Anna

Geile Erlebnisse und Kurzgeschichten.
peekee
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Re: Anna

Beitrag von peekee »

Am nächsten Tag schrieb mir Anna schon sehr früh eine Nachricht aufs Handy. Sie freute sich so, mit mir zum Erlengrund zu fahren.
Der Erlenhof war eigentlich ein Recyclinghof gewesen mit einer Halde direkt hinter dem Grundstück. Der Recyclinghof wurde schon seit vielen Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Weil er für jedermann frei zugänglich geblieben ist, entwickelte sich der Ort über die Zeit zu einer Tauschbörse und Fundgrube für Kleidung, Schuhe und allerhand Dinge. Nicht alles, was hier landete, war wirklich Müll. Viele Sachen waren durchaus noch tragbar oder konnten mit ein bisschen Arbeit und Kreativität wieder zum Leben erweckt werden.
Zum ehemaligen Recyclinghof gehörten auch eine Reihe von begehbaren, dauerhaft abgestellten Transportcontainern, vielleicht waren das ja auch alte Fertiggaragen. Ursprünglich waren sie verschlossen und wohl dazu gedacht, wertvollere Dinge vor Diebstahl zu schützen. Zwischenzeitlich sind gar keine Türen mehr dran und sie stehen offen. Die Leute, die zum Erlengrund kamen, gingen meist zuerst in diese Container, um dort nach Kleidungsschätzen zu suchen, die jemand anderes hier gelassen hatte. Denn in diesen regensicheren Unterständen blieb die abgelegte Kleidung immer trocken und lange brauchbar - ganz anders, als auf der Halde draußen, wo alte Klamotten und schmutzige Schuhe zusammen rostenden Kinderwagen und alten Wohungsaccessoirs Wind und Wetter ausgesetzt waren und langsam vor sich hin gammelten. Natürlich gab es auch draußen auf der Halde etwas zu entdecken, aber in der trockenen Kontainern waren immer besonders gute Sachen zu finden. Jedes Wochenende waren hier Leute zu sehen, die sich neugierig durch die Sachen wühlten. Die meisten Leute verstanden den Erlengrund als eine Art Tauschörse. Man nahm etwas schönes mit, ließ aber auch etwas schönes da. Weil immer wieder schöne Sachen hinzukamen, war so ein Besuch im Erlengrund immer spannend und voller Überraschungen.

Es klingelte an meinem Haus. Draußen stand Anna, sie war mit dem Fahrrad her gekommen. Sie hatte einen kleinen Rocksack auf und trug ihre mit vielen Schlitzen sehr rockige, rote Lacklederjoggerhose. Darüber einen weißen Hoodie. ‚Ausgerechnet weiß‘ - dachte ich bei mir, denn auf dem Erlengrund würde der Hoodie bestimmt nicht weiß bleiben.
Auch ich nahm mit einen Stoffbeutel mit, darin hatte ich ein paar Laufschuhe, eine schwarze Leggings mit sprtlichem Design und einen Sport-BH. Alles passte gut zusammen und war von mir ausgiebig genutzt worden. Aber diese Sachen waren mir seit Jahren schon zu klein, deshalb nahm ich sie mit zum Erlengrund - zum Tauschen sozusagen. Wenn ich etwas Schönes für mich entdecken würde, könnte ich meine Sachen dort lassen. Bestimmt würden sie eine neue Trägerin finden.

Ich zug mir eine Winterjacke über, nahm meinen Stoffbeutel mit dem Tauschsachen mit und ging mit Anna zu meinem Auto. Die Fahrt bis zum Erlengrund dauerte nicht lang.
Kaum waren wir angekommen und das Auto war geparkt, hüpfte Anna mit ihrem kleinen Rucksack zum Erlengrundgelände. Anna war fröhlich und sehr gut drauf. „Suchst du eigentlich etwas bestimmtes?“, fragte ich sie. „Nein, ich lass mich überraschen!“, rief Anna zurück und grinste. Sie rannte und hüpfte zum ersten Container. Schon vor dem Container war ein großer Klamottenhaufen. Einiges war ordentlich aufgestapelt, als hätte jemand den Inhalt eines Kleiderschranks einfach hier abgestellt. Anderes lag kreuz und quer durcheinander. Zwischen den Sachen waren hohe, braune Lederstiefel zu erkennen. Anna fasste in den Klamottenhaufen, der von der Nacht noch feucht war. Schon hielt sich Anna eine helle Stoffhose mit Schnürbund an den Körper. „Die würde mir passen, oder?“, fragte sie in meine Richtung. Aber ehe ich antworten konnte, drehte sie die Hose um und sah, dass die Po-Seite voller aufgeriebener Löcher war. Schon flog die Hose in hohem Bogen wieder auf den Haufen. Schon hatte Anna das

nächste Stück in der Hand: eine Motoradjacke, wahrscheinlich aus echtem Leder gemacht. Sie war betont tailliert geschnitten und daher bestimmt für Damen gedacht. Schwarz, mit roten und weißen Akzenten und Zierreißverschlüssen sah die Jacke ziemlich gut aus, aber auch sie hatte deutliche Gebrauchsspuren. Die Ärmel und Schultern waren sehr abgerieben und verschmutzt. Vielleicht hatte die Jacke einen Unfall erlebt? An Anna hätte die Jacke sehr gut ausgesehen, sehr „taff“. Aber Anna hatte die Jacke schon wieder auf den Haufen gelegt und zog eine hellblaue Jeans aus dem Stapel. Sie hatte ausgetretene Beinenden, Risse in den Knien und hinten unterm Po und sah insgesamt ziemlich ramponiert aus. Anna hielt sie sich vor die Hüfte und schaute mich fragend an. „Viel zu groß für dich.“, sagte ich Anna. Tatsächlich war die Hose viel zu lang und zu weit für Anna, ansonsten hätte der Look zu Anna passen können.
Die Hose flog wieder auf den Haufen, und schon war Anna im ersten Container verschwunden. Drinnen waren nicht nur Berge von Schuhen, sondern jemand hatte eine Art Regal gebaut, in denen Klamotten lagen. Meist nur hineingestopft, manchmal aber auch liebevoll gefaltet und übereinander gelegt.
Auch ich nutzte die Gelegenheit, nach etwas Schönem für mich zu suchen. Schließlich hatte ich ja sogar etwas zum „Tauschen“, also zum Hierlassen mit. Eine dicke, gesteppte Daunenwinterjacke fing meine Aufmerksamkeit. Das Obermaterial glänzte fast wie Lack, was das tiefe Schwarz der Jacke gut zur Geltung brachte. Mit der prallen Steppung und dem kuschelig dicken Kragen konnte diese Jacke sicher sehr gut warm halten. Obwohl ich sie eigentlich nicht brauchte, griff ich mir die Jacke und hob sie hoch. Sie war in einem erstaunlich guten Zustand - wer gibt so etwas Schönes weg? Nur die Ärmel waren etwas verschmutzt, das kam sicher vom anderen Klamotten und vom Durchwühlen des Klamottenhaufens. „Kann ich mal anprobieren?!“, jauchzte Anna mir entgegen und strahlte mich mit fröhlichem Gesicht an. „Ja, gerne!“, sagte ich und reichte ihr die Jacke.
Anna zog sie über und freute sich über den Fund. Eigentlich war ihr diese Jacke deutlich zu groß, Anna verschwand regelrecht in dieser dicken Steppjacke. Aber Anna freute sich und sah sie von allen Seiten an. Offensichtlich war das innenfutter auch noch intakt, sonst hätte Anna es beim Anziehen sicher bemerkt. Der stark glänzende Lackstoff war ein echter Blickfang, auch wenn er zu der ebenfalls etwas glänzigen, dunkelroten Lackleder-Joggerhose, die Anna ja heute trug, nicht passte. Beide Teile zusammen waren einfach „too much“. Es sah wirklich so aus, als würde Anna diese Jacke nie wieder ausziehen. An den Ärmeln und am Rücken war etwas trockener Schmutz auf der jacke, aber das konnte man sicher leicht abwischen. Anna hüpfte und strahlte vor Freude und ließ ihre „neue“ Jacke an.

Anna wühlte weiter fleißig in den Klamottenhäufen, die auf dem Boden lagen und durchsuchte die aufgestapelten Sachen in den Regalen. „Solche hattest du doch!“, rief Anna plötzlich und hielt mir einen roten Lederstiefel mit langem Schaft vor die Augen. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, was Anna meinte, aber dann sah ich, dass es ein Miss Sixty Stiefel war. „Ja, so ein ähnliches Paar hatte ich auch. Du warst doch mit dabei, als sie aufs Lagerfeuer gekommen sind! Den einen Stiefel davon hast du ja selber wie ein Stockbrot übers Feuer gehalten!“, antwortete ich Anna. Anna schluchzte, dann sagte sie: „Ich schau mal, ob ich den zweiten finde, dann kann ich sie ja mal anprobieren!“ Anna stellte den Stiefel zur Seite und wühlte weiter. „Hab ihn!“, rief sie so laut, dass auch andere Besucher es hörten. Anna versuchte, einen zweiten Stiefelschaft in der gleichen Art aus dem Klamottenknäuel zu ziehen. Der zweite Stiefel weigerte sich. Anna versuchte, die textilien, die sich um den begehrten Stuefel geschlungen hatten, zu entknoten. Schließlich gelang es Anna und sie hielt die beiden roten Miss Sixty Lederstiefel hoch. Erst da entdeckte Anna, warum die schönen Stiefen wohl weggeworfen worden waren: beide hatten durchgebrochene Sohlen. Diese Stiefel konnte man jedenfalls nicht bei nassem Wetter anziehen, da hätte man sofort nasse Füße bekommen. Anna drehte die Stiefel um und besah sich die kaputten Sohlen. Das Profil war schon ziemlich abgelaufen, aber das hätte Anna nicht gestört. Aber mit diesem vollständig durchgebrochenen Sohlen? Ob man da überhaupt laufen könnte? Anna schaute traurig und war sich nicht schlüssig, ob sie die Stiefel mitnehmen und ausprobieren oder einfach hierlassen sollte.

