Hallo Kathrin!
Ich kann alles was Du über die damalige Entsorgung von Schuhen gesagt hast nur voll und ganz bestätigen.
Anfang der 60er Jahre geboren, habe ich in meiner Kindheit und Jugend hunderte von Schuhe, vorwiegend Damenschuhe, im Ofenfeuer enden sehen.
Mein Großvater hatte mein Elternhaus kurz nach dem Krieg auf der grünen Wiese am Stadtrand einer mittelgroßen, Norddeutschen Stadt errichtet.
In meinen ältesten Erinnerungen gab es noch den Stubenofen, den Kochherd, den Badeofen und auch den Waschkessel.
Alle wurden im besten Fall mit Holz oder Kohle befeuert. Natürlich aber wurde so oft es nur ging auf andere, brennbare Rohstoffe zurückgegriffen. Das war in der Regel jegliche Art von Müll, der entsprechend zerkleinert, dem Feuer zugegeben wurde. Alte Schuhe gehörten selbstverständlich dazu und wurden tatsächlich in die Öfen gegeben, wenn schnell eine größere Hitze erforderlich war.
Waren es zunächst nur die alten Schuhe meiner Eltern und Großeltern, kamen später noch die Schuhe unserer Nachbarn dazu. Mitte der 60er wurde die grüne Wiese als Bauland freigegeben und es entstand sehr schnell eine Neubausiedlung mit recht ansehnlichen Bauten um uns herum. Meine Eltern galten damals als arm, aber kontaktfreudig und waren, nicht zu letzt wegen unserer kleinen Landwirtschaft, recht beliebt.
Die Nachbarsfrauen konnten für ganz kleines Geld Eier, Obst und Gemüse bekommen und zeigten sich oft und gerne erkenntlich.
Von Zeit zu Zeit kam eine der eleganten und oft neureichen Damen zu uns auf einen Schnack und hatte immer etwas für uns dabei.
Oft bestand diese Freundschaftsgabe aus den ausgemusterten Kleidern und Schuhen der Damen.
Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie die Kleiderspenden in der Familie verteilt wurden. Zumeist waren meine Tanten anwesend, wenn meine Mutter die Pakete und Säcke auspackte. Einige wenige Schuhe wurden zunächst behalten und der Rest, zumeist elegante, aber stärker getragene Pumps und Sandaletten, gelangte zum Feuerholz und letztendlich in einen der Öfen.
So lange die Schuhe beim Feuerholz lagen, durfte ich als kleines Kind damit spielen und in den viel zu großen Pumps nach Herzenslust herumstöckeln.
Später wurde es mir verboten, da kleine Jungs nicht mit Damenschuhen spielen sollten. Also habe ich heimlich versucht, das eine oder andere Paar zu retten. Leider immer erfolglos und wenn mein Vater mich mit den Schuhen ertappte, warf er sie sofort in den Ofen. Da half kein Flehen und Betteln.
Die Situation verschärfte sich noch, als meine Tante mit ihrem Mann, der von Beruf Schuster war, einen Schuhladen eröffnete. Meine Mutter und meine Tanten waren fortan die besten Kunden und alles was nicht verkauft werden konnte, wurde halt in der Familie verteilt. Diese Schuhe hatten meist ein sehr kurzes Leben und gelangten manchmal noch neuwertig ins Feuer.
Zwischenzeitlich war mein Elternhaus auf eine Zentralheizung umgestellt worden und die Öfen verschwanden alle zugunsten moderner Lösungen.
Der Heizungskessel war allerdings ein Allesbrenner und so endete die Zeit der praktischen Schuhverbrennung erst Anfang der 80er als ein Ölbrenner installiert wurde.
Die Allgegenwart von brennenden Schuhen hat mich geprägt und meine Fetisch mit ausgelöst. Oft habe ich die Ofenklappe noch einmal geöffnet, wenn ein Schuh ins Feuer geworfen wurde und mir genau angesehen, wie er verbrennt.
Heute bin ich zwiegespalten.
Gerne hätte ich einige der damals verbrannten Schuhe behalten und wäre heute froh, sie in meiner Sammlung zu haben. Andererseits versetzt mich der Anblick brennender Damenschuhe in einen extatischen Zustand und höchste Erregung.
Momentan trage ich ein Paar kupferfarbene Stöckelsandaletten aus Schlangenleder an meinen Füßen.
Die Schuhe stammen vom Anfang der 50er Jahre und es ist unter den damaligen Umständen sehr ungewöhnlich, dass Damenschuhe mehr als sechzig Jahre die verschiedenen Entsorgungskonzepte überlebt haben um dann an den Füßen eines schuhverrückten Mannes zu landen.
Die Sandaletten sind zudem noch in der, für die damalige Zeit sehr ungewöhnlichen Übergröße 42 gefertigt und fallen außerdem noch groß aus.
Diese Schuhe sind wie gemacht für die Verbrennung im Ofen. Für ihre Herstellung wurde kein Kunststoff verwendet. Die schlanken Pfennigabsätze (immerhin 10 cm hoch) sind vollständig aus Holz gefräst und mit Lederplättchen beschlagen. Der Rest der alten Stöckelschuhe besteht aus Leder, Pappe und Metall. Selbst der Leim, der seine Klebkraft schon sehr eingebüßt hat, besteht aus organischem Material.
Die Sandaletten sind sicher. Ich werde sie nicht verbrennen, auch wenn der Gedanke schon recht reizvoll ist.
LG
Stiletto