einfach alles rauslassen, was sie bedrückt, um dann mit ihr zusammen nach Lösungen zu suchen. Sie hätte da bestimmt die eine oder andere Idee, da war Anna sich sicher. Aber dazu müsste sie sie erstmal finden und das war gar nicht so leicht. Endlich entdeckte Anna sie am Bahnhof, etwas abseits in einer der Schmuddelecken, wo es nach Urin und Alkohol stank. Ein unangenehmer, übler Geruch, der darüber hinaus noch sehr süßlich würde, je näher sie kam. Tia stand in Mitten einer Gruppe Jugendlicher, die Fluppe ging reihum und jeder von ihnen hatte eine Dose Bier in der Hand. Anna fühlte sich unwohl, so wie gestern Abend auf Alex Party, als sie ihm einen Blasen sollte.

Die Typen, mit denen Tia am Bahnhof abhing, kamen Anna unheimlich vor. Und Tia war es offenbar peinlich, dass Anna ihr hier begegnete. Dennoch fiel die Begrüßung äußerst herzlich aus „Hi Kleines! Was machst Du denn hier?“ rief Tia freudig und ging auf Anna zu um sie zu umarmen. Annas Herz stand fast still, so eine Umarmung hatte sie noch nie erlebt – da tat sich was, da kribbelte etwas, was sie überhaupt nicht einordnen konnte. Tia war ein Mädel, vielleicht zwei, drei Jahre älter als Anna – dafür aber einen ganzen Kopf größer und dennoch gertenschlank, da konnte doch nichts sein, oder vielleicht etwa doch? Anna war noch unsicherer als zuvor. Sie spürte Wärme, Vertrautheit (obwohl sie sich noch nicht wirklich lange kannten) und Zärtlichkeit – aber was sind schon Gefühle wert, wenn er im Moment eh alles Achterbahn fährt?

Tia trank aus, stellte ihre Bierdose ab, schnappte sich ihren Rucksack mit dem wenigen Hab und Gut was sie hatte, und drängte Anna: „Komm‘ lass uns woanders hin gehen …“ Nein, Anna in Mitten ihrer Klicke zu haben, sie hier quasi einzuführen, nein, das kam nicht in Frage. Und eigentlich wollte Tia auch gar nicht, dass Anna weiß, dass sie hier ist – hier lebt, draußen auf der Straße, wo sie doch eigentlich bei ihrer Oma leben sollte. Eigentlich, wenn und hätte – das war, was Tias Leben ausmachte. Eigentlich ließ sie niemanden an sich heran, keiner der Jungs auf der Straße kannte ihre wahre Geschichte, wenn – ja wenn das damals vor ein paar Jahren nicht passiert wäre, dann hätte sie wahrscheinlich auch. Aber Tia sprach wenn nur in Rätseln, selbst Anna wusste nichts Näheres über Tia, wobei sie jedoch genau wie Anna diese enge Verbundenheit spürte. Sollte sie nun nach all der Zeit, nach all den Versuchen, nach all dem Geschehenen nun endlich jemanden gefunden haben, mit dem sie all das aufarbeiten könnte, wo Psychologen, Ärzte, Freunde und Verwandte bislang dran gescheitert waren? Wo die Beziehung zu ihrer Oma letztlich auch dran scheitern musste. Weil sie nicht verstand und erst recht nicht verstehen konnte, was damals passiert war.

Anna hatte sich nach dem Mittagessen zwar nicht umgezogen, war aber nochmal nach Hause gegangen, um Tias Nike Airforce 1 zu holen. „Hier, sind doch Deine!“ grinste Anna und wollte sie gerade Tia wieder in die Hand drücken, als diese erwiderte: „Nee, das sind jetzt Deine! Ich hab‘ doch jetzt Deine alten Winterstiefel, die sind doch jetzt eh viel praktischer! Oder willst Du die etwa wieder haben?“ – „Nee, beruhige Dich – hab’s doch nur gut gemeint!“ Tia war fast auf 180, kam aber zum Glück recht schnell wieder auf Ruhepuls runter. „Würde mich freuen, wenn Du meine Airforce 1 hin und wieder mal trägst …“ schaute Tia mit bedröppeltem Gesicht zu ihr rüber als wenn sie sagen wollte, machst Du doch eh nicht. Dafür war Tia schon zu oft enttäuscht worden im Leben.

„Mach ich!“ grinste Anna und freute sich insgeheim doch darüber, dass sie die Nikes behalten durfte. Aber zumindest hatte sie anstandshalber nochmal gefragt, und nein, ihre alten Winterstiefel wollte sie eh nicht mehr zurück haben. „Aber nun erzähl mal, Anna“ legte Tia los, als sie gemeinsam vom Bahnhof weg in Richtung Innenstadt bummelten. „Was ist los? Was bedrückt Dich?“ – „Ach, so vieles, eigentlich alles, wenn Du mich so fragst. Ich pack das irgendwie nicht mehr …“ sagte Anna mit leiser, fast weinerlicher Stimme. „Wo sollen wir anfangen, Kleines?“ fragte Tia neugierig und nahm dabei Anna liebevoll, fast mütterlich in den Arm. Solche Umarmungen war Anna bislang nur von mir gewohnt, aber komischerweise war das Kuscheln mit Tia auf offener Straße ihr keinesfalls unangenehm. Ganz im Gegenteil – da konnte selbst Kevin und erst recht Alex nicht mithalten.