Doch kurz darauf ließ Anna die beiden Stiefel fallen und etwas selbern glänzendes aus dem Klamottenhaufen. Sie zog kräftig daran und hatte schließlich Winterboots in der Hand, dick gefüttert und mit silbernem Außenmaterial. Genauer gesagt hatte Anna einen Winterboot gefunden, nach dem anderen wühlte sie noch in dem Klamottenhaufen. „Gefällt dir sowas?“, fragte ich Anna. „Ja, total!“, jauchzte Anna und suchte wie wild unter den vielen Sachen, die am Boden lagen. „Hier ist der andere!“, rief sie und zog etwas silberfarbenes hervor. Es sah tatsächlich aus, wie der zweite Stiefel von Annas silbernem Snow-Boots-Paar. Doch als Anna den zweiter heraus zog, stellte sie mit großem Erschrecken fest, dass sie nir den Stiefelschaft in der Hand hatte. Irgendein Idiot muss den Stiefelschaft vom Fußteil abgeschnitten haben. Die wollartige, weiße Füllung schaute unten aus dem dich gepolstertem Schaft heraus. „Wer mach denn sowas! Diese schönen Stiefel!“, schimpfte Anna laut und warf beide, den intakten Boot und den abgetrennten Schaft des anderen, wütend zu Boden.
Anna hatte offensichtlich die Lust verloren und wollte aus dem Kontainer heraus gehen, da fiel ihr Blick auf eine schwarze Kord-Latzhose, die zwischen anderen Sachen im Regal lag. Anna zog sie heraus, um sie anzusehen. Doch schnell stellte Anna fest, dass die schöne Hose böllig mit einer schwarz-braunen Masse beschmiert war. Öl vielleicht? Es war eindeutig eine Mädchenhose, vielleicht von einer Moped-Schrauberin? Die schöne Latzi war am Po völlig mit diesem Zeug beschmiert, auch an den Beinvorderseiten, an den Knien und Oberschenkeln. Anna hielt die Latzi an den Trägern hoch und beschaute sie traurig. „Wenigstens könnte ich ihr den Latz und die Träger abschneiden und daraus eine Tasche machen.“, sagte Anna. Ja, diese Art von textiler Kreativität würde mir gefallen. Anna ließ die Hose fallen und ging aud dem Kontainer heraus.
Wir tingelten noch duch einige der anderen Kontainer. Dort hatte man die beste Chance, ein noch gutes Kleidubgsstück zu finden, schließlich waren sie da vor Wind und Wetter geschützt. Doch Anna hatte Lust auf die Halde zu steigen. Manchmal konnte man gar nich mehr erkennen, was das für Dinge waren, auf denen wir da gingen. Je weiter man nach hinten ging auf der Halde, um so verwitterter sah alles aus. Zwischen unkenntlichen Resten vom Kleidungsstücken, verwitterten Möbelbauplatten und rostenden Kinderwagengestellen konnte man ab und zu etwas erkennen, was mal ein Schuh oder das Bein einer Jeanshose war. Aber insgesamt war es ein trauriger Anblick auf der Halde. Anna kehrte um und ging wieder zurück richtung Recyclinghof. Sie baute einen kleinen Umweg ein und versuchte immer wieder, beim Gehen die Dinge am Boden vor ihren Füßen etwas locker zu treten, um zu sehen, was da liegt.

Anna stieg von der Halde wieder herunter und ich folgte ihr. Am Rand des Erlengrund-Grundstücks entdeckte sie einen Steinkreis auf dem Boden, der offensichtlich eine ehemalige Feuerstelle umschloss. Was da verbrannt wurde, konnte man nicht mehr erkennen, es war nur schwarzgraue, nasse Asche darin zu sehen. Anna blieb mit ihren Augen an dieser Feuerstelle hängen. Ob sie das an unser Lagerfeuer bei mir hinterm Haus erinnerte? Dort waren ja auch einige alte Kleidungsstücke mit verbrannt worden, auch meine roten Miss Sixty Stiefel und sogar Annas heiß geliebte, braune Kunstlederlatzi. Ob Anna dran dachte bei diesem Anblick?
Dann machte Anna einen Bogen und zurück zu den Kontainern und verschwand wieder in einem davon. Kurz darauf zog Anna eine schwarze Kunstlederhose aus den Sachen auf dem Boden und blickte mich freudestrahlend an. Sie hielt sie sich vor den Körper und hüpfte vor Freude so sehr, dass ich kaum einschätzen konnte, ob die Hose Anna passen könnte. Anna nahm die Hose und drückte sie an sich. „So eine wollte ich haben!“, freute sich Anna. Ich lächelte zurück und freute mich mit ihr. Da fiel mein Blick in einen anderen Kontainer, der offensichtlich voller schuhe war. Ich ging hinein und war im ersten Moment wie blind, so dunkel war es darin. Als sich meine Augen daran gewöhnt hatten, erblickte ich Berge von Sportschuhen, Stiefeln, Sandalen,… Unglaublich. Manchmal hatten sich die Eigentümerinnen die Mühe gemacht, beide Schuhe zu einem Paar zusammenzubinden. Oft waren es aber nur einzelne Schuhe und man musste den zweiten selbst finden.
Ich bemerkte, dass ich auf etwas draufstand, dann sah ich, dass es Ballerinas aus schwarzem Leder und Wildledersohle waren. Sie waren schon sehr verschmutzt, bestimmt waren schon viele Besucher auf diese armen Schuhe getreten. Das schwarze Leder war zerkratzt und aufgeschrubbt, die Sohlen waren völlig durchgetanzt und hatten große Löcher.
Dann entdeckte ich direkt vor meinen Füßen zwei weiß-graue Sneakers. Ich bückte mich nach unten, weil die beiden Schuhe noch so gut aussahen. Es waren AIR MAX und ihr Weiß leuchtete mich richtig an. Sie waren viel besser, als meine breitgetretenen Laufschuhe, die ich mitgebracht hatte. Vielleicht könnte ich sie tauschen? Ich nahm den ersten der Air Max Sneakers hoch und sah ihn mir genau an. Das Innere des Schuhs zeogte deutlich, dass er viel getragen wurde, aber von aßten sah er so wunderbar aus. Auch die Sohle war nicht kaputt. Ich zog an dem Schuh, denn er war offensichtlich an den Anderen angebunden. Doch da war noch ein dritter und schließlich ein vierter Schuh angebunden. Alle vier waren gut erhaltene Air Max, alle vier in weiß-grau. Es waren zwei paar in unterschiedlichen Größen, die hier jemand liebevoll zusammengeknotet und abgelegt hatte. Wer auch immer das war, wollte sicher, dass diese Schuhe wieder gefunden und getragen werden. Ich freute mich sehr, denn das größere Paar dürfte mir der Größenangabe nach passen. Ich nahm beide Paar mit nach draußen und zeigte Anna meinen Fund. „Wie geil!“, rief Anna hüpfte soglkeich zu mir - mit der schwarz glänzenden Wintersteppjacke übergezogen und mit einer schwarzen Kunstlederjeans, einer Sportlegging und einer weißen Sommerlegging über dem Arm. „Schau mal, ob die kleineren vielleicht deine Größe haben“, fragte ich Anna und hielt ihr die zusammengebundenen Air Max Paare hin. Anna schaute sie an und strahlte: „Die kleineren sind meine Größe!“ Ich freute mich und beschloss, beide Paare mit zu nehmen - eines für mich, eines für Anna. Außer ein klein wenig Schmutz vom Boden war nichts dran an den Schuhen. Ich konnte meinen wertvollen Fund kaum begreifen. Wenn wir dann zum Auto gehen würden, könnten wir ja die Schuhe direkt mal anprobieren. Ich war voller Vorfreude, es war wie beim Shoppen - nur gratis.
Anna war längst wieder in einem Kontainer verschwunden. Mir begann, kalt zu werden, schließlich war ja Winter. „Schau mal, wie meine!“, rief es aus einem der Kontainer. Das war natürlich Anna. Ich ging hin und trat in den Kontainer. Anna stand inmitten von einem riesigen Berg aus Latzhosen und Overals.
Anna beugte sich herunter und hob eine beige Latzhose aus Kunstleder auf. „Schau mal, die ist wie meine! Nur eine andere Farbe!“, rief Anna erfreut. Und sie hatte recht: die Latzhose sah Annas alter, geliebter Kunstlederlatzi tatsächlich sehr ähnlich. Vom Schnitt her war sie fast die gleiche, nur in einer helleren Farbe und deutlich größer. Eine Kinderhose war sie ganz klar nicht mehr, aber welche Erwachsenen hätten denn solche Hosen getragen? Am Material konnte man sehr gut erkennen, dass die Hose schon ziemlich alt war. Das Kunstleder war an vielen Stellen, vor allem an den Faltstellen, sehr brüchig und bröckelig. Da konnte man deutlich den Trägerstoff darunter sehen. Die Metallbuttons am Latz und die Ösen an den Trägern waren sehr korrodiert und sahen nicht mehr gut aus. Über die Beine liefen lange Kratzer durch das Kunstleder und am Po war das Obermaterial dünn und brüchig. Auf den Latz, wo das Kunstleder noch ganz gut aussah, hatte jemand mit Edding geschrieben. Ich konnte aber nicht erkennen, was das bedeuten sollte.
Ich kam näher an Anna heran, die ja schon beladen war wie beim Shopping. Anna hielt die Kunstlederlatzi hoch vor mein Gesicht. Sie erinnerte tatsächlich sehr an Annas eigene Latzi, nur war sie eben viel größer und das Kunstleder sehr gealtert. Ob das vielleicht noch eine Hose aus den 80ern war, die jemand jetzt erst hier „entsorgt“ hatte?
Ich war ziemlich beeindruckt von dem Fund, auch wenn ich die verrosteten Metallknöpfe überhaupt nicht mehr ansehlich fand.
Da kam mir eine Idee, wie ich Anna eini riesige Freude machen könnte. „Darf ich die Kunstlederlatzi für dich mitnehmen?“, frage ich Anna. „Wieso?“, fragte Anna überrascht zurück. „Ich bring sie für dich wieder in Ordnung!“, antwortete ich Anna. Und ich bat Anna, noch eine gut erhaltene Jeans-Latzi herauszusuchen. Anna war irritiert, aber tat, worum ich sie gebeten hatte. Anna ahnte offensichtlich nicht, dass ich aus diesen beiden Latzis so eine bedondere Doppellayer-Latzi nähen wollte, wie sie meine Mitstudentin als Studienarbeit hergestellt hatte. Anna war ja so verzweifelt gewesen, dass die diese Unikat-Hosedamals nicht bekommen hatte. In irgedeinen Ofen wird die zwischenzeitlich gelandet sein, entweder in der Müllverbrennungsanlage oder im Heizungsofen der Hochschulaußenstelle. Ich hoffte, Anna wieder froh machen zu können, wenn ich ihr aus einer Jeanslatzi und dieser Kunstlederlatzi so ein Kleidungs-Kunstwerk nachstellen würde.
Nach einer kurzen Weile kam Anna aus der Hocke hoch und hielt eine blaue Jeanslatzi in der Hand. „Da!“, sagte sie und blickte mich fragend an. „Ich nehm die beiden Latzis für dich mit!“, sagte ich und ließ mir beide von Anna geben.

Wir zwei kamen voll bepackt aus dem Kontainer, wie aus einem Kaufhaus. Trotzdem konnten wir nicht widerstehen, auch in den letzten Kontainer noch hineinzuschauen. Kein buntes Durcheinander begrüßte uns in diesem Kontainer, sondern eine kreative Inneneinrichtung aus Holzkisten und Möbelteilen, die an den Seitenwänden wie zu Regalen aufgetürmt waren. Darinnen lagen liebevoll zusammengelegte Kleidungsstücke. Oft sah es so aus, als wären absichtlich zusammenpassende Teile zusammen hingelegt worden. Manchmal mit einem pasdnden Paar Schuhe oder Stiefel dazu. Wir beide staunten, es sah wirkich aus wie in einen liebevoll eingeräumten Second-Hand-Laden. Mein Blick fiel sofort auf eine Damen-Jacke im Bikerstil, die mit der Rückenseite nach vorn über ein Regal gehänge war. Die gesamte Rückenpartie war konstvoll mit einem Gesicht bemalt. Das Gesicht eines Mädchens oder das einer Elfe oder Fee? Das sah auf jeden Fall bezaubernd aus. Ich berührte das Gemälde auf der Jacke mit meinen Fingern und spürte, dass die Farbe fedt auf dem Leder oder Kunstleder hielt. Es waren weder abgelöste noch zerkratzte Stelken zu sehen. Obwohl die Jacke an den Armbündchen schon ziemlich abgeschrabbt aussah, war die Rückenpartie mit der Zeichnung völlig intakt. Ich nahm die Jacke von der Holzleiste, über die sie gehängt war, und schsute sie von allen Seiten an. Vorn war sie zerkratzt und der Reißverschluß sah nicht sehr vertrauenserweckend aus. Aber trozudem gefiel mir diese Jacke so sehr, dass ich sie unbedingt anprobieren wollte. Ich zog meine eigene Winterjacke aus und zog die gefundene Jacke über. Sie war schwerer, als erwartet. Wahrscheinlich doch aus Echtleder? Sie saß mir ein bisschen knapp, aber trotzdem sehr gemütlich. Ich hatte mich in das einzigartige Erscheinungsbild dieser Jacke verliebt und war mir ganz sicher, dass ich sie mit nach Hause nehmen wollte.
Anna strahlt mich an und freute sich mit mir. Ich behielt die Jacke gleich an und legte meine eigene Winterjacke über den Arm. Dazu noch die beiden Latzis für Anna und die beiden Air Max Sneaker Paare. Ähnlich voll bepackt stand Anna da und presste die Beine zusammen. „Ich muss mal ganz dringend“, sagte sie leise. Das war ein Problem, dachte ich bei mir, denn Toiletten gab es hier keine. Dafür stiegen überall Leute herum. Anna und ich suchten das Gelände nach einer uneinsehbaren Stelle ab. Am hinteren Rand des Grundstücks waren Bäume und ein Bach - vielleicht die ursprünglichen Namensgeber für den Erlengrund.
Wir blickten uns in die Augen und dachten dasselbe. So kletterten wir wieder auf die Halde und liefen auf ihr bis zum hinteren Rand. Dort konnte man nicht mehr erkennen, was da auf der Halde lag. Alles war schon erdfarben. Am hinteren Ende ging die Halde in eine kleine Wiese mit großen, grasbewachsenen Hügeln über. Überall lsgen noch Schneereste und wir mussten aufpassen, nicht zu rutschen. Zumindest gab es hier hinten keine Zuschauer. Ich blieb stehen, übernahm zusätzlich zu meinen noch Annas Klamottenstapel und stellte mich „als Wache“ auf. Anna ging weiter nach hinten und verschwand hinter einem dieser Grashügel. Die waren so hoch, dass auch Annas Kopf nicht mehr zu sehen war. Ich drehte mich weg, um Anna nicht zu irritieren. Niemand sonst war in der Nähe. Ich nutzte die Zeit, die vielen schönen Sachen, die wir gefunden hatten, anzusehen. Die schwarze Kunstlederhose für Anna, die zwei Leggings, die schönen Air Max Sneakers, die beiden Latzis, die wunderschöne, bemalte Lederjacke, die ich nun trug. Außerdem trug ich noch meine eigene Winterjacke, in der ich gekommen war, über den Arm und den Stoffbeutel mit meinen Tauschsachen drin.
Mit der Zeit wurden mir aber die Füße kalt. Ich drehte mich um in Richtung Anna. Ob sie bald wiederkommen würde? Ich trat von einem Fuß auf den anderen und wurde langsam ungedultig. Was Anna wohl so lange machte? Sie wird sich doch nicht verlaufen haben!?
Nach einer Weile kam Anna endlich wieder her gelaufen. Mit offener Jacke und mit gesenktem Blick - was stimmte nicht mit Anna? Sie kam nah an mich heran und flüsterete mir zu: „Ich hab mich nass gemacht! Ich bin so ein Tollpatsch. Ich hab auf meine Hose gepisst und habs erst hinterher gemerkt!“ Ich blickte auf Annas Hose, es war ja ihre dunkelrote Lackleder-Joggerhose mit den vielen Schlitzen und Rissen, die sie anhatte. Ich konnte nichts ungewöhnliches erkennen, aber ich spürte Anna ab, wie unangenehm es ihr war. „Dann zieh sie aus und zieh eine von den anderen an.“, sagte ich ihr in tröstlichem Ton. Anna nickte und schaute auf den großen Klamottenstapel auf meinem Arm. „Ich zieh die schwarze Kunstlederhose an.“, sagte Anna, und ich zog sie ihr vorsichtig heraus. Anna ging mit der schwarzen Hose wieder zurück zu dem hohen Grashügel. Nach einer kurzen Weile kam sie zurück, freudestrahlend, mit der schwarzen Kunstlederhose an den Beinen. Die sah wirklich gut an Anna aus. Anna lächelte und kam mir fröhlichem Gesicht auf mich zu. Die Winterjacke hatte sie geschlossen, was für die winterliche Temperatur auch angemessen war. In der Hand hatte Anna ihre dunkelrote Lackleder-Joggerhose.
Wortlos und gedankenversunken liefen wir über die Halde wieder zurück nach vorn, wo auch die Kontainer standen. „Und was willst du hierlassen?“, fragte mich Anna. Ich war einen Moment lang irritiert, doch dann verstand ich, was Anna meinte. „Die Sachen aus meinem Stoffbeutel. Den Sport-BH, die Sport-Legging und meine alten Laufschuhe. Das wird wohl reichen.“, antwortete ich Anna. Tatsächlich hatte ich diese Sachen extra zum Tauschen mitgebracht. „Soll ich meine rote Hose hierlassen?“, fragte Anna, „Ich habe gar nichts anderes mitgebracht.“
„Wäre auch nicht schlimm, wenn du nichts hast.“, sagte ich zu Anna. „Ich lass die rote Hose hier. Aber ich hab sie voll nass gemacht!“, antwortete Anna. „Das ist trotzdem ok, ist ja kein Kaufhaufhaus hier!“, sagte ich und grinste.
Wir beschlossen, unsere Sachen in dem Kontainer mit der schönsten ‚Inneneinrichtung‘ anzulegen, schließlich ließen wir keinen Müll, sondern gute Sachen hier.
Ich suchte mir ein Regalfach mit etwas Platz und legte erst meine Sportlegging zusammengefaltet dort ab, darauf den Sport-BH und stellte obenauf die Rennschuhe. Es sollte aussehen wie ein Set, das zusammenpasst. „Und ich?“, fragte Anna ratlos. „Vielleicht hängst du die Hose am Regal auf? Dann wird sie auch schneller trocken.“, riet ich Anna. Anna hängte ihre Hose über die Holzleisten, die als Ständer für die Regale dienten. „Ich werd dich vermissen!“, sagte Anna leise. Sie streichelte mit den Fingern über das riffelige Lackleder ihrer tollen Joggerhose. So eine Markenhose von msgm künftig hier zu finden, auch wenn schon mit vielen Rissen verziert, war schon etwas besonderes. Langsam trennte sich Anna von ihrer geliebten Hose und ging zum Ausgang des Kontainers. Ich folgte ihr. Anna drehte sich noch einmal um und blickte zu ihrer Lackleder-Joggerhose, die sie nun hier zurückließ. Einerseits konnte ich Annas Zögern verstehen, andererseits hatte sie ja viele andere Sachen zum Mitnehmen gefunden. „Freu dich über deine neue Kunstlederhose!“, sagte ich zu Anna, um sie aufzumuntern. Anna schaute nach unten auf die tolle Hose, die sie nun an hatte und lächelte. Sie fasste mit der Hand auf ihren Oberschenkel und fühlte voller Genuss das Material. Die Hose betonte mit ihrem engen Jeansschnitt Annas Figur perfekt.
„Hast ja recht!“, sagte Anna und lächelte. Ich drückte ihr all die anderen Kleidungsstücke, die sie heute gefunden hatte, in die Hand. Voll bepackt gingen wir zwei zum Grundstücksausgang und zum Auto. Unsere neuen Schätzchen warfen wir auf die Rückbank. Ich zog die bemalte Lederjacke aus, um das Gemälde auf dem Rücken nicht vielleicht durch die Autositzlehne zu beschädigen. Stattdessen zog ich die Jacke wieder an, mit der ich gekommen war.
Dann stieg ich ein uns setzte mich auf den Fahrersitz. Anna hatte längst neben mir Platz genommen. Ich schob meinen Sitz nach hinten und hielt die zusammengebundenen Air Max Sneakers hoch. „Wolln wir sie gleich mal anprobieren?“, fragte ich Anna. Sie nickte und strahlte. Mit etwas Mühe knotete ich die beiden Paare auseinander.
Anna nahm die beiden mit der kleineren Größe, schob ihren Sitz ebenfalls nach hinten und zog die Air Max an. Auch ich zog meine an und freute mich, dass meine Füße perfekt hinein passten. „Ich lass sie jetzt gleich an!“, sagte ich und freute mich über meine neuen Lieblinge. „Ich auch!“, jauchzte Anna.
Einen Moment lang schauen wir uns an und genossen es, dass wir in diesen Dingen das Gleiche fühlten. Annas Augen strahlten wie Sterne und waren so tief. Ihr Wesen voller Aufgeschlossenheit und Lebensfreude. Und die Leidenschaft fürs Wiederverwenden von Kleidungsstücken verband uns auch. Wäre Anna ein Kerl, hätte ich mich spätestens jetzt verliebt. Anna war so eine liebenswerte Person. Ich dachte an die Momente, wenn sie in ihrer damaligen, braunen Kunstlederlatzi direkt vor mir Stand und mit ihren Beinen dieses Rascheln machte, was mir immer fast den Verstand raubte. Auch in ihrer dunkelroten Lackleder-Joggerhose hatte sie das oft gemacht, nur um mich verrückt zu machen.
Und als sie auf der Autofahrt in ihre Lackleder-Joggerhose lauter Risse hinein machte, konnte ich auch an nichts anderes denken. Sie hätte ihre geliebte Hose beinahe völlig zerrissen. Vielleicht nur, um mich verrückt zu machen?
Anna kannte mich offensichtlich sehr gut.

Als wir mit dem Auto zuhause ankamen, regnete es in Strömen. Ich dachte daran, dass Anna mit dem Fahrrad zu meinem Hsus gekommen war. Als ich ihr anbot, die direkt zu ihrem Haus zu fahren und das Fahrrad an einem besseren Tag zu holen, lächelte Anna.
Wir hielten vor ihrem Haus und es regnete immer noch. Ich kniete mich auf den Fahrersitz und holte Annas Sachen von der Rücksitzbank nach vorn. Da war auch ihr kleiner Rucksack, den sie mitgebracht hatte. Anna versuchte, ihre neuen Klamotten hinein zu stopfen, aber außer den Leggings passte nicht viel hinein. Also schnappte sich Anna ihren großen Packen Klamotten, ihren kleinen Rucksack und die Schuhe, mit denen sie gekommen war, und stieg aus dem Auto. Sie rannte durch den Regen, bis sie unter dem kleinen Vordach vor ihrer Haustür stand. Sie öffnete die Tür und drehte sich noch einmal um zu mir. Anna wollte mir voermutlich winken, aber sie hatte die Arme zu voll. Stattdessen lächelte sie mir zu. Ein Lächeln so hell und so ergreifend, wie es nur von Herzen konnte.