„Komm jetzt, raus mit der Sprache, jetzt wird Tacheles geredet: Watt iss? Liebeskummer?“ fragte Tia neugierig, während Anna in ihren Armen liegend langsam anfing zu weinen. „Auch – aber viel, viel schlimmer …“ So richtig rausrücken wollte Anna nicht mit der Sprache, denn sie befürchtete, dass Tia sich doch nur lustig machen würde über das, was sie am meisten bedrückt. Weil es ja eigentlich für die meisten Menschen um Anna herum überhaupt kein Problem wäre. Nein, so richtig trauen würde sie sich wohl dann doch nicht, jedenfalls jetzt noch nicht. Also war sie froh, dass Tia das Thema Liebeskummer angesprochen hatte, denn in der Tat, ihr eigentliches Problem hatte ja sehr viel damit zu tun.

„Kevin oder Alex?“ piekste Tia, während Anna immer noch weinend in ihren Armen lag. Tia fühlte sich sichtlich wohl dabei, jemanden den sie sehr mochte und der im Prinzip klamottentechnisch ähnlich wie sie tickt, so nahe sein zu dürfen. Sie, die doch in ihrem Leben immer nur schlechte Erfahrungen gemacht hat, mit Männern. Sie, die schon lange keinem männlichen Wesen mehr vertrauen konnte, noch nicht mal mehr denen aus ihrer Klicke, selbst die nahmen vor nichts Rücksicht und holten sich bei ihr was sie brauchten und was sie wollten, wenn sie dafür das bekam, was sie so sehr brauchte, von dem sie langsam, aber sicher abhängig geworden war in der Zeit, seitdem sie nicht mehr bei Oma auf dem Lande lebte.

Von daher war Tia froh, endlich jemanden zu haben, dem sie sich langsam öffnen könnte. Jemanden, der in letzter Zeit ähnlich viel erlebt hat, der es aber – so wirkte es zumindest nach außen hin – es tausendmal besser hatte, als sie selber.

„Kevin oder Alex?“ Tia ließ nicht locker. „Beide!“ weinte Anna. „Beides Schweine …“ Tia schluckte, hatte sie doch durchaus mitbekommen, dass Anna und Kevin eine kurze Zeit lang zusammen waren und dass Alex sich immer mehr an Anna herangemacht hatte. Tia hatte zwar die Schule geschmissen, letztes Jahr, ohne einen Abschluss gemacht zu haben, einfach nicht mehr hingegangen – aber hatte sich durchaus ab und zu nochmal vor der Schule blicken lassen und drauf gewartet, dass Freunde von ihr endlich Schulschluss hatten. Freunde, die ihr jedoch nicht gut taten, falsche Freunde eigentlich, die genau wussten, was mit ihr los ist, wie abhängig sie doch inzwischen war und das schamlos ausnutzten. Die von ihr einfach alles verlangen konnten, was sie wollten, weil sie genau wussten, dass sie es auch bekommen würden. In erster Linie Alex, der für sie immer ein paar Gramm dabei hatte, schon damals, als sie noch mit ihm in eine Klasse ging.

Wenn es doch nur dabei geblieben wäre, dann wär‘ für Tia jetzt vielleicht alles nur halb so schlimm – dann bräuchte sie nicht jeden Abend an der Hauptausfallstraße zu stehen, bei Kälte, Wind und Wetter, in der Nähe vom alten Kirmesplatz, da wo sie alle abends stehen, um sich etwas dazu zu verdienen. Kaputte Existenzen, am Anfang ihres jungen Lebens, einmal angefixt, süchtig geworden und dann nicht mehr von los gekommen. Ein Teufelskreis, in dem sie unbemerkt immer mehr und mehr abrutschte, aber es tat ja so verdammt gut beim ersten Mal, wo sie für ein paar Stunden all den Scheiß, den sie bislang in ihrem jungen Leben mitbekommen hatte, einfach vergessen konnte. Wie all das auf einmal weg war, verschwunden, verdrängt, wie als wäre es nie geschehen. Und heute der harte Kampf ums tägliche Überleben, die Konkurrenz, die nicht nur das Geschäft belebt, nein, die auch immer jünger wird – und sie, obwohl noch nicht wirklich alt, dennoch alt aussehen lässt. Geiz ist geil hat sich auch hier durchgesetzt, nachts auf dem Straßenstrich, wo sie sich alle verkaufen um den nächsten Tag wieder zu gedröhnt zu überleben.

Zum Glück war Anna noch nicht so weit gegangen, hatte Angebote dieser Art von Alex immer abgelehnt – obwohl sie auf der Party durchaus neugierig war. Zum Glück war sie ihm dafür zu schade, obwohl er es auch von ihr verlangt und bekommen hatte. „Kann ich alles nachvollziehen …“ bestätigte Tia ihr, ohne so richtig aus sich herauszukommen. „Und sorry, ich war gestern hackevoll, sonst hätte ich eingegriffen – dieses miese Schwein, aber irgendwie komm‘ ich auch nicht los von ihm …“ Anna schluckte, ahnte aber längst nichts von dem, was Tia ertragen musste. „Weißt Du eigentlich, dass Du echt Glück hattest, gestern?“ – „Wieso?“ fragte Anna neugierig. „Na, der kann auch anders – der kann auch mal kräftig zuschlagen, wenn’s nicht nach seiner Nase geht! Alles schon miterlebt …“ Langsam kam Tia aus sich raus, schöpfte Vertrauen bei Anna, wusste, dass sie nicht gleich alles an die große Glocke hängt. „Aber nun sag mal, was war denn mit Kevin? Was ist denn da passiert?“

„Der Kerl hat sich im Sportunterricht heimlich in meine Lederlatzhose gezwängt und den Knopf abgerissen, der hat mir echt den Spaß an den Latzhosen vermiest, aber zu spät – gestern war doch schon Altkleidersammlung …“
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