Ich fuhr nach Hause und brachte meine Sachen nach oben. Ich hatte noch immer meine „neuen“ Air Max an und genoss es. In meinem Zimmer breitete ich die Sachen aus: die Lederjacke mit dem gemalten Gesicht auf dem Rücken und die beiden Latzis für Anna.
Die Jeanslatzi für Anna war völlig unbeschädigt, aber die beige Kunstlederlatzi hatte wohl schon viel erlebt. Als erstes zwickte ich die verrosteten Ösen an den Trägern ab, dann enrfernte ich vorsichtig auch die anderen Metall-Buttons, die die Hose hatte. Ich wollte sowieso neue Buttons anbringen, und das Werkzeug zum Einpressen hatte ich durchs Studium. Die rostigen Metallteile flogen scheppernd in den Papierkorb unter meinem Schreibtisch.
Ich führ mit der hand sanft übers Kunstleder und spürte, dass es viele kleine, fast nicht sichtbare Risse hatte. An den Stellen, wo die Hose durchs Liegen geknickt war, war das Kunstleder völlig rissig und blätterte ab. Zwischen den Beinen war das Kunstleder fast völlig abgerieben und die gesamte Po-Naht nis hinauf zum Rückenlatz platzte es links und rechts der dicken Doppelnaht ab. Vorsichtig strich ich mit der Hand die Kunstlederkrümel ab. Die Sitzflächen am Po waren so durchgewetzt, dass der Unterstoff durchschaute. Die Beinenden waren noch gut, aber auch hier blätterte langsam das Kunstleder ab. Die Beinenden waren an den Innenseiten etwas aufgeschnitten, offensichtlich wollte jemand, dass es ein bisschen nach Schlag aussah.
Ich drehte die Hose vorsichtig um und sah sie mir von vorn an. Das Kunstleder hatte deutliche Sitzfalten bekommen. Vielleicht hatte die Vorbesitzerin die Hose auch noch lange getragen, obwohl sie eigentlich schon zu klein war? Ich musste an meine eigene Knautschleder-Latz denken, die vor langer zeit einmal hatte. Die hatte ich ja auch noch lange an, obwohl sie zu kein war und die Nähte überall einschnitten. Ich hatte sie dann immer unter langen Sachen getragen, so dass niemand ahnte, dass ich eine Latzi unter meinem Oberteil trug. Beim Setzen genoss ich, wie sich die viel zu straffe Schrittnaht und der Rückenlatz spannten und in die Haut drückten. Besonders beim Sitzen hatte ich es immer genossen, auf dem Stuhl langsam vor und zurück zu rutschen und das Ziehen der Schritt- und Po-Naht zu spüren. Das war immer die geheime Liebesbotschaft meiner geliebten Latz gewesen. Vielleicht hatte die Vorbesitzerin dieser beigen Kunstleder-Latzi auch soetwas erlebt?
Auf dem Latz fiel mir die Schrift auf, die jemand mit Edding hier aufgebracht hatte. Es war so abgerieben und verblaßt, dass ich nicht entziffern konnte, was da geschrieben stand.
Ich fasste mit den Händen ins Innere der Hose und spürte, dass sich der Innenstoff noch sehr gut anfühlte. Ich strich noch ein bisschen ghedankenversunken über die Hose, dann legte sich sie vorsichtig zusammen und verstaute sie zusammen mit der Jeanslatzi in meiner Klamottenecke. Ich hatte mir vorgenommen, aus diesen beiden Teilen so eine ähnliche Super-Latzi zu nähen, wie sie meine Mitstudentin für ihre Studienarbeit hergestellt hatte. Die Jeans-Latzi sollte außen, die Kunstlederlatzi quasi darunter sein, mit dem Jeans-Latz schräg nach unten geklappt. An den Beinenden sollten die innere Kunstlederbeine etwas länger herausschauen und am Rückenlatz sollte man die „Doppeltheit“ der Hosen auch sehen. Nur wollte ich, anders als meine Mitstudentin, die Kunstlederlatzi im Ganzen einnähen und nicht nur die sichtbaren Partien. Ich hatte ja gesehen, dass sie für ihre Studienarbeit die Kunstlederlatzhose völlig zerschnitten hatte und das große Mottelstück mit Po und Beinansätzen mit in den Material-Abfall geworfen hatte. Hätte Anna das gewusst, hätte sie diese Studienarbeit vielleicht gar nicht so dringend haben wollen. Aber ich hatte nun die Gelegenheit, es viel besser zu machen für Anna und ihr die komplette Latzi in die Jeanslatzi zu nähen. Als Innenfutter stellte ich mir einen angenehm glatten Stoff vor, damit sich die Hose trotz ihres doppelt dicken Materials leich an und ausziehen lässt. Ich hatte schon sehr konkrete Vorstellungen, wie ich diese Überraschung für Anna gestanten könnte. Anna hatte offensichtlich nichts davon geahnt, als sie mir die beiden Latzis im Erlengrund gab.

An diesem Abend legte ich mich zeitiger schlafen als sonst, denn meine Beine brannten vom vielen Laufen und Stehen im Erlengrund den ganzen Tag. Vom Bett aus glitt mein Blick auf meine erbeuteten Air Max Sneakers, die ich immer mehr liebte, und auf die einzigartige Lederjacke, die über der Stuhllehne hing.

Am nächsten Tag regnete es noch immer und ich schrieb Anna, ob wir das mit dem Fahrrad abholen noch einen Tag verschieben könnten. Anna schrieb, dass sie bei dem Regenwetter eh ihr Rad nicht brauchte. Aber sie fragte, ob wir wieder zum Erlengrund fahren könnten, nur für kurz. Anna vermisste ihre dunkelrote Lacklederjoggerhose, die sie ja als Tauschobjekt dortgelassen hatte.
Ich versuchte, Anna mit meinen Nachrichten zu vertrösten, denn ich hatte so kurz vor Weihnachten keine Zeit mehr dafür.

Annas Fahrrad stand schließlich bis nach Silvester bei uns im Unterstand, denn bis dahin hatte es durchgehend geregnet oder geschneit.
Als Anna dann plötzlich an meiner Tür klingelte, hatte ich eine Mischung aus schlechtem Gewissen und Begeisterung. Das schlechte Gewissen machte sich in mit breit, weil ich Anna so lange vertröstet hatte. Die Begeisterung war der intensive Wunsch in mir, Anna endlich wiederzusehen.
Anna stand in der Tür und hatte meine Studienarbeit-Hose an, vorn als Lackhose, hinten als Fetzenjeans. „Siehst du, ich trage sie!“, sagte Anna und drehte sich vor mir. Mit strahlenden Augen sah sie mich an und lächelte so ansteckend, dass ich gar nichts anders konnte, als auch gute Laune zu bekommen. Ich bat Anna herein und wir gingen nach oben in mein Zimmer. Ich war richtig stolz, dass Anna meine Materialmix-Hose von der Studienarbeit tatsächlich gern trug. Es war definitiv ein Unikat. Ich setze mich aufs Sofa neben Anna, doch da erhob sie sich und fragte,ob sie ins Bad gehen könnte. Ich bejahte natürlich, und Anna verschwand mit ihrem kleinen Rucksack im Bad. Nach einer Weile Klackte das Türschluss und Anna steckte den Kopf durch den Spalt. Sie sagte, ich sollte bitte meine Augen ganz fest schließen und erst wieder aufmachen, wenn sie es sagte.
Ich ließ mich darauf ein und schloss meine Augen. Auch hörte, wie Anna näher kam und ihre Beine raschelten. Ich ließ meine Augen geschlossen und fragte mich, was Anna wohl vorhatte. Ich saß noch immer auf dem Sofa, meinen Kopf auf die Arme gestützt, und fühlte, dass Anna ganz dicht vor mir stand. Ich konnte ihre Körperwärme spüren. Was hatte sie nur vor? Ich spürte, wie Annas Hände meinen Kopf ganz vorsichtig fassten und an sich heranzog, bis meine Stirn sie berührte. Lehnte ich da gerade meinen Kopf an Annas Bauch? Was sollte das bedeuten? „Bist du schwanger? Ist es das, was du mir zeigen willst?“ fragte ich leise. Anna lachte leise und hauchte: „Nein, nein.“
Sie drückte meinen Kopf sanft gegen ihren Körper und ich meinte, soetwas wie ihren Hosenknopf an meiner Stirn zu spüren. „Sei ganz leise!“, flüsterte Anna und begann ganz langsam, ihre Beine im Stand zu bewegen. Ich hörte, wie die Hosenbeine aneinander rieben und es zu rascheln begann. Das konnte aber unmöglich meine Lack-Jeans-Mixhose sein, den das Lackmaterial knisterte eigentlich viel lauter. Anna bewegte ihre Beine im Stand direkt vor mit und ich hatte meinen Kopf direkt an ihren Bauch gelehnt. Ich hörte wieder dieses bezaubernte Raschelgeräusch, was an den Beininnenseiten entstand, wenn man sie beim gehen aneinander drückt. „Was hast du für eine Hose an?“, fragte ich Anna und gab mit Mühe, das Beben in meiner Stimme zu verbergen. „Das ist meine schwarze Kunstlederhose vom Wrlengrund. Die kann das auch!“, sagte Anna. Ich blinzelte mit den Augen und tatsächlich: Anna stand in ihrer schwarzen Kunstlederjeans vor mir. „Mach die Augen wieder zu und genieße es.“, sagte Anna und drückte mich noch etwas fester an ihren Bauch. „Du weißt wohl ganz genau, was mich verrückt macht?“, flüsterte ich Anna zu. Anna strich mit mit ihren Händen über den Rücken und hauchte nur: „Psssst.“
„Siehst du, so sehr mag ich meine neue Hose.“, sagte Anna weiter mit flüsternder Stimme zu mir: „Ich habe ich eben richtig in sie verliebt und mag sie gar nicht ausziehen. Ich wollte dir nur zeigen, dass ich dir dankbar bin, weil du mit mir zum Erlengrund gekommen bist.“
Ich nickte etwas und vermochte nichts zu sagen. Anna drehte ich etwas, so dass nun mein Ohr und meine Wange an ihrem Hosenbund anlagen. Wieder bewegte Anna ihre Beine im Stehen und wieder hörte ich dieses Rascheln. So nah an meinem Ohr hatte ich das noch nie. Ich musste mich konzentrieren, um meine Gefühle zu kontrollieren. Am liebsten hätte ich Anna umarmt, so wie sie vor mir stand, oder ihr einen kleinen Schmatz auf ihren süßen Bauchnabel gegeben. Aber das hätte sie falsch verstehen können und ich wollte unsere gute Freundschaft nicht durch soetwas aufs Spiel setzen. Anna nahm meine Hand und führte sie an ihr Hosenbein. Ich fühlte das weiche Kunstleder. „Danke, dass ich sie wegen dir gefunden habe.“, sagte Anna, und: „Kannst deine Augen ruhig wieder auf machen!“
Ich war wie überwältigt von diesen Minuten.
Anna setzte sich zu mir aufs Sofa. „Fahren wir wieder zum Erlengrund? Ich vermisse meiner Joggerhose.“, säufzte Anna. Wie hätte ich auch widerstehen können. Ich versprach, gleich heute mit ihr dort hin zu fahren und ihre msgm-Lackleder-Joggerhose wieder zurück zu holen.

Im Auto sprach ich mit ihr davon, dass natürlich jemand die Hose mitgenommen haben könnte. Das war ja der Wesen vom Erlengrund und den „Tauschobjekten“, die man dort zurückließ. Ich sagte Anna, sie solle dann trotzdem nicht traurig sein, wenn jemand ausgerechnet ihre Joggerhose mitgenommen hätte, denn dann wäre ihre Hose sicher in guten Händen. Außerdem könnte es gut sein, dass Anna heute auch ein neues Fundstück für sich entdecken würde.

Anna saß mit ihrer schwarzen Kunstlederjeans und einer fast weißen Wintersteppjacke neben mir im Auto und wirkte irgendwie angespannt. Mit ihren Händen strich sie immer wieder über ihre Oberschenkel oder trommelte mit ihren Finger leise darauf. Obwohl ich ihr den Wunsch erfüllte und mit ihr zum zweiten Mal zum Erlengrund fuhr, blieb ihr Gesicht ernst und ihr Blick starr auf die Straße gerichtet. Was betrübte Anna nur so sehr? Ich fragte unverfänglich, worüber sie nachdachte. Anna antwortete nichts und strich mit ihren Händen über ihre schwarzen Kunstlederhosenbeine. „Jetzt im Winter kommen eh kaum Besucher in den Erlengrund. Deine Joggerhose wird schon noch da sein.“, sagte ich, um Anna zu beruhigen.
„Und wenn wir doch zu spät kommen?“, brach es aus Anna heraus, „Ich hab sie dort ausgesetzt, obwohl sie doch meine Lieblingshose war! Das werd ich mir nie verzeihen!“ Anna schluchtze.
Ich sprach Anna Mut zu, denn die Wahrscheinlichkeit, dass zwischenzeitlich jemand ausgerechnet Annas Joggerhose mitgenommen hat, war sehr gering. Außerdem musste ich daran denken, dass Anna die Hose ja überhaupt erst ausgezogen hatte, weil sie sie versehentlich naß gemacht hatte. „Ich werde dir helfen, dass du sie wiederbekommst!“, versprach ich Anna.

Kurz darauf kamen wir am Erlengrund an und ich parkte das Auto am Straßenrand. Anders als erwartet waren unerwartet viele Leute hier.
Wir gingen aufs Gelände und steuerten als erstes den Kontainer an, in dem Anna ihre Lackleder-Joggerhose aufgehängt hatte. Es war einer der Kontainer, in dem die meisten Kleidungsstücke nicht auf dem Boden zertreten wurden, sondern in eilig zusammengezimmerten Regalen lagen. Anna schlüpfte als erste in den Kontainer uns sah sich um. Ich kam hinter Anna her und erschrak: die behelfsweisen Regale waren alle leer und zum Teil demoliert. Die meisten Kleidungsstücke und Schuhe lagen wild verstreut auf dem Boden. Schon auf beim ersten Hinsehen fiel uns auf, dass vieles davon völlig zerfetzt und zerrissen war. Hier musste jemand sehr randaliert und gewütet haben. Wir waren beide traurig über das, was wir sahen, denn dieser Kontainer war der mit der liebevollsten Einrichtung und den besten Kleidungsstücken. Zum Finden von neuen Lieblingsteilen und fürs Tauschen die erste Adresse. Aber nun sah es hier drinnen erbärmlich aus.
Anna gegann, mit den Füßen in den Klamottenbergen zu wühlen, die auf dem Fußboden lagen. Schließlich ging Anna in die Hocke und nahm Anna auch die Hände zuhilfe. Aufgebracht durchsuchte sie die Klamotten oder das, was von ihnen übrig war. „Wonach suchst du?“, fragte ich Anna. „Meine rote Joggerhose!“, rief Anna aufgebracht, „Die muss doch hier auch abei sein!“
Anna war so aufgeregt und emsig, dass sie in Windeseile jedes Teil hochhob und hinter sich warf. Als ginge es um ihr Leben, durchwühlte Anna den riesigen Berg aus zerfetzten Anoraks, aufgerissenen Leggings, zerstörten Jeans und kaputten T-Shirts. Es tat mir im Herzen weh, Anna so leidend zu sehen. Erst als Anna nach Luft schnappend am Ende des Kontainers angekommen war, aber ihre rote Lackleder-Joggerhose nirgends auftauchte, hielt Anna inne - mit Tränen in den Augen.
„Vielleicht fand jemand die Hose schön und hat sie mitgenommen.“, sagte ich Anna, um die zu beruhigen. Doch Anna schluchzte: „Ich hab zu lange gewartet. Ich hab sie hiergelassen, und nun ist sie weg.“
Anna zog das Bein einer anderen, roten Damenlederhose aus dem großen Haufen. An dem grauen Hosenbein aus weichem Kunstleder hingen die Fetzen einer völlig zerrissenen Hose. Die Po-Taschen waren herausgerissen, der Schritt war entzwei und das andere Hosenbein ebenfalls in lauter Fetzen gerissen. Anna sah die Hose voller Entsetzen an. „Wer macht denn sowas!“, fuhr es aus ihr heraus. Sie ließ die zerrissene Lederhose fallen und griff nach einer Skihose, die gerade vor ihren Füßen lag. Auch diese Hose sah nur auf den ersten Blick gut aus: jemand hatte das ganze Innenfutter zerfetzt und die Füllung herausgerissen. Anna zeigte mir entsetzt das völlig zerstörte Innere der Skihose. Diese Hose war auch mit viel Aufwand nicht mehr zu reparieren.
Langsam verlor auch ich meine gute Laune. Warum hatten sich diese Randalierer ausgerechnet den Kontainer mit den besten Kleidungsstücken ausgesucht? Warum in aller Welt haben sie die vielen, schönen Sachen so zerstört?
Anna hatte offenbar genug gesehen von dem, was im Inneren des Containers noch übrig war. Sie stand im Eingang des Containers, mit dem Blick traurig zum Boden. Anna sah so gut aus in ihrer schwarzen Kunstlederjeans und ihrer hellen Steppjacke, aber ihr Blick war so traurig.
Anna folgte mit langsamen, kleinen Schritten der Spur der Verwüstung, die aus dem Container heraus führte bis an den Anfang der Halde. Eine richtige Spur aus zerrissenen Hosen, kaputten Shirts, einzelnen Schuhen oder aufgeschnittenen Stiefeln. Nur an und zu ein noch brauchbares Teil.
Anna schaute sehr genau, ob sie nicht vielleicht doch ihre rote Lackleder-Joggerhose unter diesen Sachen finden würde. Mit ihren Fußspitzen schob Anna große Stofffetzen und Kleidubgsstücke zur Seite, um zu sehen, ob vielleicht ihre geliebte Hose darunter lag. Anna wirkte traurig und dennoch vollends entschlossen, ihre vermisste Joggerhose wiederzufinden.
Ich musste daran denken, als Anna neben mir im Auto gesessen hatte, ihre rote Lackleder-Joggerhose über die Beine gelegt, und den Riss im Kunstleder ansah, den ich versehentlich beim Anprobieren hinein gemacht hatte. Ich fand die Hose sehr angenehm zu tragen, auch wenn sie mir eigentlich zu eng war. Aber dieses Material raschelte und war beim Gehen ständig zu spüren. Einfach traumhaft.
Als Anna neben mir im Auto saß, hatte sie begonnen, weitere Risse und Cut-Outs in die Hose zu reißen. Anna konnte kaum wieder aufhören, an ihrer Hose zu reißen und sie immer mehr zu einer Fetzenhose werden zu lassen. Ich konnte mich damals nur mit Mühe aufs Fahren konzentrieren, das Geräusch von Annas zerreißender Hose zog alle meine Gedanken auf sich. Auf der einen Seite hätte ich zu gern mitgemacht und mit Anna zusammen so eine ursprünglich teure Lacklederhose in Fetzen gerissen. Andererseits hätte es mir dann sehr leid getan um die schöne Hose. Vielleicht hätte ich Anna fragen sollen, ob ich sie zum Tragen behalten dürfte? Der Fetzen-Look hätte für mich sehr gut gepasst. Und dass die Hose mit ihren eigentlich zu engen Nähten überall einschneiden würde, hätte ich sicher auch in Kauf genommen, um sie tragen zu können. Aber Anna liebte ihre Hose damals so sehr, dass sie sie nicht hergegeben hätte. Und nun, falls Anna ihre Hose noch in heilem Zustand finden würde, müsste ich doch immer daran denken, dass Anna sie ausgezogen hatte, weil sie sich verlehentlich nass gemacht hatte. Ich mochte Anna sehr, aber so wollte ich Annas Hose doch lieber nicht haben.
Anna hatte nun den gesamten Boden Contariner und auch die ganze Spur aus Klamotten durchsucht, die vom Container bis zur Seite der Halde führte. Ihre geliebte Lackleder-Joggerhose hatte sie aber nirgends finden können. Anna entfernte sich immer weiter vom Container und ging in Richtung Halde, auch wenn dabei die Chance, ihre Hose wiederzufinden, immer geringer wurde.
Anna erkannte die Stelle, wo bei unserem letzen Besuch hier eine mit Steinen umlegte Feuerstelle gewesen war. Einen Feuerplatz gab es hier nun nicht mehr, stattdessen einen hohen Berg von Klamotten. Wir waren uns aber völlig sicher, dass es die gleiche Stelle war, denn die Sitzgelegenheiten standen immer noch kreisförmig darum. Anna erblickte weitert hinten eine zweite Stelle, wo vor kurzem Feuer gemacht worden war - und Anna ging hin. Ob sie dachte, dass jemand ihre geliebte Hose mit verbrannt hatte? Ich beeilte mich, Anna hinterherzulaufen. Die neue Feuerstelle war auch schon längst kalt. Als Umrandung hatte jemand alte, verschmutzte Schuhe hingestellt - als ob die nicht auch hätten anbrennen können! Aber der Ring aus Schuhen war offensichtlich weit genug vom Feuer weg gewesen, jedenfalls konnten wir keine Schmauchspuren an ihnen sehen. Aber was wir in der Mitte der Feuerstelle sahen, hatte es in sich. Das türmten sich regelrecht die Reste von verbrannten Lederstiefeln und Schuhen. Alles hatte die Farbe von Asche angenommen, aber die Formen waren noch gut zu erkennen. Oben waren einige lange Stiefelschäfte noch gut in ihrer Form zu sehen. Aber von den Schuhen und Stiefeln weiter unten im Aschehaufen war meist nur noch die Fußspitze oder kleine Zipfel übrig, die wohl ein bisschen aus dem Feuer heraus geragt hatten. „Das muss ja ganz schön gebrannt haben!“, sagte Anna und stupste mit ihrer Fußspitze gegen einen ausgebrannten Stiefel. Erst dann fiel mein Blick auf eine Reihe von ordentlich neben einander ausgestellten Sneakers, die außerhalb der Feuerstelle standen. Außen war noch gut zu erkennen, dass sie einmal weiß waren. Aber innen waren sie schwarz und ausgebrannt. Hatte da jemand auf dem Fußbett Feuer gemacht und die herrlichen Sneakers innen ausgebrannt? Als Anna diese Reihe innen verbrannter Sneakers erblickte, stieß sie einen kurzen, entsetzten Schrei aus: „WER MACHT DENN SOWAS?!“
Anna ging in die Hocke und beugte sich zu den Sneakern herunter. Der Meshstoff und das Poster innen waren völlig verkohlt. Oben sah auch das Außenmaterial braun und angesängt aus. Nur an den Seiten hatten die Schuhe noch ihre originale Farbe, als wären sie bereit zum Tragen. „Hat da einer Benzin in die Sneakers reingeschüttet und dann angezündet?“, fragte Anna schulterzuckend und blickte zu mir. Ich konnte auch nur mit den Schultern zucken, denn gesehen hatte ich so etwas zuvor auch noch nicht. „Die armen Sneakers!“, sagte Anna und erhob sich langsam wieder aus ihrer Hocke. „Solche hätte ich gern mitgenommen.“, sagte sie und stupste den ersten der ausgebrannten Sneakers um. Die Sohle, die nun zum Vorschein kam, war völlig unversehrt.
Ich versuchte mir vorzustellen, wie das ausgesehen haben mag, als diese Sneakers nur innen brannten und vielleicht Flammen oben aus der Öffnung kamen. Wie lang es wohl gedauert hätte, bis so ein Schuh von innen bis zum Außenmaterial durchgebrannt wäre und dann völlig in Fammen stehen würde?
„Schau mal hier!“, rief Anna mir zu und riss mich aus meinen Gedanken. Sie stand nun vor dem großen Klamottenhaufen, der sich an der Stelle befand, wo beim letzten Mal die Feuerstelle war. „Alles noch gute Sachen!“, sagte Anna, „Nur ganz unten ist etwas verbranntes.“
Anna beugte sich nach unten. Es war gut zu erkennen, dass ganz unten ein paar vekohlte Textilien unter dem Haufen lagen. Hatte da jemand ein Feuer gemacht und dann versucht, so einen riesigen Haufen anzubrennen? Das wäre ein Inferno geworden. Zum Glück ist das Feuer darunter offensichtlich erstickt, sonst wäre bestimmt die Feuerwehr gekommen.
„Schau mal, hier ist eine Latzi!“, rief Anna und zog an einem schwarzen Kunstlederlatz, der ein paar Zentimeter über dem Boden an der Seite aus dem Haufen herausschaute. Der Latz hing fest unter dem Haufen. Anna zog stattdessen an den Hosenbeinenden, die zur gleichen Hose zu gehören schienen. Anna stämmte sich mit ihrem Fuß gegen den Haufen, um die schwarze Kunstlederlatzi an den Hosenbeinen heraus zu ziehen. Die Latzi ließ sich an den Beinen ein Stück weit herausziehen, doch plötzlich hielt Anna nur noch die Hosenbein-Enden in der Hand. Sie waren abgerissen, und an der Riss-Stelle sah das Kunstleder angebrannt und der Trägerstoff verkohlt aus. Hatte es also doch in dem Haufen noch gebrannt? Die Mitte dieser schwarzen Kunstlederlatzi war offenbar im Inneren des Haufens schon längst verbrannt oder durch die Hitze verschmolzen, während außen noch der schwarze Latz und die Hosenbeine herausgeschaut hatten. „Die schöne Latzi!“, rief Anna entsetzt und ließ vor Schreck die losgerissenen Beinenden fallen.
Anna brauchte einen Moment, um diesen Anblick zu verarbeiten. Wahrscheinlich waren viele Stücke von all dem, was hier auf dem Haufen lag, innen schon beschädigt oder zerstört.
„Ich hab genug. Können wir heim fahren?“, fragte Anna. Ich nickte und wir gingen langsam in Richtung Ausgang. Wir mussten an der langen Spur aus völlig zerrissenen Klamotten entlang zurück gehen, vorbei an dem Container, der einmal so schön sortierte Sachen enthielt. Diesmal waren wir beide enttäuscht über die viele Zerstörung, die wir gesehen hatten. So viele sinnlos zerrissene Klamotten, den innen verwüsteten Container, die ausgebrannten Sneakers, den innen verschmorten Klamottenhaufen. Kaum zu glauben.
Wir gingen weiter richtung Ausgang, da hüpfte Anna plötzlich hoch und schrie: „Ich seh sie, meine Hose!“
Anna rannte zu einem kleinen Klamottenkneuel neben einem der Container. Da schaute tatsächlich dunkrlrotes Lackleder heraus, so wie von Annas geliebte Lackleder-Joggerhose.
Anna zog und zupfte - und hielt am Ende tatsäcklich ihre vermisste Joggerhose in den Händen. Annas Gesicht strahlte so hell wie die Sonne.
Die Hose sah zwar mächtig zerrissen aus und war auch recht schmutzig, aber Anna drückte sie zu einem Kneuel zusammen und lief schnellen Schrittes auf mein abgestelltes Auto zu.
Ich war glücklich, dass Anna ihre geliebte Hose endlich wieder hatte und schloß das Auto auf.
Auf der Heimfahrt grinste und lächelte Anna und schaute immer wieder zu mir herüber. Sie saß neben mir in ihrer schwarzen Kunstlederjeans und ihrer hellen Wintersteppjacke, die beide sehr gut an Anna aussahen.
Irgendwann während der Fahrt faltete Anna ihre rote Lackleder-Joggerhose auseinander, die sie noch immer fest zusammengedrückt in ihren Händen gehalten hatte. Ich schaute ab und zu zu ihr herüber, aber ich musste meine Augen auch im Straßenverkehr lassen.
Anna entfaltete auf ihren Knien ihre Joggerhose und strich sie vorsichtig glatt. Sie sah ziemlich zerrissen aus, dachte ich bei mir. Ich wusste ja, dass Anna selbst ziemlich viele Risse in sie gemacht hatte, aber so extrem zerrissen hatte ich sie nicht in Erinnerung. Die Hosenbeine waren völlig zerfetzt und hielten nur noch an der Beinaußennaht zusammen. Der Po und der Bauchbreich waren an der Mittelnaht komplett durchgerissen und völlig zerfleddert. Die langen Beine hatten keinen einzigen Ring mehr, der nicht aufgerissen war. Nur die Gummibünde an den Beinenden und am Hüftbund hatten offensichtlich gut genug standgehalten. Anna betastete mit ihren Händen die Risse. Der dicke Baumwollstoff unter dem Lackleder schaute zerfasert an den Risskanten hervor. „Ich glaube nicht, dass man die wieder nähen kann.“, sagte ich vorsichtig. Anna schaute mich traurig an und schüttelte mit dem Kopf: „Nee, das geht wohl nicht mehr.“
Ich überlegte, ob die Fetzenhose wohl einen Durchgang in der Waschmaschine überleben würde. Vielleicht könnte Anna dann trotzdem mal versuchen, sie anzuziehen? So ganz aufgeben wollte ich Annas Hose doch nicht. Vielleicht hätte ich sie selbst auch noch einmal anprobiert…

Anna drehte und legte die Fetzen so auf ihre Beine, dass man die ursprüngliche Form der Hose gut erkennen konnte. Aber es fehlten einige große Stücke. Meine Hoffnung, die Hose vielleicht doch irgendwie noch zu retten, verpufften.

Anna zog langsam die Hosenbeine auseinander, die nur noch über den Bosenbund miteinander verbunden waren. Anna zog immer fester, bis eines der Hosenbeine an einer dünnen Stelle vom Bund abzureißen begann.
Anstatt aufzuhören, riss Anna immer weiter und sah zu, wie sich ein immer längerer Riss zwischen Bund und Hosenbein auftat. Das Geräusch von dem aufreißenden Material ging mir durch Mark und Bein. Aber Anna riss immer weiter, ganz langsam. Sie schien es zu genießen, und sie schaute auch ständig zu mir herüber. Ob sie das tat, um mich verrückt zu machen? Der neue Riss ging nun mitten durch das Lackleder, was einmal eine Pohälfte war. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und Anna hätte das Bein ganz von der Hose abgetrennt. An der Rissstelle sah das Lackleder porös und uneben aus. Darunter schaute der durchgerissene Unterstoff heraus.
Da stoppte Anna kurz und streichelte über das softe, riffelige Lackleder.
Annas Mund stand halb offen und ihr Blick war auf meine Augen gerichtet. Und schon war es wieder zu vernehmen, dieses unbeschreibliche Geräusch von langsam zerreißendem Lackleder.
Anna schaute zu mir in die Augen, bis ich sie ansah. Dann grinste sie und fragte:
„Wenn du wieder mal ein Gartenfeuer bei dir machst, darf ich sie dann mitbringen?
Ich will sie genau so verabschieden wie meine braune Latzi.…“
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
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Re: Anna

Beitrag von peekee »

Anna und ich waren schon zum zweiten Mal in den Erlengrund gefahren, einen ehemaligen Recyclinghof mit Halde, der sich zu einer beliebten Fundgrube und Tauschbörse für Altkleidung entwickelt hatte. Beim ersten Besuch hatte Anna ihre aufgerissene Lackleder-Joggerhose als Tauschobjekt für die vielen gefundenen Schätze zurückgelassen. Dann vermisste Anna ihre Joggerhose doch so sehr, dass wir ein zweites Mal zum Erlenhof fuhren, um die Hose wiederzufinden. Bei unserem zweiten Besuch mussten wir mit Entsetzen feststellen, dass im Erlenhof viel Vandalismus betrieben worden war und viele schöne Kleidubgsstücke kaputt gemacht wurden. So auch Annas rote Lackleder-Joggerhose.
Anna nahm die kaputte Joggerhose mit nach Hause, aber verabschiedete sich noch während unserer Heimfahrt von jeder Hoffnung, die Hose wieder tragen zu können. Noch im Auto begann Anna damit, ihre geliebte msgm-Lacklederjoggerhose endgültig zu zerreißen...



Nachdem ich Anna nach Hause gebracht hatte, bat ich sie, ihre zerrissene Lackleder-Joggerhose eine Weile bei mir zu lassen. Ich versprach ihr, sie nicht wegzuwerfen - Anna sollte sie auf jeden Fall zurück bekommen. Mein Gedanke war, die Hose - oder was so von ihr übrig war - zu waschen und dann über eine Legging zu nähen. So könnte ich Annas geliebte Hose vielleicht retten und ihr eine riesen Freude machen.
Zuhause nahm ich die Fetzen von Annas Hose mit ins Haus und gab sie im Schonwaschgang in die Waschmaschine. Ich bangte die ganze Zeit, dass die Fetzenhose das aushalten würde und nicht Teile von ihr abgehen würden. Ich ließ die Hose schleudern und holte sie dann vorsichtig aus der Maschine. In meinem Zimmer hängte ich sie über mehrere Kleiderständer, damit sie schnell trocknen konnte. Währenddessen suchte ich eine schwarze Legging aus meinen Klamottenstapeln. Die Legging war mir etwas zu eng und dürfte Anna daher gut passen. Der schwarze Stoff war noch gut und hatte keinen Glanz. Ich war schon aufgeregt, mit dem Projekt zu beginnen. Aber Annas Lackleder-Fetzenhose war noch zu nass, also musste ich doch bis zum nächsten Tag warten.

An den nächsten Tagen hatte ich noch vorlesungsfreie Zeit, hatte also genug Zeit, mich such um Annas Hose zu kümmern. Sie war in Zwischenzeit trocken und ich breitete sie auf meinem Tisch aus. Sie war vollkommen sauber und duftete noch vom Waschmittel. Aber als Hose konnte man sie kaum noch erkennen. Sie war so sehr zerrissen und zerfetzt, dass kaum eine handbreit zusammenhängendes Lackleder mehr da war. Anna hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Die meisten Risse und Cuts waren ja von ihr selbst. Den ersten großen Riss unter dem Po hatte zwar ich versehentlich in die Hose gemacht, aber dann hatte Anna alle kleinen Löcher und dünnen Stellen zu breiten Löchern aufgerissen. Sie war so fasziniert davon, dass sie die Hose beinahe komplett zerrissen hätte. Doch sie war zum Glück noch tragbar, und Anna hatte sie auch wieder an. Das sah sie einfach aus wie eine Hose mit vielen Cuts.
Als Anna die Hose im Erlengrund gelassen hatte, wurde die Hose von unbekannten gründlich zerrissen. Sie war kaum noch als Hose zu erkennen, aber sie war noch aus 1 Stück. Einige Stücke vom Lackleder fehlten allerdings schon. Auf der Heimfahrt von zweiten Erlenhof-Besuch zerriss Anna dann alles, was an der Hose noch einigermaßen ganz war. Sie sorgte dafür, dass die beiden Po-Seiten nur noch hach dünn mit dem Bund verbunden waren.
Diese Fetzen hätte man nie mehr vernünftig zusammennähen können.

Anna hatte sich ja schon damit abgefunden, die Fetzenhose einmal zu verbrennen. Aber ich dachte mir, ich könnte sie ziemlich gut retten, wenn ich sie auf eine dunkle Hose aufnähe. Da würden die vielen Risse und auch die Stellen, wo ein Fetzen Lackleder ganz fehlte, ziemlich cool aussehen.
Kurz dache ich daran, die Lacklederhose noch einmal anzuprobieren, aber das wäre nichts geworden - sie war zu sehr zerfetzt.
Also breitete ich sie aus und zog ganz vorsichtig die schwarze Leggings innen hinein. Ich richtete die dunkelroten Lacklederfetzen aus, so dass sie gut lagen. Dann fixierte ich alles mit Stecknadeln. Dann holte ich die Nähmaschine heraus und versuchte, die ersten Teile der Lacklederhose auf die schwarze Unter-Hose zu nähen. Ich hatte Nähgarn, das von der Farbe her optisch im dunklen Lackleder verschwand. Nachdem ich die ersten Partien vernäht hatte, betrachtete ich das Ergebnis und war ziemlich zufrieden.
Ich verbrachte den ganzen Vormittag damit, Annas Hose auf diese Weise wieder herzustellen. Viele Stellen konnte ich nicht mit der Maschine erreichen und ich musste sie mit der Hand annähen. Nschmittags war ich außer Haus, aber am Abend hatte ich große Lust, die Hose fertig zu nähen. Ich nähte und optimierte bis spät in die Nacht, immer wieder fand ich Stellen, die ich verbessern konnte. Doch dann war sie fertig, die „neue“ alte Hose für Anna. Sie war leicht anzuziehen, denn innen war sie eine perfekte Legging ohne Löcher oder Cuts, in denen man bein Hineinschlüpfen hängen bleiben könnte. Der Gummibund der Legging war nicht ganz so eng, wie er bei der Lacklederjoggerhose ursprünglich war. Ich war über mich selbst erstaunt - die Hose war wirklich sehr ansprechend gelungen. Die vielen Querrisse und Cuts im Lackleder kamen perfekt zur Geltung, aber die Hose war gut tragbar und stabil.
Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, sie gleich in der Nacht einmal anzuprobieren. Vorsichtig schlüpfte ich in die Hose. Auch wenn sie etwas zu knapp für mich war, konnte ich sie leicht anziehen. Ich konnte sie auch ohne Gewalt hochziehen, das war bequemer, als bei der ursprünglichen Hose. Trotzdem war die Hose insgesamt etwas zu eng für mich - Anna würde sie sicher perfekt passen.
Bei mir schnitt die Hose ein wenig ein. Das merkte ich besonders, als ich mich mit ihr hinsetzte. Dieses Gefühl erinnerte mich an meine eigene Kunstlederlatzi, die an ihrer Po- und Schrittnaht auch immer sehr eng gesessen hatte. Meine alte, rote Kunstlederlatzi damals war wirklich meine liebste Hose überhaupt gewesen. Ich hatte sie noch lange getragen, auch als sie schon viel zu klein geworden war. Ich hatte meist etwas Langes darüber und kaum jemand merkte, dass ich eigentlich eine Latzi darunter trug. Je mehr mir die Hose zu klein geworden war, um so mehr hatte sich der Rückenlatz straff gezogen, wenn ich mich hinsetzte. Die Träger und der gespannte Rückenlatz, dazu die eng sitzende Schritt- und Po-Naht - all das hatte ich beim Hinsetzen immer wieder deutlich gespürt. Und ich hatte es immer wie eine Liebeserklärung meiner geliebten Latzi verstanden. Manchmal hatte ich nicht mehr daran gedacht, dass ich unter meinem langen Hoodie meine Latzi trug - und wenn ich mich unbedacht hinsetzte, erinnerte mich meine Latzi, dass sie da war. Manchmal, wenn ich saß, rutschte ich langsam auf dem Stuhl vor und zurück, um meine Latzi zu spüren. Ach wie sehr ich sie geliebt hatte, meine rote Latzi!
Und nun hatte ich wieder eine rote Hose aus Lackleder an, die ein bisschen einschnitt. Aber es war nicht meine, sondern Annas Hose. Und ich freute mich so auf Annas Reaktion! Ich war mir sicher, dass ich Anna eine große Freude damit gemacht hatte, dass ich ihre völlig zerrissene Lacklederjoggerhose auf einer schwarzen Legging aufgenäht und wieder tragbar gemacht hatte. Die zu neuem Leben erwachte Hose sah richtig cool aus.
Ich zog sie langsam wieder aus und legte sie über die Stuhllehne. Ich war so voller Spannung, dass ich Anna in der Nacht noch eine Nachricht schrieb. Ich schrieb ihr, dass sie mal vorbeikommen könnte, wenn sie Zeit hat. Ich hätte eine Überraschung für sie - eine zum Anprobieren. Dann legte ich mich voller Zufriedenheit über das Ergebnis meiner Hosen-Rettungsaktion schlafen.

Als ich am nächsten Vormittag aufstand, hatte ich schon Annas Nachricht auf dem Handy. Anna war gespannt, was für eine Überraschubg ich denn für sie hätte. Ob sie wirklich keine Ahnung hatte?
Nur wenig später klingelte es und Anna stand vor der Tür. Ich war immer noch ein bisschen verschlafen, aber Anna blickte mich erwartungsvoll mit ihren großen Augen an. Ich bat sie herein und wir gingen hinauf in mein Zimmer. „Du hast etwas zum Anprobieren?“, fragte Anna mit leuchtenden Augen. Die genähte Lacklederjoggerhose über der Stuhllehne hatte sie noch gar nicht entdeckt.
In ihrer hellen Hüftjeans, ihren knapp bauchfreien Top und den weißen Air Force 1 vom Erlengrund stand Anna da und blickte sich um. Eigentlich war sie etwas zu sommerlich angezogen für die kalte Jahreszeit, aber es sah eben richtig gut an Anna aus. Anna hatte immer noch nicht erblickt, um was es ging. Ich beschloss, die Spannung noch ein bisschen auszukosten. „Ich lass dich mal kurz hier allein, vielleicht findest du etwas, was du anprobieren möchtest!“, sagte ich ihr lächelnd und ließ sie im Zimmer allein. Ich schloß die Zimmertür, und schön hörte ich einen hellen „Quicker“. Ich konnte hören, dass Anna hochgehopst sein musste. „Darf ich die anziehen?“, rief es aus dem Zimmer. „Ja, die ist für dich!“, rief ich Anna zu. Ich ließ die Tür geschlossen, damit sie sie gleich anprobieren konnte. Ich hörte das Rascheln, wie sie ihre Jeans auszog und dann, dass sie die auf die Legggings genähte Lackleder-Joggerhose anzog. „Darf ich reinkommen?“, fragte ich. „Ja! Komm rein!“, jauchzte Anna und öffnete die Tür. Sie stand vor mir, auf Zehenspitzen und vor Freude strahlend. Sie schaute auf ihre Beine herunter, vorn und hinten, streichelte mit den Händen über Lacklederhose und ihre vielen, fixieren Risse. Dann hüpfte Anna ganz nah an mich heran und flüsterte „Danke!“. Sie sprang mir um den Hals und gab mir eine feste Umarmung. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Hose je wieder anziehen könnte!“, hauchte Anna, während sich mich noch immer fest umarmte. „Danke!“, flüsterte sie nich einmal.
Als Anna ein paar Schritte zurück trat, begutachtete ich mein „Rettungswerk“ an ihr. Die Hose stand ihr wirklich gut und sah mit den vielen Rissen sehr cool an ihr aus. Kaum zu glauben, wenn ich daran dachte, wie zerrissen und zerfetzt die Hose doch war. Nun war wieder alles an seinem Platz und die zwischen dem Lackleder durchblitzende Legging passte perfekt dazu.
Anna blieb noch eine kurze Weile, dann schnappte sie sich die Jeans, die sie an hatte, als sie gekommen war. Anna wollte die Lacklederjeggerhose ausziehen udie ihre Jeans wieder anziehen. Dich dann hielt sie inne, zog die Lacklederjoggerhose wieder hoch und schnürte die Kordel im Bund wieder zu. „Die würde ich am liebsten anbehalten!“, sagte Anna. „Mach das doch, wenn es dir damit nicht zu kalt ist draußen.“, sagte ich lächelnd zurück. Ich freute mich, dass Anna mein Nähprojekt so gefiel. Ich gab Anna einen Stoffbeutel für ihre Jeans, in der sie gekommen war.
Anna hüpfte fröhlich die Treppe hinunter in Richtubg Haustür. Ihre Lacklederhose raschelte dabei bezaubernd. Unten umarmte sie nich ein weiteres Mal, dann radelte sie nach Hause.
Ich freute mich, dass ich Anna so eine Freude bereiten konnte.

Als ich wieder hoch in mein Zimmer kam entdeckte ich mein anderes Nähprojekt für Anna, das ich fast vergessen hatte: die hellbraune 80er Jahre Kunstlederlatzi!
Ich nahm mir fest vor, sie mir in den nächten Tagen vorzunehmen. Vielleicht könnte ich sie ein bisschen aufarbeiten und dann einfach für mich behalten als Vintage-Schmuckstück? Der Gedanke gefiel mir. Anna würde es mir sicher nicht übelnehmen.

Leider fand ich so bald keine Zeit mehr für die hellbraune Kunstlederlatzi. Die Vorlesungszeit begann wieder und ich war nur noch ab und an zum Wochenende zuhause. Seit ich die hellbraune Kunstlederlatzi zuhause einmal spontan unter meine Bettdecke versteckt hatte, war sie dort geblieben. Immer, wenn ich aufs Wochenende nach Hause kam und nicht mehr daran dachte, überraschte mich beim Zu Bett gehen die schöne alte Kunstlederlatzi unter meiner Bettdecke. Ich genoss es, sie zu spüren und ließ sie auch weiter unter der Decke liegen.
Ich erinnerte mich, dass ich das früher auch manchmal mit meiner roten Knautschlederlatzi gemacht hatte, die ich ja so liebte.

Einmal hatte ich richtig Lust, die hellbraune Kunstlederlatzi zu reparieren und wieder in Schuss zu bringen. Die alten Metallbuttons hatte ich ja schon eher entfernt, weil sie nicht mehr schön aussahen. Ich brachte neue Buttons und neue Träger-Einhänger mit und brachte sie an der Latzi an. Ich reinigte das hellbraune Kunstleder ausgiebig und spürte dabei, dass es viele kleine Risse in der Oberfläche hatte. Neben der Schritt- und Po-Naht war das Kunstleder sehr brüchig und löste sich in kleinen Bröckchen ab. Diese Stellen waren beim tragen besonders stark beansprucht worden. Ich rieb kräftig über diese Stellen, bis sich alle losen Kunstlederstückchen lösen konnten. Nun konnte die Hose auch beim Gehen keine Krümel mehr verlieren. Dafür schien etwa zwei Finger breit neben der Schrittnaht der Unterstoff komplett durch. So eine Verschleißspur störte mich natürlich nicht, sondern ganz im Gegenteil: ich liebte es, wenn eine Hose „Geschichten“ zu erzählen hatte.
Am Po war das hellbraune Kunstleder bereits so sehr durchgerieben, dass der Unterstoff leicht zu sehen war. Genau so an den ausgebeulten Knien, auch da war das Kunstleder abgekratzt und sehr dünn.
Die Beinenden waren hinten etwas abgetreten, da hatte die Vorgängerin wohl öfters draufgetreten.
Einsbesonderen Unikat war die Hose, weil mit Edding Worte auf den Latz geschrieben worden war. Ich konnte es nicht entziffern, aber es könnten Unterschriften oder Autogramme gewesen sein. Ich konnte mir also sicher sein, dass auch für die Vorgängerin diese schöne Kunstlederlatzi ein besonderes Kleidungsstück gewesen sein muss.
Ich zog vorsichtig und voller Genuss diese tolle, hellbraune Latz an und einen langen Pullover darüber. So konnte niemand sehen, dass ich eine Latzi trug. Ich setze mich an meinen Schreibtisch in meinem Zimmer und genoss das Gefühl, die tolle Hose an meinen Beinen zu spüren. Wenn ich die Beine aneinander rieb, so wie es Anna oft getan hatte, hörte ich dieses herrliche Rascheln. Ich behielt die Latzi den ganzen Samstag lang an, unter meinem Pullover. Nicht einmal meinen Eltern fiel etwas auf, wenn ich bei ihnen zu den Mahlzeiten war und die Latz noch immer unter dem Pullover trug.
Am Nachmittag, als ich endlich mit meinen Hausaufgaben fürs Studium fertig war, bekam ich viel Lust, mit der versteckten Latzi nach Draußen zu gehen. Unter Pullover und Winterjacke würde das niemandem auffallen, nur ich wusste es - und dann vielleicht auch Anna. Draußen hatte es wieder angefangen zu schneien. Da kam mir eine verrückte Idee:
Ich rief Anna an und fragte sie, ob sie Lust hätte, im Schnee zu rodeln. Zuerst zögerte Anna kurz, dass sagte sie zu. „Aber ich habe schon lange keinen Rodelschlitten mehr und auch keinen Po-Ruscher.“, sagte sie. „Das macht nichts,“, antwortete ich ihr, „kannst du einfach deine schwarze Kunstlederjeans vom Erlengrund anziehen? Die geht auch! Zieh vir noch etwas warmes darunter.“
Ich hörte an Annas Stimme, wie sie zuerst zögerlich überlegte und dann voller Begeisterung zustimmte. Ich versprach, Anna abzuholen und zog ebenfalls etwas Warmes unter meine hellbraune Kunstlederlatzi. Darüber meine dicke Jacke, das sollte genügen.
Als ich mit meinem alten Polo an Annas Haus einparkte, stand sie schon in der Haustür und hüpfte mir freudestrahlend entgegen. Sie hatte tatsächlich ihre schwarze Kunstlederjeans an und darüber ihre weiße Daunenjacke. Unter der über den Kopf gezogenen Kapuze schauten ihre langen Haare hervor. Ihre weißen Winterstiefel passten hervorragend zu ihrem Look.
Anna sah - wie immer - in ihrem Styling sportlich und perfekt aus.
Sie stieg zu mir ins Auto und sah mich erwartungsvoll an. „Ich habe mir gedacht, wir könnten spontan rodeln gehen. Einfach so, nur in Hose.“, sagte ich. Annas Augen strahlten und sie blickte mich an. „Sowas hatte ich früher schon mit meiner roten Knautschlederjatzi gemacht!“, fügte ich hinzu. Annas Gesicht leutete noch mehr. „Hast du gerade die braune Latzi vom Erlengrund an?“, fragte sie mich. Ich nickte und freute mich, dass Anna sie erkannt hatte. Da saßen wir zwei verrückten Hühner in unseren Kunstlederhosen im Auto, um dann nur mit unseren Hosen den Schneehügel hinunter zu rutschen. Ich hoffte insgeheim, dass keine unserer Hose dabei aufreißen würde. Aber meine rote Knauschlederlatzi damals hatte so eine Rutschpartie unzählige Male durchgehalten. Sie hatte höchstens Krazuspuren am Po davon bekommen, aber keine Löcher. Also hoffte ich auch diesmal auf das Beste.

Als wir am Rodelhang angekommen waren, stiefelten wir durch den Schnee hinauf. Der Rodelhang war zum Skifahren viel zu kurz, aber fürs Schlittenfahren sehr beliebt. Auf halber Höhe quert der Rodelhang einen Wanderweg, der wie eine Schanze immer wirkte, wenn man schnell genug von oben augebraust kam.
Es schneite dicht, so dass wir die Kinder, die an der anderen Seite des Hangs rodelten nur schemenhaft erkennen konnten. Dass sie Spaß hatten, war jedenfalls nicht zu überhören.
Anna und ich setzten uns am oberen Ende des Rodelhangs in den bereits festgedrückten Schnee. Es fühlte sich etwas ungewöhnlich an, ohne Po-Rutscher den Hang hinunter rodeln zu wollen. Aber wir wagten es, gerade weil es ein bisschen verrückt war. Fast gleichzeitig stießen wir uns ab und rutschten auf dem Po den kleinen Hang hinunter. Kalt war es nicht, weil wir etwas unter die Hose gezogen hatten. Aber ungewöhlich war es schon! Ich spürte, die die Schnee unter meiner Kunstlederlatzi hinwegglitt. An dem kleinen Querweg auf halber Höhe rief Anna plötzlich „Aua!“, und auch ich spürte kurz darauf, dass man da mit dem Hintern ziemlich hart aufsetzte. Doch wir hatten beide genug Schwung, dass uns der Weg nicht stoppen konnte und wir auf der anderen Seiter den Hang weiter hinunter rutschten. Hier war der Hang sogar noch etwas steiler und wir rutschten auf unseren Hosen noch schneller als zuvor die Piste hinunter. Aber der Untergrund fühlte sich auch rauer und huckeliger an als weiter oben. Offensichtlich war der Schnee mehr festgefahren oder ein bisschen vereist. Ich hoffte einfach, dass unsere Kunstlederhosen das aushalten würden.
Als wir unten angekommen waren, konnten wir uns vor Lachen kaum beherrschen. Vielleicht, weil es so viel Spaß gemacht hatte, vielleicht weil es so verrückt war. Ich fühlte mit meinen Händen über den Po und die Hinterseite meiner Kunstlederlatzi. Alles war in Ordnung, es war kein Loch oder Riss zu fühlen. Das beruhigte mich, aber es motivierte mich auch, es noch einmal zu versuchen. Anna zeigte mit ihren Hintern und ich konnte sie beruhigen, dass an ihrer Hose nichts kaputt war.
Wir stiefelten um die Wette den Hang wieder hinauf, während es immer dichter schneite. Von der anderen Hangseite war Kinderlachen zu hören - nur sehen konnte man fast gar nichts. Zum zweiten Mal setzen wir uns oben an die Kuppe und stießen und mit Schwung ab. „Um die Wette!“, rief Anna und nahm die Beine etwas hoch, um noch schneller zu werden. Ich versuchte das Gleiche, um sie einzuholen. Der glatte Schnee zischte unter meiner Kunstlederlatzi hindurch. Ein bisschen leid tat mir die Hose schon. Aber meine rote Knautschlederlatz von damals hatte das auch ausgehalten…
Diesmal wußten wir, wann der Querweg kam. Aber etwas weh tat es trotzdem. Dann sausten wir weiter den Hang hinunter und der harte Harschschnee kratzte an der Unterseite meiner armen Latzi.
Als ich unten angekommen war, tastete ich vorsichtig, ob meine Hose noch heil war. Diesmal war ich micht nicht sicher… Aber es war kein Riss zu spüren, diese tolle Hose hatte alles problemlos mitgemacht. Ich begann, diese tolle, alte, hellbraune Kunstlederlatzi immer mehr in mein Herz zu schließen.
Auch Anna fühlte die Hinterseite ihrer Hose, und auch bei ihr war alles in Ordnung.
„Noch eine dritte Runde!“, rief Anna und rannte den steilen Hang hinauf. Ich stieg ihr hinterher, aber einzuholen war Anna nicht mehr. Als ich oben an der Kuppe angekommen war, saß Anna schon startbereit. Ich platzierte mich neben ihr und schon rief Anna: „Um die Wette, los!“. Ann stieß sich mit den Händen ab und nahm gleich von Anfang an die Beine hoch, so dass ihre Stiefel die Schneepiste nicht mehr berührten. Ich entschied, das gleiche zu tun, um nicht hinter Anna zurück zu fallen. So schnell war der Schnee noch nie unter meinem Kunstleder-Hintern hindurchgesaust. Es mache einen unbeschreiblichen Spaß und ich konnte Anna lachen hören. Wieder setzte ich am Querweg etwas unsanft auf. Ich fand mich schon mit dem Gedanken ab, dass mir morgen der Hintern weh tun würde. Ich spürte, wie der harte Schnee oder eine Eiskante so sehr über den Po kratzte, dass es für den Moment ziemlich weh tat. Aber anhalten konnte ich nicht, dafür war der Schwung viel zu stark. Kaum war ich üben den harten Querweg gerutscht, ging es auch schon wieder abhärts an der zweiten Hanghälfte. Der kratzige, feste Schnee kratzte unter meinem Hosenboden hindurch. Da spürte ich, wie es innen etwas kalt und nass wurde. Sollte ich tatsächlich ein Loch in der Lederhose haben, wo nun Schnee hereinkam? Ich hatte nun tatsächlich Angst um meine geliebte hellbraune Kunstlederlatzi. Bis ich den kratzigen Hang endlich unten war, war eine gasamte Po-Seite bei mir völlig nass. Unten angekommen, tastete ich vorsichtig mit den Fingern über den Po und die Hinterseite meiner Latzi. Ich fühlte, dass an einer Po-Seite eine kleine Öffnung im Kunstleder war. Ich fühlte einen kleinen Quer-Riss, vielleicht zwei Finger weit, den der harte Schnee nach oben gezogen und nach oben weiter gerissen hatte. Ich honnte alle fünf Finger in das gerissene Lock stecken und spürte, dass zwischen dem Kunstleder der latzi und der Hose, die ich darunter angezogen hatte, etwas Schee eingedrungen war.
Da erst erblickte ich Anna, die erschrocken hinter mir stand und nicht mit einer Hand den vor Schreck offenen Mund zu hielt. „Nicht so schlimm, kann ich reparieren.“, sagte ich heldenhaft, obwohl mir fast nach Heulen zumute war. Ich drehte mich um, um Anna nicht länger meine beschädigte Hinterseite zu zeigen.

Ich beschloß, dass wir nun nach Hause fahren würden. An den Schrecken, dass ich meine liebgewonnene, hellbraune Kunstlederlatzi kaputt gemacht hatte, musste ich mich erst gewöhnen. Anna überholte mich auf dem kurzen Weg zum Auto. Ich hielt mit einer Hand den Riss an meinem Po zu. Zum Glück schneite es so stark, dass es niemand hätte sehen können. Als Anna vor mir lief, rief ich zu ihr: „Halt mal an, ist deine Hose hinten auch kaputt?“. Anna blieb erschrocken stehen und fühlte mit den Händen, während sie sich leicht nach vorn überbeugte. Ein Loch konnte ich in ihrer Kunstlederjeans zum Glück nicht sehen. Aber der Leder-Po hatte so viele, sichtbare Kratzer und Schleifspuren abbekommen, dass unterhalb der Po-Taschen die schwarze Kunstlederschicht stellenweise ganz fehlte. Die Po-Taschen waren völlig zerkratzt und unten zerfastert. An beiden Po-Taschen hatten sich untern die Nähte aufgelöst und die aufgenähten Taschen selbst waren nach außen gebogen.
Anna konnte zwar ertasten, dass an ihrer Kunstlederjeans hinten etwas nicht ganz in Ordnung war, aber wie schlimm verkratzt die Hose am Po nun war, das getraute ich mir gar nicht, ihr zu sagen…
peekee
Schade um jede abgelegte Lederhose, die nicht liebevoll gerippt wird.
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